So ein halbes Jahr dauert es immer, bis die Leipziger Messe ihren Jahresabschluss genehmigt bekommt. Immerhin müssen jedes Mal auch zwei Anteilseigner draufgucken: der Freistaat Sachsen und die Stadt Leipzig. Am Mittwoch, 15. Juli, konnte die Geschäftsführung der Messe nun verkünden: knapp 77 Millionen Euro Umsatz hat man 2014 geschafft. Im Vorjahr 2013 hat die Messe zwar schon mal ein Rekordergebnis von 88 Millionen Euro vorgelegt.
Aber das war besonders stark durch das Einmal-Ereignis “World Skills” geprägt. Auch in anderen Messejahren sorgten besondere Messehöhepunkte für starke Zeigerausschläge. Deswegen vergleiche man die Betriebsergebnisse immer mit dem vorletzten Messejahr, betonte Martin Buhl-Wagner, Sprecher der Messegeschäftsführung, am Mittwoch, 16. Juli, bei der Vorstellung der Ergebnisse.
“Im Vergleich zum turnusgemäß entsprechenden Jahr 2012 (72,3 Millionen Euro) konnten wir den Umsatz um sieben Prozent steigern“, sagt Martin Buhl-Wagner. Zu den turnusgemäßen Schwankungen kommt es aufgrund der unterschiedlichen Taktung von Messen, Kongressen und Großveranstaltungen.
„Zum Erfolg trugen 2014 unsere Fach- und Publikumsmessen ebenso bei wie außergewöhnliche Gastveranstaltungen, zum Beispiel die Goldene Henne“, betont Buhl-Wagner. „Die integrierte Veranstaltungskompetenz der Leipziger Messe rundet das Serviceangebot unserer Unternehmensgruppe ab und ist entscheidend für die positive Entwicklung, die wir 2014 zu verzeichnen haben.”
Mit insgesamt 9.900 Ausstellern und mehr als 1,2 Millionen Besuchern stellte die Leipziger Messe 2014 ihr wachsendes Produktportfolio in den Bereichen Messen, Kongresse und Events dar.
Dabei gab auch noch einen kleinen Sieg auf der Seitenlinie, wo es um das geht, was die Leipziger Messe besonders auszeichnet unter den deutschen Messegesellschaften: Mit dem 1. Platz der Messebranche wurde die Unternehmensgruppe wieder einmal zum Service-Champion gekürt.
„Die Spitzenplatzierung bestätigt, dass sich nicht nur unsere konsequente Kunden- und Serviceorientierung auszahlt, sondern auch das Konzept, Komplettdienstleistungen aus einer Hand anzubieten“, kommentiert Markus Geisenberger, Geschäftsführer der Leipziger Messe, das Ergebnis. Das jährlich unter rund einer Million befragten Kunden ermittelte Ranking wird von der ServiceValue GmbH im Auftrag der Zeitung “Die Welt” in Kooperation mit der Goethe-Universität Frankfurt am Main durchgeführt. Kundenzufriedenheit durch Hilfsbereitschaft, Beratungsqualität und serviceorientierte Atmosphäre stehen dabei im Mittelpunkt.
Messe ist Event
Dabei wagt Geisenberger auch die Rückschau ins Jahr 2000. “Auch damals hat sich die ganze Branche gefragt: Was wird denn jetzt aus dem Messe- und Eventgeschäft? – In der Rückschau kann man sagen: Gar nichts wurde. Gewachsen ist es. Und wir stehen heute genau vor der selben Frage. Und die Antwort ist auch dieselbe.”
Messe ist Event. Oder muss es zumindest sein, wenn sie zum Erfolg für beide Seiten werden soll, für Aussteller und Besucher. So weit weg von der alten, mühseligen Warenmesse, mit der Leipzig mal die Nr. 1 war, war man noch nie. Doch selbst konservative Branchen wie Auto- und Maschinenbau oder – für Leipzig mittlerweile ganz typisch – das ganze Segment Gesundheit, brauchen heutzutage eine Plattform, die Messen und Kongresse als Erlebnis inszenieren kann – nebst allem verfügbaren Service vor Ort: vom Messebau übers Catering, das Rahmenprogramm bis hin zum Hotel.
