LZ/Auszug aus Ausgabe 58Es ist Sommer – und das Zelt wird abgebaut. Ein Vorgang, der in einem herkömmlichen August normalerweise nicht viel Aufsehen erregt. Doch in diesem Fall ist es anders. Denn sechs Jahre lang war „das Zelt“ in Taucha die Heimspielstätte der Icefighters Leipzig (IFL). Am vergangenen Samstag nun verabschiedeten sich Mannschaft und Fans mit einer Party von eben dieser Location.
Traurigkeit war nicht vonnöten, denn der Grund für den Abschied aus Taucha ist für die Leipziger Eishockeyfans ein ganz großartiger – die Icefighters kehren endlich wieder zurück in die Messestadt! Im Kohlrabizirkus – An den Tierkliniken gelegen – wird das Eishockey-Team in Kürze dem Puck hinterherjagen.
Von dort aus sind es gerade einmal fünf Autominuten bis zum Alten Messegelände. In der Messehalle 6 hatten die Icefighters bis zum Jahr 2012 ihre Oberliga-Spiele ausgetragen. Dann fiel die Halle den Neubauplänen eines Möbelhauses zum Opfer und die Eishockey-Jungs standen ohne Spielstätte da. Als Übergangslösung fand sich schließlich die Möglichkeit, auf einem freien Gelände in Taucha ein Eiszelt zu errichten. Für zwei Spielzeiten war dieses Konstrukt ursprünglich angedacht – daraus wurden schließlich sechs Jahre.
Damit es mit der Rückkehr der „verlorenen Söhne“ nach Leipzig tatsächlich klappen konnte, war ein Kraftakt aller Beteiligten nötig. „Ich glaube, es haben nicht viele erwartet, dass es irgendwann mal wieder eine Eishalle in Leipzig geben wird“, verkündete IFL-Geschäftsführer André Krüll auf einer richtungsweisenden Pressekonferenz am 8. August. „Umso mehr freuen wir uns, jetzt bekanntgeben zu dürfen, dass es uns gelungen ist, in die Stadt zurückzukehren und dass der Kohlrabizirkus unsere neue Heimstätte wird. Das ist für uns ein riesiger Erfolg.“
Der sogenannte Kohlrabizirkus – welcher einst eine Großmarkthalle war – ist sowohl architektonisch als auch historisch ein einzigartiger Ort. Zum Zeitpunkt seiner Fertigstellung im Jahr 1929 waren die beiden charakteristischen Kuppeln immerhin die größten Massivkuppeln der Welt. Etliche Jahrzehnte später – von 2000 bis 2012 – konnten die Leipziger in der Halle bereits schon einmal Schlittschuh laufen. Und wieder ein Superlativ: Es war die größte Indoor-Eisfläche Deutschlands. Nun beginnt, zumindest unter der Nordkuppel, eine neue Eiszeit im Kohlrabizirkus.
„Uns war es wichtig, in den Gesprächen das Gefühl vermittelt zu bekommen, dass ein nachhaltiger Betrieb der Eishalle darstellbar ist“, sagte Gabriel Schütze, einer der Geschäftsführer der Vicus Group, welche Eigentümer des Kohlrabizirkus ist. „Herr Krüll hat dabei ziemlich viele Hebel in Bewegung gesetzt.
Wir haben den Eindruck gewonnen, dass die handelnden Personen, die am Gesamtprojekt mitwirken, in ihren Teilbereichen Spezialisten sind. Insofern haben wir sehr große Hoffnung, dass es eine wirklich nachhaltige Lösung wird.“ Und tatsächlich scheint da im Südosten Leipzigs ein attraktiver Freizeit-Tempel zu entstehen. Denn neben dem Eishockey und dem Eislaufen für Jedermann sind weiterhin ein Trampolinpark und eine Kletterhalle geplant.
Dass gerade die Icefighters kommen um zu bleiben, beweist auch die Tatsache, dass der Mietvertrag gleich über zehn Jahre abgeschlossen wurde – mit Option auf weitere Verlängerung. „Uns war die Langfristigkeit wichtig – nicht so wie in Taucha, wo wir alle zwei Jahre nicht wussten, wie es weitergeht“, unterstreicht Krüll. Doch bei aller Feierlichkeit steht den Beteiligten jetzt vor allem eines bevor: Jede Menge Arbeit!
Denn es muss schnell gehen. Sehr schnell! Bereits am 15. September soll unter der Kuppel die Saisoneröffnung gefeiert werden – mit einem Eishockey-Spiel der Icefighters gegen den SC Rissersee. Viel Zeit bleibt bis dahin nicht. Von daher ist längst damit begonnen worden, die Technik aus dem Tauchaer Zelt zu demontieren und sie an die neue Spielstätte zu bringen.
Im Kohlrabizirkus gingen die Bauarbeiten Anfang der Woche los. Zuerst wird die Licht- und Tontechnik installiert und parallel mit dem Aufbau der Eisfläche begonnen. Ende August soll der Rohbau stehen und mit dem Feinschliff weitergemacht werden. „Wir werden bis zum 15.09. mit Sicherheit nicht alles fertig haben. Ich denke, das ist jedem klar. Aber das, was wir fertig haben, soll gut werden. Wir werden sehr viel investieren, damit das wirklich eine einmalige Spielstätte wird. Wir wollen nicht einfach nur eine Eisfläche hier reinstellen und Hockey spielen, sondern wir wollen das zu einer Eventhalle machen“, versprach André Krüll auf einer zweiten Pressekonferenz am 16. August, bei dem sich die IFL-Verantwortlichen auch den Fragen der Fans stellten.
