American Football wird in Leipzig bereits seit fast 30 Jahren gespielt, als 1992 der Leipzig Lions e. V. aus der Taufe gehoben wurde. Lange Zeit waren die Blau-Gelben in der Messestadt damit der einzige Verein, welcher diesen amerikanischen Kult-Sport betrieb. Es dauerte bis zum September 2015, bis sich mit dem Leipzig Hawks e. V. ein zweiter Leipziger American-Football-Verein auf den Weg machte.
Sportlich begegneten sich beide zuletzt in der Sachsenliga – einer regionalen Staffel der 3. Liga. Welche Gedanken, Ängste und Hoffnungen verbinden diese beiden Vereine nun mit dem Franchise Leipzig Kings, das ihnen so plötzlich vor die Nase gesetzt wurde? Die Leipziger Zeitung (LZ) hat nachgefragt. Für die Lions antwortete Präsidentin Antje Stolz, und für die Hawks gab die kommissarische Vizepräsidentin (Marketing & Sponsoring) Susann Fohrenkamm Auskunft.
Wie überraschend kam für Sie die Nachricht von der Installation eines professionalisierten Football-Teams in Leipzig – und wie haben Sie diese aufgenommen?
Lions: Die Nachricht kam für alle überraschend, da es selbst für die Verantwortlichen eine kurzfristige Entscheidung war, Leipzig als Standort bereits in diesem Jahr zu etablieren. Leider erfuhren wir erst aus den Medien von dem Vorhaben. Das ist alles, auch laut den Verantwortlichen, unglücklich gelaufen.
Hawks: Für uns als Verein kam die Nachricht zur Gründung der Leipzig Kings genauso überraschend wie für alle anderen Footballbegeisterten, auch wenn sogleich das Franchise ELF bereits seit letztem Jahr bekannt ist.
Was sind aus Ihrer fachlichen Sicht die positiven und die negativen Aspekte, die diese Neugründung für den Football in Leipzig mit sich bringt oder bringen könnte?
Hawks: Mit dem Hype um die ELF und im Speziellen durch die Leipzig Kings, kann unsere Region im Football einen Push erleben, von dem wir als Ausbildungsverein profitieren könn(t)en. Wir haben uns auf den Nachwuchs in unserer Vereinsarbeit spezialisiert und stehen damit nicht in direkter Konkurrenz mit dem Profisport der Leipzig Kings. Natürlich registrieren auch wir die Unruhe unter den etablierten American Football Vereinen bezüglich potenzieller Spielerwanderungen und damit einhergehender möglicher Verlust von Leistungs- und Finanzierungsmöglichkeiten.
Lions: Positiv sehen wir die weitere Etablierung und Publizierung des American Football hier in Deutschland. Die positiven Effekte sind ja seit Austragung von Spielen im Free-TV zu beobachten. Herr Patrick Esume ist ja bereits über alle Maßen bekannt, was dem Sport obendrein dienlich sein kann, auch im Hinblick auf Sponsoren und Unterstützer. Eine breitere Akzeptanz ist diesbezüglich zu erwarten und natürlich äußerst positiv für jeden Sport. Zudem ist Konkurrenz zuweilen ja meist belebend. Negativ sehen wir aber die Art und Weise des angedachten Vorgehens. So sind die Kings kein Verein, wollen keine Jugendarbeit leisten. Es sollen lediglich fertige Spieler, sogenannte „Local Heros“, in die Mannschaft wechseln. Das ist natürlich für die Vereinsarbeit der ansässigen Teams nicht gerade zuträglich.
Welche konkreten Auswirkungen auf die Arbeit Ihres Vereins erhoffen bzw. befürchten Sie?
Lions: Wir erhoffen uns zunächst einmal einen fairen Umgang sowie gegenseitigen Respekt. Wir sind seit fast 30 Jahren der Football-Verein in Leipzig und als Footballschule bekannt. Natürlich bilden wir Kinder und Jugendliche über Jahre aus, um sie in und für unseren Verein spielen zu lassen. Andererseits können wir eventuell durch die Präsenz in den Medien und die damit verbundene Interessensteigerung an unserem Sport neue Mitglieder akquirieren und/oder auch Sponsoren gewinnen.