Und daran sind die neueren Medien nicht ganz unschuldig. Sie haben Milliarden Menschen die Möglichkeit gegeben, sich als etwas zu finden, was vorher kaum erlebbar war: als Community. Was auch das Messemachen in Leipzig verändert. Früher hat man einfach mit Branchenverbänden zusammen eine Messe entwickelt, fertig war das Produkt. Doch im 21. Jahrhundert werden immer öfter die Communitys zum Ansprechpartner. Sie haben die Netzwerke, sie kennen die Spielregeln und sie wissen, was die Mitglieder der Szene erwarten.
Wie so etwas funktioniert, hat die Leipziger Messe 2014 zum ersten Mal ausprobiert: 2014 startete in direkter Anbindung an die Leipziger Buchmesse die Manga-Comic-Convention (MCC), auf der Neuheiten, Aktionen und Trends aus den Bereichen Anime, Cosplay, Comic und Manga vorgestellt wurden. 2015 fand die MCC mit diesen Erfahrungen zum zweiten Mal statt und hat mit 280 Ausstellern das Angebot des Vorjahres gleich verdoppelt.
Klingt neu, ist es aber eigentlich nur durch die Art der Community. Nur würden sich andere Gemeinschaften nicht so einfach als Community bezeichnen, auch wenn sie eine sind und ihre Conventions ganz traditionell Kongresse heißen. Das Kongressgeschäft ist auch deshalb ein echtes Wachstumgeschäft, weil Leipzigs Messegesellschaft sich seit 2008 immer mehr als Dienstleister für die Events von Gruppen mit sehr speziellen Interessen versteht.
Ab 2016 wird die Kongresshalle planmäßig bespielt
Auch deshalb fand die abendliche Vorstellung des “Geschäftsberichts 2014” im Richard-Wagner-Saal in der frisch sanierten Kongresshalle statt. Am 25. Mai hat die Leipziger Messe dort ihr Veranstaltungsgeschäft begonnen. “2015 fassen wir auch für uns erst einmal als Testlauf auf”, sagt Martin Buhl-Wagner. Aber ab dem 1. Januar 2016 soll das Kongress- und Veranstaltungsgeschäft hier flutschen. Anfragen habe man genug. Unter den Kongressveranstaltern würde die zum Kongresszentrum umgebaute Kongresshalle längst als heißer Tipp gehandelt. Nicht nur wegen des bezaubernden Ambientes, in dem sich die verschiedenen Bauphasen zeigen von Jugendstil über Art Déco bis hin zu DDR-Barock und moderner Sachlichkeit. Es gäbe eigentliche keine Stadt weit und breit, die so ein fast romantisch gelegenes Kongressensemble (direkt am Zoo) mitten in der Stadt und problemlos zu Fuß von den wichtigsten Hotels aus erreichbar besäße.
“Die 37 Millionen Euro sind hier gut investiert”, sagt Buhl-Wagner. “Ich bin mir sicher, dass dieses Projekt funktionieren wird.” Denn mit der Kongresshalle bedient die Leipziger Messe jetzt auch ein Segment, das bisher weder durch das Congress Center an der Neuen Messe (für richtig große Kongresse) noch durch die Leipziger Hotels (kleine Kongresse und Tagungen bis 500 Teilnehmer) abgedeckt wurde. In den großen und kleinen Sälen der Kongresshalle können variabel Veranstaltungen und Tagungen mit 500 bis über 1.000 Teilnehmer abgehalten werden. Im Untergeschoss gibt es nicht nur die so notwendige Ausstellungshalle, sondern auch – noch im letzten Moment mit eingeplant – eine eigene Küche. Ein Catering von der Neuen Messe aus wäre logistisch einfach nicht gegangen.
“Jetzt testen wir erst einmal alle Abläufe aus”, sagt Geisenberger. “Im Januar hat sich das alles eingespielt.”
Und die Veranstalter warten. Das CCL an der Neuen Messe ist schon seit Jahren mit Anfragen überlaufen. Das Kongressgeschäft ist für Leipzig ein Wachstumsmotor. Das Congress Center Leipzig (CCL) verzeichnete 2014 sein stärkstes Jahr seit Bestehen mit insgesamt 88 Kongressen und Tagungen.
