Die Nachwirkungen der Sprengung der Leipziger Paulinerkirche zum 55. Jahrestag – eine künstlerische Nachforschung zum Thema Mut, Zivilcourage und Widerstand gegen ein autoritäres System.
Zwei Tage vor der geplanten Protestaktion gegen die Sprengung der Paulinerkirche während des Bachwettbewerbes in der Kongresshalle muss Harald Fritzsch unerkannt von seiner Liebsten Abschied nehmen. Denn eine anschließende Flucht ist bereits mit seinem Kommilitonen Rainer geplant.
Nele glaubt stattdessen an eine Heirat. Adolf Südknecht hat es unterdessen mit dem Pauliner-Pfarrer und der Pauliner-Bibliothekarin zu tun, die sich immer mehr im Horns festsetzen. Herr Krause schwankt zwischen diesen ganzen Welten und beschwört mit seiner Unbekümmertheit eine kleine Katastrophe herauf.
Mit: Armin Zarbock, August Geyler, Claudius Bruns, Frank Berger, Robert Herrmann, Susanne Bolf, Josefine Heidt, Thomas Zerck, David Leubner.
Datum und Uhrzeit: Dienstag, 09. Januar 2024 Beginn 20:00 Uhr
Ort: Horns Erben, Arndtstraße 33, 04275 Leipzig www.horns-erben.de
Karten:
- Karten kaufen an der Abendkasse für 16 € und für 11 € (Stammgäste erhalten zu jeder vierten Vorstellung 50% Rabatt).
- Karten sofort kaufen online über TixforGigs.
- Karten kaufen vor Ort im Ticketbüro über CULTON-Tickets im Peterssteinweg 9.
- Karten reservieren und weitere Infos online über www.AdolfSüdknecht.de.
Hintergrundinformationen
Thematisiert werden soll in memoriam ein Lebensabschnitt des am 16. August 2022 verstorbenen Physikers Harald Fritzsch, der von 1963 bis 1968 in Leipzig studierte und vom Ereignis der Sprengung der nach dem 2. Weltkrieg bis dahin intakt gebliebenen Paulinerkirche durch Anweisung des Politbüros des Zentralkomitees der SED bzw. der DDR-Volkskammer so erschüttert war, dass er zunächst in einer spektakulären öffentlichkeitswirksamen Aktion auf einer internationalen Großveranstaltung dagegen protestierte und dann mit einem Faltboot über das Schwarze Meer in den Westen flüchtete, um dort zu einem renommierten Professor zu werden.
In welchem Maße muss eine äußere und innere Entwicklung Einfluss nehmen auf einen jungen Erwachsenen, um ihn dazu zu bringen, seinen moralischen Kompass und seine Wertevorstellungen so stark zu verändern, dass er bereit ist, dafür seine berufliche Karriere und seine private Unversehrtheit und Freiheit zu riskieren?
Eine künstlerische Nachforschung vor dem Hintergrund eines historischen Ereignisses in Form einer theatralen Nachgestaltung der Biografie eines Studenten. Gleichzeitig geht es um das Suchen und Sichtbarmachen einer geschichtlich relevanten Begebenheit verbunden mit einer lebendigen Erinnerungskultur.
Die DDR war vor 1968 als autoritäres System nach der Niederschlagung des Volksaufstandes von 1953, dem Mauerbau und der Beendigung der Anfang der 1960er Jahre kurzzeitig erfolgten Öffnung gegenüber System-Kritik von Intellektuellen, Wissenschaftlern und Kulturschaffenden sehr gefestigt und sehr repressiv; die Staatssicherheit war allgegenwärtig.
Für Studierende war an eine internationale, mit dem Westen kooperierende, berufliche Karriere kaum zu denken. Als 1943 Geborener war Harald Fritzsch mit den gesellschaftlichen Bedingungen und den zunehmend einengenden und unfreiheitlichen Entwicklungen von Kindesbeinen an vertraut und spätestens mit der Leipziger Beatdemo von 1965 konfrontiert.
