In Leipzig sorgt eine Ausstellung informeller Kunst für Aufsehen. Im 90. Lebensjahr des Künstlers zeigt eine Retrospektive Arbeiten von 1957 bis 2017 – zu sehen auf dem Gelände der Baumwollspinnerei vom 9. März bis 2. April 2018. „Kurt Bartel ist ein ausgesprochener Glücksfall. Ausgerechnet in Leipzig einen noch arbeitenden Vertreter des deutschen Informel anzutreffen, ist mehr als ungewöhnlich“, meint „Wiederentdecker“ und Ausstellungsmacher Frank Berger.

Leipzig wird im Moment mit vielen Attributen versehen, gilt als Boomtown, Hypezig oder gar The better Berlin. Einer der Gründe dafür heißt Neo Rauch, der die Malerei der Stadt mit der sogenannten Neuen Leipziger Schule weltweit zum Markenzeichen gegenständlicher Kunst hat werden lassen. Dass hier der große Vertreter des europäischen Informel, Hans Hartung, geboren wurde und studiert hatte, mag da in den Hintergrund gerückt sein. „Leipzig und abstrakte Kunst sind nicht unvereinbar“, so Kurator Berger überzeugt. „Leipzig ist innovativ, neugierig und international und Informel boomt in ganz Deutschland, warum also

nicht auch hier? Die Bachstadt und Buchstadt wird womöglich als Bartelstadt um eine Besonderheit reicher.“

Biografisches

Der 1928 in Berlin geborene Kurt Bartel studierte Anfang der 50-er Jahre an der Berliner Meisterschule. Anschließend verließ er Deutschland, um erst in Italien und danach in Spanien (Ibiza) zu malen. Dort traf er den für seine künstlerische Entwicklung prägenden Antoni Tàpies. Im Standardwerk „Neue Kunst nach 1945“ (Herausgeber Will Grohmann) wird Kurt Bartel (noch) als Tachist in einem Atemzug mit den (später) großen Vertretern der informellen Malerei wie Bernard Schultze, Emil Schumacher, Gerhard Hoehme, Winfried Gaul, Otto Greis, Karl Fred Dahmen, Heinz Kreutz und Wols genannt. In der von Grohmann kuratierten Kunstausstellung „Internationale Malerei 1960-61“ in Wolframs-Eschenbach begegneten sich Bartel und Grohmann zum ersten Mal.

Will Grohmann persönlich hielt 1962 die Laudatio zur Eröffnung von Kurt Bartels 2. Soloausstellung in der damals für zeitgenössische Kunst wegweisenden Berliner Galerie Diogenes von Günter Meisner. Es kam zur Begegnung und zum regen Gedankenaustausch mit Otto Piene. Ein Jahr zuvor war es der spätere Gründungsdirektor der Berlinischen Galerie Eberhard Roters, der an gleicher Stelle in die Ausstellung mit Bartels Arbeiten einführte. Roters war es auch, der Bartel als Vertreter der jungen Berliner Künstler für die 1964 bis 1965 in den USA gezeigte Wanderausstellung „Der Geist des neuen Berlin in Malerei und Skulptur“ sowie für die Ausstellung „Junge Berliner Künstler“ in der Kunsthalle Basel auswählte. Einer großen Künstlerkarriere stand nichts mehr im Wege.

Doch der Eingang in den Olymp, mithin in die Höhen (oder Tiefen?) des sich sprunghaft entwickelnden Kunstmarktes im prosperierenden Deutschland, war dem eigenwilligen Künstler suspekt. Die vom Arbeiter- und Bauernstaat umzingelte Insel Berlin (West) war für Jahre Zentrum und mithin Eiland des künstlerischen Schaffens Kurt Bartels. Anfang der 70-er Jahre zog sich Bartel noch mehr, noch weiter zurück. Österreich wurde für über 20 Jahre eine neue Heimat, die Bartel hin und wieder für Ausstellungen verlässt. Mit steigendem

Abstand verringerte sich der Bekanntheitsgrad. Dass Kurt Bartel 1994 schließlich nach Leipzig seinen Lebensmittelpunkt verlegte, hat ausschließlich private Gründe.

Die Ausstellung ist vom 9. März bis 2. April 2018 im UNTERGESCHOSS 14 auf dem Gelände der Baumwollspinnerei Leipzig zu sehen. Zeitgleich erscheint der Katalog „Kurt Bartel. Ans Licht“ im Passage Verlag Leipzig.

Weitere Informationen unter www.anslicht.de

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