Gleich mit Start Preferred Partner
„Leipzig ist inzwischen eine der beliebtesten Kongressdestinationen in Deutschland, das CCL hat maßgeblich dazu beigetragen“, fasst Martin Buhl-Wagner zusammen. „Durch die wiedereröffnete Kongresshalle am Zoo Leipzig erweitern wir unsere Kapazitäten.“ Das Congress Center Leipzig hat im Mai dieses moderne Tagungszentrum im Herzen der Stadt übernommen. Ab Herbst 2015 stehen in einer Pre-Opening-Phase erste Veranstaltungen im Tagungskalender.
Das Gebäude bietet insgesamt 15 Säle und Räume unterschiedlicher Größe für Gruppen von zehn bis zu 1.200 Teilnehmern. Der gesamte Komplex ist mit modernster Konferenz- und Medientechnik ausgestattet. Begleitende Ausstellungen finden auf der Expo-Fläche mit 800 Quadratmetern Platz.
„Nahezu einmalig ist die Kombination von einem modernen Tagungszentrum und einem Zoo mit wissenschaftlichem Schwerpunkt. Diese Besonderheit macht die Kongresshalle als Austragungsort für wissenschaftliche Kongresse mit breitgefächerten Themenschwerpunkten attraktiv“, sagt Buhl-Wagner.
Die erste Veranstaltung nach der feierlichen Eröffnung war im Juni die Mitgliederversammlung des German Convention Bureau (GCB). Die Kongresshalle ist jetzt “Preferred Partner” des GCB, das den Kongressstandort Deutschland international und national repräsentiert und vermarktet. Mit ihrer Tagung hat die Dachorganisation das langjährige Engagement seiner Leipziger Mitglieder gewürdigt.
Und auch eine andere Messe-Tochter hat 2014 ein besonders gutes Ergebnis hingelegt: Die LMI – Leipziger Messe International GmbH.
Sie blickt 2014 auf ihr erfolgreichstes Geschäftsjahr seit Bestehen zurück. Mit einem historischen Höchstwert von 6,4 Millionen Euro erwirtschaftete sie Umsatzerlöse, die um 16 Prozent höher ausfielen als im Vorjahr. „Das Wachstum resultiert aus der Organisation von Gemeinschaftsbeteiligungen für Unternehmen an Auslandsmessen und bestätigt unsere Strategie, die Leipziger Messe auch im internationalen Messegeschäft zu positionieren“, erläutert Markus Geisenberger.
Umkrempeln als normaler Arbeitszustand
Und wie soll’s 2015 weiter gehen?
Mit der alten Unruhe, meint Geisenberger. Das Portfolio der Leipziger Messe wird weiter umgekrempelt und ausgebaut. Das ruhige Fahrwasser der einst auf Jahrzehnte hinaus eingetakteten Messefolgen gibt es nicht mehr.
„Nur mit einer kontinuierlichen Neu- und Weiterentwicklung unserer Veranstaltungen können wir den sich ständig verändernden Marktbedingungen erfolgreich begegnen“, erläutert Buhl-Wagner.
Integraler Bestandteil der Unternehmensstrategie ist es, mit Großveranstaltungen das Veranstaltungsgeschäft zu stärken. Markus Geisenberger weist auf einen Höhepunkt des Jahres 2016 hin: „Im Sommer findet der RoboCup auf dem Leipziger Messegelände statt. Die Weltmeisterschaft der Roboter ist der führende und größte Wettbewerb für intelligente Roboter und eines der weltweit bedeutendsten Technologieevents in Forschung und Ausbildung.“ Das Event vereint interdisziplinäre Problemstellungen – unter anderem aus den Themenbereichen Robotik, künstliche Intelligenz, Informatik sowie Maschinenbau. Der RoboCup wechselt jährlich den Standort, in Leipzig findet die 20. Veranstaltung statt.
Bleibt die Frage: schreibt die Leipziger Messe auch mal schwarze Zahlen?
“Wir arbeiten daran, unser Ergebnis immer weiter zu verbessern”, sagt Buhl-Wagner. Es bleibe trotzdem sportlich, die jährlich gewährten Gesellschafterzuschüsse nicht auszureizen. “Und 2014 war das eine sehr, sehr sportliche Aufgabe”, sagt Buhl-Wagner. Man habe es trotzdem geschafft.
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