Schön weich ist das Zeug ja, das zur Füllung vieler Kunstrasenplätze verwendet wird. Aber es ist umweltschädlich und giftig. Nicht nur die Grünen waren aufgeschreckt, als die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) im Januar ihren Beschränkungsvorschlag gemäß Anhang XV der REACH-Verordnung (1907/2006/EG) betreffs Kunstrasenplätze veröffentlichte. Auch Leipzigs Sportdezernat war aufgeschreckt und suchte auch gleich Kontakt zu den Sportvereinen.
Denn was in einigen Kunstrasenplätzen als Füllmaterial verwendet wird, sind oft nur einfach geschredderte Gummireifen. Die Verordnung bedeute nicht, dass diese Kunstrasenplätze sofort geschreddert und thermisch entsorgt werden müssen. Man unterstütze den DOSB dabei, eine mehrjährige Übergangsfrist zu ermöglichen, so das Sportdezernat in seiner Stellungnahme zur Grünen-Anfrage.
Aber im Kern stimmt das Dezernat der Intention der Grünen-Anfrage zu: Diese Form der Zweitverwertung des Gummigranulats ist umweltschädlich. Die Vereine brauchen Unterstützung dabei, für dieses schädliche Gummi Ersatz zu schaffen.
„Da Kunstrasenplätze in der aktuellen wissenschaftlichen Diskussion mit zahlreichen Umweltproblemen, u. a. mit dem Eintrag von Mikroplastik in die Umwelt in Verbindung gebracht werden, sollte nach dem Vorsorgeprinzip unter Einschränkungen generell von dem Einsatz von Kunststoffrasen (Gummigranulat) abgesehen werden. Es sollte sorgfältig geprüft werden, ob es Alternativen zur Errichtung solcher Plätze gibt. Weiterhin sollte die Verwendung von alternativen Materialien für das Füllmaterial wie schon praktiziert und den ,Rasen‘ selbst geprüft werden“, betont das Dezernat und wirbt lieber für die Rückkehr zum klassischen Naturrasen.
„Obwohl die Beeinträchtigungen der Naturhaushaltfunktionen eines Naturrasenfeldes zum Teil erheblich sein können, wird aus umweltvorsorgerischer Sicht dieser Bauweise gegenüber dem Kunstrasen der Vorzug gegeben. Auch stadtklimatisch und aus der Sicht des Klimaschutzes ist natürlicher Rasen dem künstlichen Rasen stets vorzuziehen. Allerdings konnte und kann in Leipzig mit Kunstrasen eine intensivere Nutzbarkeit von Sportflächen erreicht werden, die dem enorm wachsenden Vereinssport und seinen Bedarfen entspricht.“
Das Problem kennt jeder Platzwart, der seinem Rasen keine Erholungspause schaffen kann: „Ein völliger Verzicht auf Rasensysteme mit nachwachsenden oder umweltgünstigen Füllstoffen würde schon heute einen wesentlich höheren Flächenbedarf für den organisierten Sport in Leipzig generieren, weil Naturrasen natürliche Grenzen für eine Bespielung gesetzt sind. Hier gilt es künftig, stadtplanerisch stringenter zu steuern in der wachsenden Stadt.“
Aber dann gibt es ja auch noch die Umwelteffekte des künstlichen Rasens. Und die sind wirklich nicht ohne: „Wo Kunstrasen verlegt wird, ist die Fläche de facto versiegelt, welche als Naturrasen zum einen CO2 binden würde – zum anderen eine zusätzlich kühlende Wirkung auf das Lokalklima hätte. Den größten Unterschied zwischen Natur- und Kunstrasen hat das Öko-Institut für die CO2-Bilanz und den Treibhauseffekt ermittelt. Dessen Studie zufolge verursacht Naturrasen hinsichtlich Herstellung und Pflege nur ein Drittel der schädlichen Auswirkungen in Bezug auf den Treibhauseffekt im Vergleich zum Kunstrasen. Dennoch ist im Einzelfall stets zwischen ausreichender Flächenverfügbarkeit und umweltsensibler Bauweise abzuwägen.“
