Die Gießereiindustrie hat in Großzschocher Tradition. Mit Meyer und Weichelt fing 1887 alles an. Nach 1945 firmierte das Unternehmen als GISAG. Seit 1995 ist die Georg Fischer Gruppe an der Gerhard-Ellrodt-Straße engagiert. Gussteile für Nutzfahrzeuge und Windkraftanlagen gehören zum Portfolio der aktuell 278 Mitarbeiter. Ein Werksbesuch.

Das Foyer im Hauptgebäude der Georg-Fischer-Gießerei hat etwas von einer Kunsthalle. Wie andernorts Skulpturen, sind hier Produkte des Unternehmens ausgestellt. In Form gegossenes Eisen. Sie finden beispielsweise als Vorderachsbrücken in Niederflurbussen und Trucks Verwendung. Der ebenfalls hier ausgestellte Drehkranz für Gelenkbusse bringt es auf ein Gesamtgewicht von 214 Kilogramm.

In den Produktionshallen geht es eingangs hitzig zu. In den drei elektrischen Mittelfrequenzöfen werden Temperaturen von bis zu 1.500 Grad Celsius erzeugt, um Eisen für das Gießen zu verflüssigen. Zwischen 100 Kilogramm und 1,2 Tonnen bringen die Gussteile auf die Waage, die die aktuell 278 Mitarbeiter am Leipziger Standort der Unternehmensgruppe mit Stammsitz im schweizerischen Schaffhausen herstellen. “Wir sind eine der modernsten Gießereien, bezogen auf die Produkte, die wir herstellen”, sagt Produktionsleiter Dirk Richarz nicht ohne Stolz, “ich kenne in Europa nichts Vergleichbares”.

Das traditionsreiche Werk in Großzschocher ist eine Kundengießerei. Gefertigt werden Gussteile für externe Kunden. Deshalb sind die Losgrößen eher klein. Um auf die Kundenwünsche immer wieder neu eingehen zu können, erfolge die Einlage des Gusskerns voll manuell und gehe es in der Handformerei halbautomatisch zu, erläutert Richarz. Alles andere läuft natürlich vollautomatisch.
Hier in Großzschocher wird erlebbar, warum Deutschland noch immer ein Industrieland und Export-Vizeweltmeister ist. Über 50 Prozent der hiesigen Produkte gehen ins Ausland. Über 15 Prozent der Fertigung finden in den USA in Land-, Forst- und Baumaschinen Verwendung. Darüber hinaus hat auch Georg Fischer China für sich als Wachstumsmarkt definiert.

Ein Schwerpunkt der Gießerei liegt im Automotive-Bereich. “Rund 30 Prozent unserer Produkte finden Anwendung in Nutzfahrzeugen”, sagt Till Mannhardt, Leiter Technik des Leipziger Werkes und Mitglied der hiesigen Geschäftsleitung. Also in den schon genannten Bussen und Zugmaschinen.

Doch auch Teile für Windkraftanlagen werden in Leipzig gefertigt. Die Entwicklung dieses Geschäftsfeldes sieht Mannhardt “optimistisch”, jedenfalls das Off-Shore-Segment betreffend. Wer hierbei die Kunden überzeugen will, muss besondere Anforderungen erfüllen. Auf den Off-Shore-Plattformen in der Nordsee könne es winters in luftiger Höhe schon mal 40 bis 50 Grad unter Null werden, betont Produktionsleiter Richarz. Den hier erforderlichen, hochbelastbaren Sphäroguss mit einer Kerbschlagzähigkeit, der diesen Temperaturen standhält, nennt Richarz eine Spezialität der Leipziger Gießer.

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Solche Markterfolge kommen nicht von selbst und müssen immer wieder bestätigt werden. “Innovationskraft bei Verfahren und Werkstoffen” hebt Technik-Chef Mannhardt als besondere Kompetenz des Leipziger Werkes hervor. Forschung und Entwicklung erfolge hier mit der ganzen Mannschaft, ergänzt Richarz, und in Zusammenarbeit mit dem Zentrallabor in Schaffhausen.

“Wir profitieren auch immer noch davon, dass hier das Zentrum der Gießereiindustrie der DDR war”, so Richarz weiter. Auf die damals hier ausgebildeten Fachkräfte baue man bei Georg Fischer auf. Der so begründeten “Tradition der Ausbildung” sehe man sich weiter verpflichtet. Damit verbunden bleibt der Anspruch, dass jeder Mann an der Strecke ein ausgebildeter Gießereimechaniker ist.

Auch in diesem Sommer hat wieder ein Azubi seine Ausbildung begonnen. Eigentlich wollte man mit drei jungen Leuten neu ins Ausbildungsjahr starten, sagt Richarz. Doch die Zeiten auf dem Ausbildungsmarkt seien so, wie sie sind.

Grade zur gemeinsamen Abstimmung bei der Fachkräftegewinnung und der gemeinsamen Ausbildung von Fachkräften arbeiten die Gießereien und Härtereien der Region seit vielen Jahren im Gießereinetzwerk Leipzig e.V. zusammen. Hier betreibe man Erfahrungsaustausch und Branchenmarketing sowie die Suche nach gemeinsamen Problemlösungen, erzählt Till Mannhardt. Fragen der Forschung und deren Förderfähigkeit gehe man miteinander im Precision Cast e.V. an.

Als weiteren Vorteil nennt Dirk Richarz die Nähe zur TU Bergakademie Freiberg, die traditionell über Kompetenzen in der Metallurgie und Gießereitechnik sowie bei Werkstoffen verfüge. “Wir betreuen Vielzahl studentischer Arbeiten”, so Richarz.

Neben hoch motivierten, qualifizierten Mitarbeitern, kontinuierlichen Verbesserungen sowie einer modernen Fertigungstechnik überzeugen “Einrichtungen state of the art” Till Mannhardt von der Standort- und Lebensqualität von Leipzig. Seitdem der Autobahnring um die Messestadt geschlossen ist, ist auch die Verkehrsanbindung “perfekt”, führt Richarz an. “Wir sitzen in der Mitte Europas”, stellt der Produktionsleiter heraus.

www.automotive.georgfischer.com

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