Wie das Wetter am langen Wochenende wird? Das kann Literaturfans und Neugierigen ziemlich egal sein, denn der Leipziger Literarische Herbst bietet erwärmende, erhellende, unterhaltsame Lesungen, Theateraufführungen und Gesprächsrunden. Am Samstag, 29. Oktober, wird der Erzählkünstler Werner Heiduczek geehrt. „Ich bin wie ich bin“ lautet das Motto des Ehrenkolloquiums für den Autoren, der in Kürze 90 Jahre alt wird. Ab 16 Uhr spricht Heiduczek in der Leipziger Stadtbibliothek über sein Leben und Werk mit dem Verleger Elmar Faber, dem Literaturkritiker Michael Hametner sowie den Schriftstellern Clemens Meyer, Helmut Richter und dem Pfarrer Paul Christian. Dazwischen gibt es Klaviermusik von Sibylle Nowak.
Im DachTheater Haus Steinstraße werden am Samstag und Sonntag jeweils 16 Uhr flugfähige Familien erwartet: Im Stück „Ulf und Sabines intergalaktische Reisen“ bringen fünf Planeten – wundersam fremd und zugleich vertraut anmutende Zivilisationen – Licht in das Dunkel des nachtscheinenden Himmels und unseres irdischen Daseins (Eintritt 5/4 Euro, Kartenvorbestellungen sind angeraten – unter www.haus-steinstrasse.de oder tel. 0341/ 30 32 88 25).
Einen Literaturmarkt gibt es am Samstag ab 18 Uhr im Haus des Buches: Der Sächsische Literaturrat e.V. (der hiesige Landesdachverband für Literatur) feiert wie der LLH sein 20jähriges Bestehen – Anlass zu einem ausgiebigen Fest der Literatur, des Lesens und der Bücher. Das Grußwort hält Dr. Eva-Maria Stange, Sächsische Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst. Auf dem Literaturmarkt zahlreiche Schriftsteller/innen zu Gast; Verlage aus Dresden, Leipzig, Meißen und Niederfrohna präsentieren ihre Bücher und Literaturvereine aus Leipzig und Dresden informieren über ihre Arbeit und die Bücher ihrer Autoren und Übersetzer. Es lesen: David Wagner, Angela Krauß, Franziska Wilhelm, Özlem Özgül Dündar, Ronya Othmann, Sibylla Vričić Hausmann (Deutsches Literaturinstitut Leipzig) und Thomas Rosenlöcher; Musik macht Uli Singer an der Gitarre; die Moderation übernehmen Katrin Schumacher und Claudius Nießen.
Im Schumann-Haus liest ab 19:30 Uhr François Lelord unter dem Motto „Hector und die Suche nach dem Paradies“. Die Gäste werden darin mehr über einen geheimnisvollen Tee erfahren, dessen Genuss überwältigende mystische Erfahrungen bescheren soll… Ralf Pannowitsch wird im Gespräch mit dem Autoren sein, passende Musik liefern Sebastian Hensel (Viola), Rebecca Kaptain (Klavier). François Lelord (geboren 1953) schloss seine psychiatrische Praxis, um sich und seinen Lesern die wirklich großen Fragen des Lebens zu beantworten. Sein Roman „Hectors Reise“ (2004), einem wunderbaren Roman über das große Rätsel der Transzendenz, wurde ein Welterfolg.
20 Uhr beginnt in der Frauenkultur die Veranstaltung „Weltbilder“ – eine öffentliche Lesung der Preisträgerinnen des Goldstaubwettbewerbs der Mitteldeutschen Autorinnenvereinigung sowie Würdigung der Autorin des Jahres 2016 in Anlehnung an die Ausschreibung des literarischen Herbstes. Das Netzwerk für Schriftstellerinnen und Autorinnen aller Genres, die in deutscher Sprache schreiben und publizieren, vergibt jährlich den Titel „Autorin des JahresW und kürt die Siegerinnen des Goldstaubwettbewerbs im Bereich Lyrik und Prosa.
