Zeitreise

Die EisenbahnstraĂźe um 1904. Bild / Postkarte von Harald Stein
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Vor 130 Jahren (5): Eine Zeitreise in den Leipziger Osten des Jahres 1886

Es riecht nach Boulevard im Reudnitzer Tageblatt, denn ein gesellschaftliches Ereignis kündigt sich an. Damals wie heute mit großen Worten und ohne Quelle für die wichtigen Insiderinformationen gepriesen. Gleichzeitig steigt der Fleischverzehr, was die „lokale Schlachtsteuer“ steigen lässt. In Sellerhausen haben derweil die Bürger die Nase gestrichen voll und rufen nach mehr Transparenz des Gemeinderates. Gleichzeitig werden Erfindungen verkündet, während der Handel noch sehr stark reguliert ist. Und eine bekannte Leipziger Zeitung klopft perspektivisch an die Tür.

Droschke, Polizei und StraĂźenbahn auf einem Bild vor dem Rathaus auf dem Markt von Leipzig vereint. (1914) 1886 begannen die ersten ErschlieĂźungen dazu auch auf der EisnebahnstraĂźe. Foto: Stadtarchiv Leipzig
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Vor 130 Jahren (4): Eine Zeitreise in den Leipziger Osten des Jahres 1886

In den alten Zeitungsmeldungen des Reudnitzer Tageblattes finden sich heute in scheinbaren Kleinigkeiten Informationen, die, geht man etwas in die Tiefe, durchaus Einblick in die Zeit der beginnenden Industrialisierung Leipzigs geben können. So geht es dieses Mal um einen Finder einer Geldbörse, erfassten Straftaten im November 1885, die Anzahl der Todesfälle im Leipziger Osten binnen einer Woche und der journalistische Umgang mit Polizeimeldungen vor 130 Jahren. Vor allem aber ist es finster auf den Straßen, der Winter schlägt zu zum Jahresbeginn 1886. Und die Kinder im Viertel gehen einer beliebten Freizeitbeschäftigung in den Treppenhäusern nach.

Die Melchiorstraße als Beispiel der typischen Bebauung aus dem Ende des vorletzten Jhd.s in Neuschönefeld. Foto: Harald Stein
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Vor 130 Jahren (3): Eine Zeitreise in den Leipziger Osten des Jahres 1886

Das nachfolgende Ereignis erscheint heute vielleicht nebensächlich, doch damals war der Nachrichtenwert hoch. Die Leipziger Vororte haben selten mehr als einen Arzt für alle Einwohner, immerhin für einige tausend Personen. Von daher war das Wohlbefinden von Herrn Dr. med. Kohl für die Bewohner des Leipziger Ostens nicht unwichtig. Zumal die meisten noch durch eine Hausbeleuchtung tappern mussten, welche den Namen kaum verdient. Unterdessen bekommt der Osten das erste Mal echte Wachstumsschmerzen, vor allem entlang der Eisenbahnstraße – es wird Geld benötigt. Und die Polizei wird angefordert, weil an der Konradstraße vermehrt Steine fliegen.

Volkmarsdorf 1860. Quelle: wikicomm
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Vor 130 Jahren (2): Eine Zeitreise in den Leipziger Osten des Jahres 1886

Schauen wir mal nach Volkmarsdorf, wo auch das Sterben mit der wachsenden Bevölkerung Schritt hält und manchem der Weg zum bisherigen Friedhof zu weit scheint. Also wird eifrig im Reudnitzer Tageblatt räsoniert, ob es nicht ein eigener in Volkmarsdorf werden solle. Auch die heute prägende Lukas-Kirche steht noch nicht, doch das wachsende Selbstbewusstsein der Bewohner und ihre Menge ruft nach einem neuen Gotteshaus im Viertel. Dabei erregt man sich kräftig über die Bauweise einer anderen Leipziger Kirche und lehnt den „überaus widerwärtigen Eindruck“ dieser schlankweg ab. Und mal wieder geht es um Zucht und Ordnung beim Nachwuchs.

Die Hauptstraße von Schönefeld um 1900 herum. Foto: Stadtarchiv Leipzig
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Vor 130 Jahren (1): Eine Zeitreise in den Leipziger Osten des Jahres 1886

Die Zeitreise ist zurück. Es wurde quasi auch irgendwie – Zeit dafür. Und erst recht Zeit wurde es, mal nach Osten zu schauen. In den Teil Leipzigs, der auch in unserer, genau, Zeit wieder etwas attraktiver wird, nachdem er jahrzehntelang irgendwie das Stiefmütterchen der Stadt war. Dies ist vor 130 Jahren ähnlich, doch der Zustrom an neuen Bewohnern wächst, es muss gebaut, gelebt und gehandelt werden. Steigen wir also ein in die ersten Tage des Jahres 1886, als Neustadt-Neuschönefeld, Sellerhausen, Volkmarsdorf, Schönefeld, Neuschönefeld und Reudnitz noch nicht dieser enge und weiter wachsende Ballungsraum sind wie heute.