Da der Ligastart nicht auf die Fertigstellung der Leipziger Spielstätte warten kann, haben die IFL mit dem Deutschen Eishockey-Bund (DEB) aushandeln können, dass das erste Oberliga-Heimspiel erst am 30. September steigt – um 17 Uhr gegen die Hannover Indians. Im Idealfall wird bei dieser Premiere der Kohlrabizirkus mit 2.500 Zuschauern ausverkauft sein.
Die Kapazität entspricht zunächst noch der im Tauchaer Zelt, soll aber in einer nächsten Ausbaustufe auf 4.500 erweitert werden. Die Eintrittspreise für das Tagesticket werden in dieser Saison übrigens um 1 Euro teurer sein als bisher. Allerdings gilt die Eintrittskarte dann auch als Fahrschein für den ÖPNV – und ist somit unterm Strich sogar günstiger.
Derweil bastelt IFL-Coach Sven Gerike daran, eine schlagkräftige Truppe aufs Eis schicken zu können. Die Vorzeichen waren nicht die besten, da das endgültige Okay für die neue Spielstätte erst recht spät kam. „Wir würden gern mit 20 Spielern und 2 Torhütern in die Saison starten, um das Risiko durch Verletzungen etwas zu minimieren. Aber es muss auch das entsprechende Angebot da sein. Bei manchen Angeboten konnten wir im Sommer nicht mithalten. Denn die Spieler haben gesagt: Ruf mich wieder an, wenn du ein festes Stadion hast. Das war dann aber manchmal ein bisschen zu spät“, gestand der Trainer, der aber beschwichtigend hinzufügte: „Keine Angst, wir werden trotzdem eine komplette und leistungsfähige Mannschaft haben.“
Die Sendung von “Heimspiel TV” ua. zur BSG Chemie & mit Bildern von der Pressekonferenz der IceFighters im Kohlrabizirkus (ab Minute 7:20). Quelle: Heimspiel TVÂ
Zum Kader wird dann auch wieder Esbjörn „Esa“ Hofverberg gehören. Der 47-jährige (!) Schwede ließ sich von Gerike weder als Co-Trainer noch ins Management locken – er will einfach weiter Eishockey spielen. Für „Esa“ ist das bereits die 24. Saison. „Er ist für die jungen Spieler ein Riesenvorbild, mit der Art, wie er beim Training ist, wie er in der Kabine ist, wie er spielt. Da können immer noch einige sehr viel von ihm lernen“, ist sein Trainer voll des Lobes über den Routinier.
Der wird sehr bald gemeinsam mit seinen Teamkameraden ordentlich ins Schwitzen kommen, denn Coach Gerike hat zwei Trainingslager auf dem Programm stehen. Dafür reisen die Icefighters – wie bereits im vergangenen Jahr – zunächst nach Danzig (Polen). „Wir werden dort nach sportlichen drei Tagen Eistraining das erste Mal gegen die dortige 1. Liga spielen. Das hat wirklich einen reinen Testspiel-Charakter.
Die Jungs sollen sich langsam wieder daran gewöhnen, dass es jetzt im Leben und auf dem Eis hektischer wird“, skizziert Gerike die Lernziele. Nach der Rückkehr mit einem Tag „Heimaturlaub“ geht es gleich weiter nach Marienbad (Tschechien). Von dort aus starten die IFL zu zwei weiteren Testspielen nach Bayreuth und Weiden. Am 10./11. September kehrt der Tross schließlich nach Leipzig zurück und hofft inständig, dann bereits die ersten Trainingseinheiten unter der Kuppel des Kohlrabizirkus absolvieren zu können.
Dem vom Trainer ausgegebenen Saisonziel „Erreichen der Playoffs“ wäre das sicherlich zuträglich. Künftig dürften die Ziele sogar noch ein wenig ehrgeiziger ausfallen, wie der emotionale Einwurf von Geschäftsführer Krüll deutlich machte: „Wir wollen hier gar nicht drum herumquatschen: Jede Mannschaft braucht ein Ziel und unser Ziel ist es, hier irgendwann DEL 2 zu spielen. Das ist ganz klar!“
Damit lebt er genau jene kämpferische Einstellung vor, die auch das neu gestaltete Vereinslogo zum Ausdruck bringen soll. Darauf ist nun ein kerniges, bärtiges Männergesicht mit Helm zu sehen. „Der Eiskämpfer verkörpert den Spirit, in jedem Spiel nicht aufzugeben, immer weiterzumachen, bis zum Sieg“, erklärt Sarah Richter von der IFL-Pressestelle die Symbolik.
In dessen Helm ist zudem das Völkerschlachtdenkmal stilisiert – als Symbol für den Kampf. „Das Logo soll das Gesicht der Mannschaft sein“, ergänzt Trainer Sven Gerike. „Ich freue mich darauf, dass meine Jungs dieses Logo auf dem Trikot haben werden“. Es wird also kämpferisch im Kohlrabizirkus.
Willkommen zurück in Leipzig, Icefighters!
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