„DER FCL STEHT UNTER SCHOCK!“ So beginnt die Pressemitteilung des Probstheidaer Fußball-Clubs zu einem Vorfall, bei dem man sich letztlich nur noch fragen kann, wie die beiden Trainer Daniel H. und Sebastian M. (Namen sind d. Red. bekannt) überhaupt mit Jugendlichen Umgang bekommen konnten. Das wird der 1. FC Lokomotive Leipzig zu klären haben, es ist mal wieder „Kehraus“. Der Club verkündet nun „Konsequenzen nach dem Vorfall am vergangenen Wochenende“. Am letzten Aprilwochenende hatten „Teile des B1-Nachwuchsteams nach Aufforderung des Co-Trainers auf dem Vereinsgelände für ein Foto mit dem Hitlergruß posiert“, so Lok Leipzig.

Nachdem die Vereinsführung am 2. Mai davor erfuhr, setzten ab dem 4. Mai drakonische Maßnahmen ein. Beide Trainer flogen „nach kurzem Gespräch“ raus und auch die B-Jugend wird wohl kaum noch erfolgreich sein in dieser Saison. Allein die innere Haltungsnote spricht gegen einige in dieser Jugend-Mannschaft.

Was aktuell dennoch vergessen wird: der Weg von Lokomotive Leipzig ist nicht nur finanziell, sondern auch ideell ein langer. Wer seit einigen Jahren die L-IZ.de-Berichterstattung verfolgt hat, weiß um die Nachwende-Probleme des vorherigen Vorzeige-Clubs der DDR mit Neonazis unter den Fans und in bestimmten Phasen auch in der Vereinsführung. Und der nicht immer leichten Arbeit des Vereinsvorstandes. Welche seit 2013 mit Heiko Spauke den Fehdehandschuh aufnahm und zumindest im ersten Schritt versuchte, Gewohnheitskriminelle und waschechte Nazis aus dem Stadion zu werfen. Dabei war Spauke selbst sicher kein Heiliger, kam er doch aus rechten Beziehungen und ist heute eher CDU-AfD-nah.

Doch er war der Erste, der auch gegenüber der L-IZ. de die Frage akzeptierte und zu beantworten suchte: Wie kann man mit Neonazis im Fan-Block sportlich und finanziell in einer sich wandelnden Welt erfolgreich sein. Die Antwort wurde klarer: gar nicht, will man wirklich ein multikultureller Verein sein, der jedem eine gewaltfreie Chance anbietet. Heute sind in der ersten Mannschaft der „Loksche“ viele Nationen vertreten und jetzt setzt der Verein durch internationale Zukäufe zum Profisport in der Regionalliga an.

Damals folgten ab 2013 Übergriffe angeblicher „Fans“ auf den eigenen Verein, als sie die Hoheit in der Fankurve langsam verloren. Oft genug wurden der Verein, andere Fans und sogar Spieler von Lokomotive Leipzig von Rotlicht-Gestalten wie Benjamin B. an der Spitze und anderen Kriminellen attackiert. Wie ein letzter Nachhall der frühen 90er-Jahre hielt sich genau das Milieu bis 2013 bei Lok auf, welches in Leipzig nicht nur von Connewitz aus zunehmend Gegenwehr erfuhr. Und es versucht bis heute, einen Kiezclub für sich zu vereinnahmen.

Ein Teil dieses Erbes früherer Zeiten steckt noch immer im 1. FC Lok, doch es scheint ziemlich viele unter den Fans zu geben, die genau das gerade jetzt im Angesicht einer neuen Profifußballzukunft gründlich satthaben. Doch der Weg ist gerade mal wieder ein kleines Stückchen länger geworden.

Ergebnisse zum aktuellen Vorfall

Seit dem gestrigen Abend regnet es Zustimmung zur Entscheidung der Vereinsführung, gleich zwei Trainer zu suspendieren und letztlich eine erfolgreiche B-Jugend kollektiv zu bestrafen. Und natürlich gibt es erneut gewisse Szenen, die es zur Bagatelle stilisieren wollen. Doch 16-17-Jährige, die glauben, dass ein Trainer im Recht ist, wenn es um „den“ Gruß der organisierten Vernichtung ganzer Völker geht, sollten tatsächlich bis zum (nahen) Saisonende Zeit zum Nachdenken bekommen.

Den Ligasieg haben sie jedenfalls schon mal zurecht verschenkt. Es ist bereits sehr egal, ob sie Erster oder Letzter werden. (Hier kann man nachlesen oder mitkommentieren)

Hier die Erklärung der aktuellen Lokführung

“Als die Vereinsführung am vergangenen Mittwochnachmittag (2. Mai) über einen Vorgang in unserer B1-Jugendmannschaft vom vergangenen Wochenende in Kenntnis gesetzt wurde, entließ sie nach einem kurzen Gespräch mit den betreffenden Personen zwei Nachwuchs-Trainer und schloss einen davon aus dem Verein aus. Gegen den Co-Trainer wurde zudem Strafanzeige gestellt und ein lebenslanges Hausverbot verhängt.

Was war am vergangenen Wochenende passiert? Teile des B1-Nachwuchsteams hatten nach Aufforderung des Co-Trainers auf dem Vereinsgelände für ein Foto mit dem Hitlergruß posiert. Das ist ein Schlag ins Gesicht jedes Sportlers, Vereinsmitglieds und Menschen mit gesundem Menschenverstand. Beim Zeigen dieses Grußes handelt es sich nicht nur um den Straftatbestand der Volksverhetzung, er steht stellvertretend für die millionenfache Ermordung von Menschen in einem Unrechtssystem. Das ist also weder ein Kavaliersdelikt noch eine Provokation oder gar ein „Spaß“.

Alle dies betreffenden Spieler der B1-Nachwuchsmannschaft wurden daraufhin bis zum Saisonende vom Spielbetrieb suspendiert.

Der 1. FC Lokomotive Leipzig weiß um seine gesellschaftliche Verantwortung. Daher werden gemeinsam mit dem Landessportbund (LSB) und dem Fanprojekt Leipzig verschiedene pädagogische Workshops für und mit diesen Jugendlichen durchgeführt.

Lok-Präsident Thomas Löwe: „Wir haben diesen unglaublichen Vorfall in den letzten beiden Tagen intensiv ausgewertet und sofort die entsprechenden Konsequenzen gezogen. Dennoch möchten wir unserer pädagogischen Verantwortung als Verein gerecht werden und gemeinsam mit dem LSB, dem Fanprojekt und den Jugendlichen den Vorfall aufarbeiten.“

Robert Großpietsch vom Landessportbund dazu: „Der 1. FC Lok hat in den vergangenen Jahren eine hervorragende Arbeit geleistet. Dass der Verein in diesem Fall so schnell reagiert hat, zeigt, dass der er dieses Thema sehr ernst nimmt. Wir als LSB haben weitere Hilfen angeboten, die der Verein bereits in Anspruch nimmt.“

Der FCL ist entsetzt, aber nicht sprachlos. Jedes Mitglied und jeder Fan weiß, dass sich der 1. FC Lok täglich für Loyalität, Respekt, Fairness und Toleranz einsetzt. Jegliche Formen von Diskriminierung passen weder zum blau-gelben Fußball oder zu unserem Leitbild, noch zum Sport im Allgemeinen. In unserem Leipziger Traditionsverein spielen über 250 Kinder und Jugendliche aus 22 Nationen. Und das ist auch gut so!“

Zur Erklärung von Lok Leipzig

Lovro Sindik ist der erste Neue beim 1. FC Lok

Lovro Sindik ist der erste Neue beim 1. FC Lok

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