Arnolt Bronnen: Deutschland. Kein Wintermärchen. Foto: Ralf Julke
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Ein Kurzbesuch mit Arnolt Bronnen im Leipzig von 1956

Es gibt Bücher, die bringen einen auf Ideen. Zum Beispiel, mal wieder in anderen Büchern nachzulesen, die man seit Jahren nicht angefasst hat. Ein solches Buch ist Fancis Neniks „Doppelte Biografieführung“, das wir morgen an dieser Stelle besprechen. Da stolpert man dann über einen gewissen Schriftsteller Bronnen. Zwar im Zusammenhang mit „Schwarze Pumpe“. Aber war da nicht was 1956?

Übersichtskarte über die Dörfer westlich von Leipzig 1880. Quelle: Stadtarchiv
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Auf der Jagd nach den Räubern: Die Leipziger Zeitreise geht weiter (10)

LeserclubDie beiden Räuber, die einen Comptoir in Barthels Hof überfallen haben sollen, sind weiter flüchtig. Nach Informationen der Polizei sollen sie eine Überfahrt nach Amerika vorbereiten. Noch ist es nicht gelungen, Melzer und Zehne dingfest zu machen, doch die Schlinge zieht sich immer weiter zu. Zwei Fragen bleiben: Sind die beiden in Kleinmiltitz oder Markranstädt und haben sie auf der Landsberger Chaussee schon vor sechs Wochen einen Mord verübt?

Übersichtskarte über die Dörfer westlich von Leipzig 1880. Quelle: Stadtarchiv
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Schwerer Raub in Barthels Hof: Die Leipziger Zeitreise geht weiter (9)

LeserclubSitte und Moral haben auch Ende des 19. Jahrhunderts Durchsetzungsprobleme. In Plagwitz werden auf abenteuerliche Art und Weise Briefmarken gestohlen, in Großzschocher schnappte ein ehemaliger Zuchthäusler elf Pfund Fleisch aus der Auslage und in Barthels Hof wird ein Comptoirist hinterrücks mit dem Hammer drangsaliert. Aber die Polizei hat schon eine Spur, weil Räuber auch schon damals dumm sind. Doch werden sie die beiden fassen?

Übersichtskarte über die Dörfer westlich von Leipzig 1880. Quelle: Stadtarchiv
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eBay-Kleinanzeigen 1886-Style: Die Leipziger Zeitreise geht weiter (8)

Leserclub In der Nonnenstraße möchte jemand sein „52er Spezial Herold“ loswerden, das Wochenblatt ist voll mit Schlafstellen-Anzeigen. Derweil klaut im Plagwitzer Rathaus jemand den Fußabtreter und die Katechismusunterredungen in der Lindenauer Nathanelkirche waren auch schon mal besser besucht. Immerhin: Die Pferde-Eisenbahn verzeichnet ein gutes Jahr mit stark steigenden Fahrgastzahlen, verzichtet aber auf die Fahrpreiserhöhungen im August. Es war nicht schlecht...

Übersichtskarte über die Dörfer westlich von Leipzig 1880. Quelle: Stadtarchiv
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GrĂĽnes Licht fĂĽr Verbindungsbahn zum Bayerischen Bahnhof: Die Leipziger Zeitreise geht weiter (7)

LeserclubNächster Erfolg für Karl Heine. Der Sächsische Landtag bewilligt über 2 Millionen Mark zum Bau einer Verbindungsbahn zwischen dem Bayerischen Bahnhof und Plagwitz. Nur die Streckenführung ist noch nicht ganz klar. Darf die Bahn tatsächlich durch den Waldteil namens die „Nonne“ fahren? Karl Heine selbst wird die Eröffnung nicht mehr erleben. Gleichzeitig: Sächsisches Beamtenkarussell: Kleinzschocher bekommt einen neuen Schlachtgeldeinnehmer.