Hawks: Seit unserer Gründung im Jahr 2015 haben wir fünf Mannschaften aufgebaut und sind im Jugendbereich zweifacher Sachsenmeister geworden. Unsere lizenzierten Coaches/Trainer, die unter anderem GFL- und Nationalspieler waren, bilden unsere Spieler ab sechs Jahre bis einschließlich in das Herrenteam aus. Talenten aus unseren eigenen Reihen ist es freigestellt, ob sie sich für eine 100-prozentige Profikarriere entscheiden oder weiter im Vereinssport spielen möchten. Jeder Profispieler, der zu den Hawks zurückkehrt, ist bei uns herzlich willkommen und bereichert mit seinen Erfahrungen den Verein.
Haben die Kings bzw. die ELF bereits Gespräche mit Ihrem Verein geführt? Wenn ja, welche Ergebnisse brachten diese?
Hawks: Es fand vor kurzem ein Gespräch zwischen dem Vorstand der Leipzig Hawks und Verantwortlichen der ELF bzw. der Leipzig Kings statt. Dieses Gespräch beschränkte sich auf den Austausch von Informationen und der Auslotung von Unterstützungsmöglichkeiten in der Jugendarbeit am Standort Leipzig. Ein Profiverein, wie die Leipzig Kings, leistet standesgemäß keine eigene Jugendarbeit, kann aber maßgeblich ansässige Vereine unterstützen.
Lions: Selbstverständlich sind wir mittlerweile im Gespräch mit den Verantwortlichen. Sowohl Herr Esume als auch lokale Verantwortliche haben mehrfach mit uns gesprochen. Derzeit erarbeiten wir ein Konzept zur gemeinsamen Zusammenarbeit. Die Gespräche sind sehr angenehm.
Gibt es konkrete Dinge, die Sie sich von dem neuen Projekt wünschen, damit am Ende die bestehenden Vereine nicht als Verlierer vom Platz gehen?
Lions: Wie oben bereits angesprochen, wünschen wir uns Fairness und Respekt vor unserer Arbeit. Wir betreuen die Kids ab einem Alter von 5–6 Jahren. Das ist natürlich jede Menge Arbeit und erfordert viel Kraft und Engagement von allen Beteiligten. Zum Glück sind wir dort sehr gut aufgestellt und haben so viele helfende Hände, welche im Ehrenamt tätig sind. Der Verein wirtschaftet seit Jahren sehr gut und hat das neueste Equipment, sowie eine gepflegte Infrastruktur, die auch für den außersportlichen Bereich rege genutzt wird. Ich denke, mit diesem Pfund sowie mit unserer Kooperationsbereitschaft werden wir am Ende gemeinsam für den Sport viel erreichen. Wir Lions sind eine große Familie und kämpfen für- und miteinander.
Hawks: Wir hoffen, dass der Sport American Football in Deutschland und der Region aufgrund einer medialen Steigerung auch im Umfeld der Franchise ELF profitieren kann. Um mögliche negative Effekte wie Niveauverschiebungen aufgrund von Wanderungsbewegungen der Leistungsträger auszugleichen, sollte die Diskussion über geeignete Kompensationen geführt werden dürfen. Letzteres liegt aber nicht im Einflussbereich unseres Vereines.
Mehr Informationen über die beiden Vereine:
https://leipzig-lions.de
http://leipzig-hawks.de
„Zündet die Football-Rakete auch für die Vereine? Was Leipzigs Football-Vereine Lions und Hawks zum neuen Franchise Leipzig Kings sagen“ erschien erstmals am 30. April 2021 in der aktuellen Printausgabe der LEIPZIGER ZEITUNG. Unsere Nummer 90 der LZ finden Sie neben Großmärkten und Presseshops unter anderem bei diesen Szenehändlern.
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