Am Donnerstag, 2. Oktober, zeigen die Veranstalter der globaLE den Film "Population Boom". Nach dem mehrfach ausgezeichneten Dokumentarfilm "Plastic Planet" beschäftigt sich Werner Boote in seinem neuen Film mit einem bekannten Horrorszenario: 7 Milliarden Menschen auf der Erde - Schwindende Ressourcen, giftige Müllberge, Hunger und Klimawandel - alles Folgen der Überbevölkerung? Er untersucht ein jahrzehntelang festgefahrenes Weltbild und kommt zu den Fragen: Wer behauptet eigentlich, dass die Welt übervölkert ist? Und wer von uns ist zu viel?

Im Anschluss an den Film diskutiert Martin Staiger (Sozialrechtexperte, Journalist und Autor des Buches “Rettet die Rente! Wie sie ruiniert wurde und wie sie wieder sicher wird”) mit allen Interessierten über ein anderes Horrorszenario in Deutschland: Was ist dran am Demografiewandel?

Der Glaube an eine Überbevölkerung der Erde ist weit verbreitet, doch die Recherchen während der Filmreise zeichnen nach und nach ein völlig anderes Bild. “Wer nicht nachdenkt, kommt ziemlich leicht in Versuchung, genau solche Slogans nachzuplappern. Das wahre Problem ist sicher nicht die Überbevölkerung, aber sie dient als perfekte Ausrede für Armut, Hunger, Umweltverschmutzung und Ressourcenknappheit. Es ist interessant, dass Industrienationen mehr Ressourcen und Energie verbrauchen und damit mehr Müll produzieren als die, von denen man behauptet, sie leben in Ländern mit dramatischer Überbevölkerung”, meint der Regisseur Boote. “Überhaupt, so lautet das Vorurteil, sind nur die zu viel auf dem Planeten, die man nicht kennt, die irgendwo in armen Ländern leben.”

Auf seiner Reise um die Welt (USA, China, Indien, Kenia, Japan, Bangladesch) beleuchtet Werner Boote verschiedene Auswirkungen: Ein-Kind-Politik in China, Entwicklungshilfe in Kenia, die auf Investitionen in Programme zielt, die eine “Bevölkerungsreduktion Afrikas” verfolgen, obwohl Afrika einer der Kontinente mit der niedrigsten Bevölkerungsdichte ist. Hunger zeigt sich nicht als Produktions- sondern als Einkommens- und Verteilungsproblem: Die Wachstumsrate der in der Welt produzierten Lebensmittel ist seit Jahrhunderten größer als die Wachstumsrate der Weltbevölkerung. Bezüglich Klimawandel wird oft die Befürchtung gehegt, dass mit dem Wohlstandsstreben der Menschen in Schwellen- und Entwicklungsländern die Umwelt nachhaltig zerstört werde, während Menschen in eben diesen Ländern argwöhnen, wie im Film angesprochen, die Entwicklung zu mehr Wohlstand in ihren Ländern gestoppt werden soll.

Dabei wird kritisiert, dass die Umweltbelastung der Vergangenheit maßgeblich auf das Konto der Industrieländer geht und von den Folgen der Klimaveränderungen zunächst ärmere Länder des Südens betroffen sein werden, die jedoch nicht zu deren Hauptverursachern zählen. Die Interviewpartnerin Betsy Hartmann betrachtet Familienplanung als etwas, das alle individuell mitbestimmen können sollten. Sie stellt jedoch fest, dass die Überbevölkerungsdebatte zu einem Zeitpunkt verstärkt diskutiert wird, während Chaos auf dem Finanzmarkt herrscht und ihrer Meinung nach dringlichere Fragen einer Klärung bedürfen. Das gesamte System, in dem wir leben, müsse überdacht werden, meint sie. Es sei auch nicht die Überbevölkerung in den Entwicklungsländern für den Klimawandel verantwortlich, sondern das Produktions- und Konsumsystem des Westens.

In Tongi (Bangladesch) endet die Reise spektakulär: 5 Millionen Muslime begeben sich nach Ende des jährlichen Biswa-Ijtema-Treffens mit öffentlichen Verkehrsmitteln auf ihre Heimreise. Boote fährt auf dem Dach eines überfüllten Zuges mit, ein erhebender Moment für ihn: “Ich weiß, dass es nicht darauf ankommt, wie viele wir sind, sondern wie wir miteinander umgehen.”

Im Anschluss an den Film gibt es eine Diskussion ein: Was ist wirklich dran an der Demografiedebatte?

Mit der Debatte werden oft Ängste geschürt: Die Bevölkerung in Deutschland wird immer älter, weniger Menschen werden geboren, die Rentnerzahl steigt. Meist unerwähnt bleibt, dass in Deutschland im letzten Jahrhundert ein Absinken des Jugendanteils von 44 auf 20 Prozent der Bevölkerung und eine Verdreifachung des Rentneranteils gut gemeistert wurde. Die Demografische Revolution steht also schon hinter uns und wurde mit wirtschaftlichem Wachstum bei gleichzeitiger Verkürzung der Arbeitszeit und Ausbau des Sozialstaates in den letzten hundert Jahren gut bewerkstelligt. (Gerd Bosbach/Jens Jürgen Korff:”Lügen mit Zahlen. Wie wir mit Statistiken manipuliert werden”).

Außerdem gewährt Martin Staiger Einblick in das Thema – Ist die Rente doch noch zu retten? Und wenn ja, wie?

Sinkende Renten und wachsende Altersarmut sind keine Naturkatastrophen, sondern Folgen einer Politik, der das Wohl von Banken und Versicherungen wichtiger ist als das Wohl älterer Menschen. Diese Politik gibt vor, für Jüngere zu handeln, stiehlt dabei aber allen Generationen die Zukunft. In seinem Buch entlarvt Rentenexperte Martin Staiger Mythen und Interessen einer Rentenpolitik, die sich als alternativlos darstellt und schildert realistische Alternativen, damit alle im Alter gut leben können(Martin Staiger “Rettet die Rente! Wie sie ruiniert wurde und wie sie wieder sicher wird”).

Donnerstag, 2. Oktober, 20 Uhr im Werk 2, Halle D (Kulturfabrik Leipzig e. V. Kochstr.132). Eintritt frei.

www.populationboom.at
www.globale-leipzig.de

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