Übersichtskarte über die Dörfer westlich von Leipzig 1880. Quelle: Stadtarchiv
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Freie Kindergartenplätze in Plagwitz: Die Leipziger Zeitreise geht weiter (5)

LeserclubIn Plagwitz sind Kindergartenplätze frei. Es waren eben doch andere Zeiten. Allerdings auch hinsichtlich der Kindersterblichkeit. Von 217 geborenen Kindern, sterben im Januar gleich 28 , die nicht den dritten Lebensmonat vollendet haben. Wer denkt da noch an Mehlwürmer, Theerschwefelseife gegen Sommersprossen oder die damals üblichen gigantischen Brotlaibe von bis zu acht Pfund.

Übersichtskarte über die Dörfer westlich von Leipzig 1880. Quelle: Stadtarchiv
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ZĂĽgellose PrĂĽgeleien in Plagwitz und Lindenau: Die Leipziger Zeitreise geht weiter (4)

LeserclubMan muss unterscheiden zwischen Gewalt und Gewalt: Wenn sich im Felsenkeller Plagwitz jeden Sonnabend Menschen zum Ringkampf gegenüberstehen, ist das freiwillig. Wenn aber ein Handwerksmeister seinen Lehrling mit dem Hammerstiele verdrischt, nachdem ihm ... ach lesen Sie selbst. Gewalt ist eben nicht gleich Gewalt. Der Turnverein Plagwitz will jedenfalls eine neue Halle bauen, aber die Mitgliederzahlen steigen so rasant, dass die geplante Halle nicht mehr ausreichen wird. Es wächst eben alles. Ach ja, hat jemand den Laternenanzünder Luft gesehen?

Übersichtskarte über die Dörfer westlich von Leipzig 1880. Quelle: Stadtarchiv
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Arme Kinder – Gemeckert wird nicht: Die Leipziger Zeitreise geht weiter (3)

Weihnachtsgeschenke für Kinder in unserem Zeitreise-Jahr: Ein Beinkleid, ein Taschentuch, zwei Schreibbücher, für Mädchen ein wollenes Kleid. Gemeckert wird nicht, die Arbeiterkinder sind froh, dass sie überhaupt etwas bekommen. Einem Stammtisch sei Dank. Ein Handarbeiter bekommt auch etwas: Zwei Jahre Gefängnis für den Diebstahl einer Taschenuhr. In Leutzsch zieht sich derweil der verdiente Ortsvorsteher Otto Schmiedt zurück, während Redakteur Otto Hübler vor hungrigen und dreisten Unholden im Jünglingsalter warnt.

Übersichtskarte über die Dörfer westlich von Leipzig 1880. Quelle: Stadtarchiv
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Von Mehlwürmern, Räubern und Visionären: Die Leipziger Zeitreise geht weiter (2)

Achtung: In der Lützener Straße kann man wieder Mehlwürmer kaufen. Als diese Nachricht noch von Wert war, ist es westlich von Leipzig schon vorbei mit der Landromantik. Ortsteile wie Schleußig, Plagwitz, Kleinzschocher, Knauthain oder Lindenau wachsen immer näher ran an die unheimlich wachsende Großstadt direkt vor ihnen. Doch Leipziger sind diese Gemeinden im Jahr 1886 noch nicht. Sie meistern die Herausforderungen des Bevölkerungszuwachses und der Verstädterung (noch) alleine, und verschulden sich dabei auch. Und ihre Bewohner versuchen den Alltag der neuen Zeit zu meistern. Sie drängen auf einen Kinderhort, turnen an den Reckstangen der hiesigen Turnvereine, bieten Schlafplätze, Mittagsessen, ja sogar Mehlwürmer an und verfolgen die Fahndung nach brutalen Räubern, die den Großraum Leipzig in Atem halten.

Übersichtskarte über die Dörfer westlich von Leipzig 1880. Quelle: Stadtarchiv
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Wer sind die Millionäre? Die Leipziger Zeitreise geht weiter (1)

Wer sind Sachsens Großverdiener im Jahr 1886? Fünf Personen verdienen jährlich über eine Million Mark. Damals eine noch unglaublichere Summe als heute, denn über eine Million Sachsen verdienen weniger als 1.000 Mark – pro Jahr. Wofür sie das Geld ausgeben? Vielleicht für die Fleisch- und Wurstwaren von August Künzel? Oder für einen Blumengruß für den verstorbenen Oberlehrer Kockel, dessen Abschied in Lindenau groß begangen werden soll. Für Chausseegeld jedenfalls nicht. Reisende dürfen jetzt ohne durch Plagwitz reisen. Die Zeitreise in den Januar 1886 beginnt jetzt...

Melder zu Zeitreise

Das Projekt „LZ TV“ (LZ Television) der LZ Medien GmbH wird gefördert durch die Sächsische Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien. Diese Maßnahme wird mitfinanziert durch Steuermittel auf Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.

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