Ich begrüße Sie sehr herzlich in der neuen Spielzeit 2020/21 am Schauspiel Leipzig! Unser Spielzeitprogramm steht unter dem Motto „Gefühlte Wirklichkeiten“ und wir hoffen natürlich, dass wir Ihnen die geplanten Premieren, Festivals und Wiederaufnahmen unter den derzeitigen Bedingungen auch zeigen können. Aufgrund der nach wie vor verringerten Sitzplatzkapazitäten, bitte ich Sie um rechtzeitige Anmeldung. Nun möchte ich Sie einladen, zu den ersten Premieren im September und Oktober und freue mich auf Ihren Besuch!
Mit dem Doppelabend „Winterreise / Winterreise“ (R: Enrico Lübbe) starten wir am 25. September um 19.30 Uhr in die neue Spielzeit. Franz Schuberts Liederzyklus, komponiert auf Wilhelm Müllers Gedichte, ist die so existenzielle wie subjektive Erkundung einer erschütterten Existenz. Auch Elfriede Jelinek hat im Jahr 2011 den Kosmos der „Winterreise“ neu befragt und ins Heute gezogen.
Das Schauspiel Leipzig führt in dieser Inszenierung beide „Winterreisen“ zusammen. Die Regie übernimmt Schauspiel-Intendant Enrico Lübbe, der damit seine Auseinandersetzung mit der bedeutendsten Dramatikerin der Gegenwart fortsetzt. Die musikalische Leitung hat Jürg Kienberger inne – er wird gemeinsam mit dem Ensemble Schuberts „Winterreise“ vom Klavier bis zur Glasharfe interpretieren.
Die erste Diskothek-Premiere folgt am 26.9. um 20 Uhr mit der Uraufführung des Stückes „Ein Berg, viele“. Die Autorin Magdalena Schrefel gewann damit den Kleist-Förderpreis für junge Dramatikerinnen und Dramatiker 2020. In ihrem Stück behauptet ein erfahrener Geograph die „Kong-Berge“ als maßgeblich für den Verlauf des Niger.
Die Karte des afrikanischen Kontinents durchzog diese topographische Behauptung — dabei hatte das Gebirge noch kein Mensch gesehen. Seinen Erfinder machte es trotzdem berühmt und es wurde sogar zum Namensgeber eines eigentümlichen Staates. An dessen Landesgrenzen stellt eine Filmemacherin heute Nachforschungen an und stößt dabei auf unsichtbare Hindernisse. Mit dem Leipziger Debüt von Magdalena Schrefel stellt sich auch erstmals die Regisseurin Pia Richter dem Publikum am Schauspiel vor.
Beiden Premieren gehen die ersten öffentlichen Proben der neuen Saison voraus. Zu „Winterreise / Winterreise“ findet eine öffentliche Probe am 17.9. um 18 Uhr auf der Großen Bühne statt. Zu „Ein Berg, viele“ gibt es am 16.9. um 18 Uhr eine öffentliche Probe in der Diskothek. Der Eintritt ist frei, die Platzzahl bleibt aufgrund der aktuellen Situation jedoch begrenzt.
In der Diskothek feiert mit „beach house“ von Dorian Brunz am 15.10. um 20 Uhr der Gewinner des Stückewettbewerbs der Autorentheatertage 2020 Premiere. Hierin geht es um die Zwillinge Taylor und Ronny, die auf dem Rummel den Hauptgewinn gezogen haben: vier Wochen Beach House.
Das Glück scheint für Familie Schmetterling zum Greifen nah zu sein. Doch dem Sehnsuchtsort Beach House steht eine brutale und betrügerische Realität gegenüber. Gegen diese anzukämpfen, verlangt den Geschwistern alles ab, beinahe sogar den Glauben an den eigenen Traum. Die Regie der Uraufführung übernimmt Hausregisseur Philipp Preuss.
Am 17.10. um 19.30 Uhr kommt auf der Großen Bühne „Der Besuch der alten Dame“ und damit das wohl populärste Stück von Friedrich Dürrenmatt zur Premiere, in einer Inszenierung von Nuran David Calis. Aus Not gelangen die Bürger Güllens in die Dynamik des Schuldenmachens und dabei immer tiefer in die Fänge der reichsten Frau der Welt: Claire Zachanassian.
Deren moralisch zweifelhaftes Angebot schwingt wiederum zwischen einem brutalen Akt der Rache und einem Schrei nach Gerechtigkeit, die das Stück im Verlauf wie in einem Krimi mit höchst sonderbarem Figurenpersonal enthüllt.
In unserer Spielstätte Residenz stehen im Oktober zwei Premieren auf dem Programm. Das Tanzstück „Forces of Nature“ untersucht die Vielschichtigkeit von Bewegungen im Hinblick auf deren physische, soziale und umweltbedingte Zusammenhänge. Fünf TänzerInnen formen einen beredten und komplexen Organismus, der aus verschiedenen Einflüssen und Zuschreibungen entsteht. Ivana Müllers Choreographie ist eine Reise durch eine Landschaft, die sich fortwährend verändert. Die Premiere findet am 2.10. um 20 Uhr statt.
„To Speak Light Pours Out“ ist eine Einladung, in eine Soundwelt aus Percussion und Stimme einzutauchen. Gemeinsam mit Autorinnen und Autoren sowie Komponistinnen und Komponisten entwickelt die neuseeländische Künstlerin Kate McIntosh eine immersive Performance und einen Erfahrungsraum, der vor Wut, Feierlust und Freude vibriert — und der dazu einlädt, den starken Energien positiver Unruhe und resoluter Möglichkeit mit Genuss zu begegnen. Premiere ist am 24.10. um 20 Uhr.
Die neue Leipziger Zeitung Nr. 82: Große Anspannung und Bewegte Bürger
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