Am Tag der Deutschen Einheit, dem 3. Oktober, startet in der Gedenkstätte Museum in der "Runden Ecke" um 11 Uhr ein literarischer Rundgang, der an die Friedliche Revolution vor 25 Jahren erinnert. Der Schriftsteller Joachim Walther liest aus seinem Buch "Sicherungsbereich Literatur" und spricht darüber, wie die Stasi den DDR-Kulturbetrieb unterwanderte.
Unter dem Titel “Freiheit wagen – Zeitgeschichte und ihre Schauplätze” finden am Tag der Deutschen Einheit vier aufeinanderfolgende Lesungen im Leipziger Zentrum statt. Die Route dieses literarischen Rundgangs ist den Demonstrationszügen vom Herbst 1989 nachempfunden und soll den Zuhörern die Möglichkeit geben, Erinnerungsorte im Stadtraum wiederzuentdecken. Dort sprechen die Autoren über die Lenkung der DDR-Literatur, ihre persönlichen Erlebnisse während der Friedlichen Revolution und deren literarische Erschließung. Die “Runde Ecke” markiert den Startpunkt des Rundgangs, da das Museum als Ort der historischen Aufarbeitung und des Gedenkens unmittelbar mit der Erinnerung an die Friedliche Revolution verbunden ist. Am 4. Dezember 1989 hatten dort Demonstranten und Bürgerrechtler die Stasi-Bezirksverwaltung besetzt.
Die Lesungen finden im Rahmen des 18. Leipziger literarischen Herbstes statt, der in diesem Jahr unter dem Motto “West-Östlicher Divan. 25 Jahre Friedliche Revolution” steht. Die Vielfalt des literarischen Lebens in der Stadt und ein Rückblick auf deutsche und europäische Aufarbeitung seit dem Fall der Mauer 1989 bilden den thematischen Mittelpunkt des Festivals.
Dichter und Denker im Visier der Stasi
Joachim Walther dokumentiert in seinem Standardwerk, wie die Stasi DDR-Schriftsteller gezielt beeinflusste, überwachte und instrumentalisierte. Über drei Jahre recherchierte Walther in über 150.000 Aktenseiten, wie die Stasi und die DDR-Literatur miteinander verflochten waren. Zu den literarischen Primärtexten legt Walther in seinem Buch die konspirativen Hintergründe dazu frei. An ausführlichen Fallbeispielen beschreibt er anschaulich, wie Künstler operativ bearbeitet wurden und welche Rolle inoffizielle Mitarbeiter dabei spielten. Die Bereitschaft mit dem MfS zusammenzuarbeiten war häufig geleitet von Erpressung und Utopie-Glaube, Neid und Machtbedürfnis. Als DDR-Schriftsteller wurde Walther über 20 Jahre lang selbst von der Stasi überwacht und drangsaliert.
Moderation: Reinhard Bohse, Vorstandsmitglied des Bürgerkomitees Leipzig e.V.
Lesung und Gespräch: Joachim Walther, Schriftsteller und Autor des Buches “Sicherungsbereich Literatur”, und Sylvia Kabus, Schriftstellerin und 1989 Mitarbeit in der Leipziger Bürgerbewegung
Die Veranstaltung wird musikalisch begleitet von dem Liedermacher Reinhard Kuhnert und dem Pianisten Erik Kross. Sie präsentieren kritische Texte zum geteilten und geeinigten Deutschland.
Die Veranstaltung ist eine Kooperation mit dem Literarischen Herbst und findet im ehemaligen Kinosaal statt. Der Eintritt ist frei.
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