Am Sonntagvormittag, 30. Oktober, ab 10 Uhr wird es in der Frauenkultur um „Seltsame Abwesenheiten“ gehen. Die Lesung und Podiumsdiskussion widmet sich der Frage, auf welche Weise Autorinnen im öffentlichen Diskurs gesellschaftlicher und philosophischer Themen Gehör finden (können). Die Autorinnen Odile Kennel, Ninia Binias, Christine Lehmann und Ulrike Schäfer stellen in der Auftaktlesung Ausschnitte aus ihren Werken vor und stellen sich gemeinsam mit Frau Prof. Nagelschmidt von der Universität Leipzig der anschließenden Diskussion.
Eine klassische Sonntagsmatinee gibt es in der Bibliotheca Albertina ab 11 Uhr. In den erstmals veröffentlichten Briefen Karola Blochs an den Suhrkamp-Herausgeber Siegfried Unseld und an den Leipziger Bloch-Assistenten Jürgen Teller wird die Geschichte zweier vielfältiger Freundschaften und die deutsch-deutsche politische Zeitgeschichte der sechziger, siebziger und achtziger Jahre lebendig. Opposition Ost und Opposition West trafen sich geistig in ihrer Sympathie zugunsten eines rebellischen Eintretens für Demokratie. Die Briefedition „Etwas, das in die Phantasie greift“, herausgegeben und vorgetragen von Irene Scherer und Welf Schröter im Talheimer Verlag, offenbart zugleich die Rolle Karola Blochs für das Zustandekommen der Veröffentlichung des philosophischen Gesamtwerkes von Ernst Bloch.
Am Reformationstag, 31. Oktober, 16 Uhr, erinnern Autor/innen in der Rosa-Luxemburg-Stiftung unter dem Titel „Petzow – Villa der Worte“ an die Villa am Ufer des Schwielowsees, die begehrt war als Schreibort und Refugium. Mehrere Schriftstellergenerationen, von Arnold Zweig und Elfriede Brüning, von Georg Maurer bis zu Maxi und Fred Wander, Volker Braun und Kerstin Hensel, fanden gleichzeitig Erholung und eine besondere Arbeitsatmosphäre. Die Publikation, eine literatur-geschichtliche Dokumentation, bereitet das Schriftstellerheim (1955 – 1990) als ihren persönlichen Erfahrungsfundus in Erinnerungen und Gedichten auf.
In der Bibliotheca Albertina startet 19 Uhr der Vortrag von Ulrich Johannes Schneider zu Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716), der als großer europäischer Philosoph gilt. Er war zudem Ingenieur und Historiker, Mathematiker, Sprachforscher und Chinakenner. Sein schriftlicher Nachlass war so umfangreich, dass seine Werkausgabe heute noch nicht vollendet ist. Diese Entwicklungsgeschichte lange nach dem Tod des Universalgelehrten ist in verschiedenen europäischen Ländern durchaus unterschiedlich, insbesondere in philosophischer Hinsicht. Der Vortrag skizziert einige Höhepunkte der Publikationsgeschichte und fragt nach der Bedeutung von Leibniz heute.
„Ein Fenster zur Monade“ öffnet sich 19:30 Uhr im Westflügel. Die audiovisuelle Meditation zu Gottfried Wilhelm Leibniz und der Nikolaischule zu Leipzig gestalten Wolfram Dix (Perkussion, Klang), Frank Braun (Trompete), Radjo Monk (Sprecher, Texte, Video) und Oliver Kurth (Licht, Ton, Technik). Für die Künstlergruppe ist die Monadenlehre des Universalgelehrten Leibniz Anlass, seinen biographischen Spuren nachzugehen. Braun, Dix, Kurth und Monk verweben für eine Stunde projizierte und gesprochene Leibniz-Zitate mit Klangmustern und lassen videographische Formen in bildhaften Zeugnissen des Lebens dieser überaus facettenreiche Gelehrtenpersönlichkeit aufgehen. Die thematisch geordneten Klangräume werden durch rhythmische Strukturen verbunden und kehren immer wieder an ein bestimmtes Fenster in der Nikolaikirche zurück…
Das vollständige Programm unter www.leipziger-literarischer-herbst.de
In eigener Sache – Wir knacken gemeinsam die 250 & kaufen den „Melder“ frei
https://www.l-iz.de/bildung/medien/2016/10/in-eigener-sache-wir-knacken-gemeinsam-die-250-kaufen-den-melder-frei-154108
Keine Kommentare bisher