Für FreikäuferLEIPZIGER ZEITUNG/Auszug Ausgabe 73, seit Freitag, 29. November 2019 im Handel Rollstuhlbasketball zählt zu den bekanntesten paralympischen Reha-Sportarten. Regionale Strukturen oder ein konkretes Bild dieser Sportart sind wohl trotzdem eher unbekannt. Leider erhalten die Spiele wenig Aufmerksamkeit, ziehen außer Freunden und Familie kaum Zuschauer in die Hallen. Die LEIPZIGER ZEITUNG war Anfang November beim ersten Heimspieltag des Leipziger Oberliga-Teams Rising Tigers, das im Leipziger Behinderten- und Reha-Sportverein e. V. (LBRS) organisiert ist, in der Sporthalle Brüderstraße vor Ort.

Thomas Reimann ist Kapitän und Gründungsmitglied der Rising Tigers. Ein arbeitsbedingter Umzug führte ihn 2007 nach Leipzig. Hier gründete er zwei Jahre später mit Freunden aus einer Leipziger Rollstuhlsportgruppe die Rising Tigers. Angefangen hat es dabei mit kleinen Trainingsspielen nach dem Sportkurs, bei denen es immer Leute gab, die „etwas fitter waren und Lust auf Basketball hatten“.

Später kam es zu diversen Turnierbesuchen, bis letztendlich das erste Ligateam in Leipzig gegründet wurde. Dieses besteht ausschließlich aus Freizeitsportlern und war relativ schnell nach oben durchgestartet. „Wir waren bis vor zwei Jahren drei Saisons lang in der Regionalliga gewesen“, so Reimann. Das Team ist dabei genauso divers wie der Sport selbst: „Unser jüngster Spieler, Philipp Karausch, ist jetzt 22 Jahre, und der älteste ist über 50.“

Bevor Thomas Reimann nach Leipzig zog, spielte er bereits in Wernigerode und in Halle. Anfangs trainierte er die Tigers sogar selbst, auch wenn er aktiv mitspielte. Seit vier Jahren aber ist Mohammed Alkorde der Trainer des Teams. Er war vorher Nationaltrainer der syrischen Rollstuhlbasketball-Mannschaft und kam mit seiner Familie als Flüchtling nach Leipzig.

„Rollstuhlbasketball ist grundsätzlich ein integrativer Sport“, erklärt Reimann der LEIPZIGER ZEITUNG, „hier spielen Behinderte und Nicht-Behinderte zusammen. Alle müssen sich in einen Rollstuhl setzen.“ Diese Rollstühle sind teilweise Maßanfertigungen, deren Kosten sich im vierstelligen Bereich bewegen. Das ist eine Hürde – vor allem auch für Nachwuchssportler – denn diese Aufwendungen werden nur teilweise oder gar nicht von Krankenkassen übernommen, und aufgrund der geringen öffentlichen Wahrnehmung der Sportart ist auch das Finden von Sponsoren schwierig.

„Wir hatten Glück gehabt, dass uns mein Arbeitgeber DHL gesponsert und einen Rollstuhl bezahlt hat“, berichtet Reimann. Aber ihm ist klar: „Du kannst in diesen Ligen nicht vom Rollstuhlbasketball leben. Es gibt vielleicht ein paar Bundesliga-Spieler, die das können, aber die sind auch die Ausnahme.“

Philipp Karausch ist aktuell der Jüngste im Leipziger Team. Foto: Tobias Möritz
Philipp Karausch ist aktuell der Jüngste im Leipziger Team. Foto: Tobias Möritz

Neben einem Rollstuhl benötigt beziehungsweise erhält jeder Spieler sogenannte Klassifizierungspunkte. Diese dienen einer fairen Aufteilung der Spieler auf dem Feld, da im Rollstuhlbasketball nicht zwischen Geschlecht oder Behinderung unterschieden wird und im Ligabetrieb alle zusammenspielen. „Das heißt, jeder Sportler wird im Rahmen seiner Behinderung eingestuft. Je höher oder schlimmer die Behinderung ist, also je mehr Einschränkungen man hat, umso weniger Punkte erhält man“, erklärt Thomas Reimann.

Er selbst habe eine Lähmung auf dem siebten Brustwirbel, dementsprechend keine Bauchmuskulatur und bekommt dadurch nur einen Klassifizierungspunkt angerechnet. Nicht behinderte Personen erhalten ihrerseits 4,5 Punkte. „Aus verschiedenen Sportlern muss man letztlich fünf Leute aufs Feld schicken, die zusammen auf maximal 14,5 Punkte kommen.“

Neben dieser und einigen weiteren Änderungen – wie das Nichtvorhandensein von Doppeldribbling oder dem Sternschritt – sind die Regeln genau dieselben wie beim normalen Basketball. Selbst die Höhe des Korbes ist identisch.

Der Oberliga-Spieltag in der Sporthalle Brüderstraße ging für die Rising Tigers Leipzig – die in dieser Saison zuvor zwei Siege und zwei Niederlagen eingesammelt hatten – ebenso ausgeglichen zu Ende. Das Team um Thomas Reimann verlor zunächst gegen ALBA Berlin II mit 51:64 und gewann danach gegen die Jena Caputs II klar mit 61:30.

Damit führen die Leipziger momentan sogar die Tabelle der Oberliga Ost an. So richtig Aussagekraft hat dieser Zwischenstand jedoch nicht, da die Rising Tigers bisher als einziges Team schon sechs Spiele bestritten haben und es Mannschaften gibt, die bis dato noch gar nicht ins Geschehen eingegriffen haben. Es bleibt also spannend.

Mehr Informationen zu den Rising Tigers Leipzig:
www.facebook.com/rising.tigers.leipzig

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