Die Liste der Nachteile ist noch viel länger, so das Sportdezernat: „Das im Kunstrasen zumeist als Einstreumaterial enthaltene Gummigranulat auf Altreifenbasis wird als bedenklich für den Menschen und die Umwelt eingestuft, da diese unter anderem Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) enthalten können und Mikroplastik freigesetzt wird. Mit der Kleidung und über Schuhsohlen können die Stoffe in der Umwelt verfrachtet werden und würden auch bei Waschgängen über die Kläranlage in die Flüsse und damit in den Wasserkreislauf gelangen. Des Weiteren können Schadstoffrückstände mit dem Niederschlagswasser, das auf den Sportplätzen auftrifft, sowohl im Wasser gelöst als auch gebunden an Feinbestandteile, über den Unterbau des Kunstrasens in den Boden und ins Grundwasser gelangen.“
Und selbst für die Regenwasserspeicherung fallen diese Kunstrasenplätze aus: „Kunstrasenplätze erhalten oftmals ein Drainagesystem, mit dem das auf dem Kunstrasenplatz anfallende und durch den Oberbau versickernde Niederschlagswasser gefasst wird. Ergänzend wird teilweise das oberflächig gemäß Platzgefälle abfließende Niederschlagswasser umlaufend in Rinnen gesammelt.” Und dann landet es meistens gleich in der Kanalisation und nicht im Boden.
Und das Spielen auf diesem Rasen ist nicht immer gesund: „Über Kunstrasen kann die Lufttemperatur je nach Umgebungsluft und Füllgranulat bis auf 50°C steigen. Die gesundheitliche Beeinträchtigung von Spielern und Spielerinnen ist evident. Darüber hinaus sondern weitverbreitete Füllmaterialien z. B. aus Altreifen insbesondere in Hitzesituationen zusätzlich Schadstoffe ab, die ebenfalls die Nutzer/-innen schädigen. Kinder sind durch ihre geringere Größe und oft auch häufigerem Training besonders gefährdet. Durch geeignetes Füllmaterial können beide Risiken reduziert werden. Dabei ist auf einen hohen Anteil an natürlichen Bestandteilen zu achten. Aktuelle Untersuchungen zeigen außerdem die bisher völlig unterschätzte Rolle von Mikroplastik bei der Treibhausgasproduktion. Sind die Plastikteilchen in der Umwelt dem Sonnenlicht ausgesetzt, emittieren sie u. a. das Treibhausgas Methan. Mit zunehmendem Zerfall der Partikel erhöht sich dabei aufgrund der größeren bestrahlten Oberfläche auch die Methanproduktion.“
Die Antwort der Stadtverwaltung führt noch viel mehr Punkte an. Man wird also solche mit Gummigranulat gefüllten Kunstrasenplätze nicht mehr unterstützen.
Das Fazit des Sportdezernats: „Angesichts dieser Faktoren hat die Stadt Leipzig in den städtischen Zuwendungsbescheiden als Nebenbestimmung folgenden Passus aufgenommen: ,Es ist sicherzustellen, dass keine gesundheitsschädlichen oder umweltschädlichen Materialien eingebaut werden.‘ Mit dem geplanten Gummigranulatverbot kann die Nebenbestimmung schärfer gefasst werden.“
Stattdessen empfiehlt die Stadt Quarzsand oder Korkgranulat als Füllmaterial.
Und die alten Gummigranulatplätze sind eigentlich jetzt schon Sondermüll, denn recyclen lässt sich daran nach derzeitigem Stand wohl nichts mehr. Die Kunststoffe landen also da, wo auch 70 Prozent aller anderen Kunststoffe landen: „Es ist davon auszugehen, dass eine thermische Verwertung erfolgt.“
Leipzigs Grüne fordern Konsequenzen aus drohendem Verbot von Kunstrasenplätzen aus Mikroplastik
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