Von dieser Ausgangslage wird der Protagonist in Zeitsprüngen an die Ereignisse herangeführt. In seinen Gesprächen mit Kommilitonen, Mitarbeitenden, Freunden, Verwandten und Bekannten findet ein Umdenken statt, welches sich in ihm von einem Reagierenden zu einem Agierenden, von einem passiven zu einem aktiv Handelnden herausbilden lässt.
Es gilt zu erforschen, welche Themen und emotionalen Vorgänge dazu führen können, sich in gewissem Sinne gedanklich so zu radikalisieren, dass die Bereitschaft entsteht, seine Ideale so angegriffen zu sehen, dass selbstlos die eigene Integrität in die Waagschale geworfen wird und aus Worten Taten werden.
Erarbeitet wird ein grober Handlungsbogen, der mit inhaltlichen oder schauspielerischen Vorgängen als Ankerpunkten fixiert wird. Texte werden nicht vorgegeben, sondern ausschließlich improvisiert. Die Schauspieler erschaffen dadurch, dass sie sich lediglich einen dramaturgischen Rahmen vorgeben und alle Texte aus dem Stegreif kreieren, eine unikate und in ihren Emotionen authentische Aufführung.
Das Projekt steht in Fortführung und Entwicklung des Langzeittheaterprojektes ADOLF SÜDKNECHT – DIE SEIFENOPER-IMPROSCHAU. Die preisgekrönte Historien-Theatergeschichte wird seit 2012 ununterbrochen in bisher über hundert Episoden gespielt und thematisierte zu Beginn die 1920er Jahre, setzte sich dann ausführlich mit der Zeit des Nationalsozialismus auseinander, knüpfte nach den Nachkriegsjahren zeitlich nahtlos an die Geschehnisse um den 17. Juni 1953 an, um sich dann den Anfängen der Staatssicheit zu widmen.
Nach einem Verwandtsschaftsbesuch in Westberlin, der die unterschiedlichen Lebensbedingungen von BRD und DDR thematisierte, geriet die Titelfigur vor dem Hintergrund der heraufziehenden deutsch-deutschen Teilung vor die Zerreißprobe »Flucht versus Zukunftslosigkeit« und endete beim Berliner Mauerbau. Anschließend begab sie sich in die freiheitlichste Zeit der DDR: Den Anfang der 1960er Jahre bis zur Leipziger Beatdemo 1965.
Dabei sollen die bisher gewonnenen Erfahrungen des einzigartigen Theaterformates weiter ausgebaut und vertieft werden. Vor allem in Bezug auf die Verbindung von Unterhaltung, Information, historischer Vermittlung, städtischer und landesweiter Erinnerungskultur und der Suche nach theatralischen Formen wird dabei Wert gelegt.
Neben der Hauptbesetzung mit zwei Schauspielern und einem Musiker spielen pro Episode weitere Schauspieler und Dauergastmusiker Frank Berger mit. Jede Episode baut zeitlich und inhaltlich aufeinander auf, wird aber dennoch dramaturgisch in sich abgeschlossen sein. So ist für die Zuschauer ein Ein- und Ausstieg in die Theater-Reihe jederzeit möglich.
Das Theater ADOLF SÜDKNECHT macht mit der Aufarbeitung historischer Ereignisse und deren Folgen auf das persönliche Umfeld einer Familie Geschichte sinnlich erfahrbar und schlägt so eine Brücke in die Gegenwart. Zielgruppe ist ein Publikum ab dem jugendlichen Alter.
Durch die kontinuierliche Arbeit sind inzwischen ein großer inhaltlicher, historischer und künstlerischer Erfahrungsschatz und ein großes Netzwerk an bundesweiten Künstlern entstanden.
Des Weiteren wird, wie immer in den vergangenen Jahren, jeder Abend filmisch aufgezeichnet und zum Abruf auf dem Adolf-Südknecht-Yutube-Kanal kostenlos zum Nachschauen bereitgestellt.
So hält das Theater ADOLF SÜDKNECHT an der bewährten Konzeption des Kneipentheaters fest und entwickelt es in behutsamen Schritten in die Zukunft weiter: „Zeitreisen aus dem Wohnzimmer der Weltgeschichte!“
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