In Pandemie-Zeiten sind die Angebote im Breitensport gezwungenermaßen rar gesät. Da fällt es natürlich vielen nicht leicht, fit und in Bewegung zu bleiben. An Massenveranstaltungen wie z. B. Volksläufe ist derzeit gar nicht zu denken. Auch der 14. Leipziger Brückenlauf, der traditionell Anfang des Monats auf dem Programm gestanden hätte, war in seiner ursprünglichen Form nicht durchführbar.

Doch die Macher vom Wasser-Stadt-Leipzig e. V., der Abteilung Laufsport beim SC DHfK sowie dem Leipziger Laufladen suchten nach kreativen Wegen, um dennoch eine Veranstaltung zu ermöglichen, die sowohl Familien, Kindern als auch den mehr und den weniger ambitionierten Sportfreund/-innen gezielte Bewegung bietet.Im Herbst letzten Jahres, als noch schwer abzusehen war, welchen sportlichen Freiraum Corona im Januar bieten würde, saß das Team zusammen und ersann eine krisensichere Alternative zur normalen Laufveranstaltung. Entstanden ist dabei eine Art interaktives Laufangebot, was unter dem Namen „14. Brückenlauf – der smarte Brückenschlag“ am 20. Dezember seinen Auftakt erlebte.

Dabei werden fünf verschiedene Strecken angeboten – mit einer Länge zwischen 500 Metern und 32 Kilometern – die entlang des Karl-Heine-Kanals bzw. des Elster-Saale-Kanals führen. Noch bis zum 28. Februar können sich Laufinteressierte für eine oder mehrere dieser Strecken anmelden (siehe unten), diese dann eigenständig – unter Beachtung der Corona-Schutz-Regeln – absolvieren und die dabei selbst gestoppte Zeit anschließend über die Veranstaltungshomepage hochladen.

So ergibt sich für jede einzelne Strecke am Ende ein Gesamtklassement. Eine Besonderheit ist es, dass es keine festen Start-/Zielpunkte gibt, sondern jede/-r an beliebigen Stellen auf die Strecke gehen kann. Als zusätzlicher Anreiz, neben der körperlichen Betätigung, winkt allen Finishern ein limitiertes Brückenlauf-Glas, auf dem die diesjährige besondere Streckenführung eingraviert ist.

Über 220 Zielzeiten sind bisher vermeldet worden. „Das ist für so einen Lauf in einer so tristen Zeit, wo das Wetter nicht gerade ideal ist, schon beachtlich“, freut sich Jörg Matthé. Der 52-Jährige war früher selbst leistungsorientierter Langstreckenläufer und hat als SC DHfK-Abteilungsleiter Laufsport sowie als Inhaber des Leipziger Laufladens für die sportliche Komponente des Brückenlaufs den organisatorischen Hut auf.

Er selbst hatte letzte Woche die 23 Kilometer in Angriff genommen – und das unter erschwerten äußeren Bedingungen. „Auf der Strecke war heute Schnee, Matsch und Wasser. Ich habe einige Leute getroffen, die mit ihrer ausgedruckten Startnummer den Brückenlauf liefen, die sind auch zwei-, dreimal gestürzt, hatten aber trotzdem alle Freude und Spaß daran“, berichtet der Laufexperte. „Das ist schon schön, wenn du läufst und auf der anderen Seite des Kanals jemanden siehst und weißt, das kann eigentlich nur ein Brückenläufer sein, denn ansonsten würde sich keiner hierhin verirren. Die Strecke ist ja für viele auch Neuland – du läufst dort entlang, auf einmal hört der Kanal auf, nur noch Schilf, alles ist zugewachsen.“

Die neue „Leipziger Zeitung (LZ)“, VÖ 29.01.2021

Manchen Teilnehmer/-innen reicht aber nicht mal die eigentliche Laufstrecke aus, sie wollen laufen, laufen, laufen: „Die Leute sind ja teilweise so laufverrückt, die laufen von zu Hause erst mal schon zu ihrem Startpunkt hin, um dann eben eine der Strecken zu absolvieren“, staunt Matthé. „Einer dieser positiv verrückten Läufer ist Jens Körner (siehe auch LZ 79 vom Mai 2020 / d. Red.). Der läuft fast jedes Wochenende einen Marathon. Und als hier ein richtiges Schneechaos war, hat er den Brückenlauf als Marathon absolviert, hat dann also noch ein bisschen was drangehangen. Das war bei diesen Bedingungen schon echt stark und motiviert auch andere Menschen, wenigstens ein paar Kilometer in Angriff zu nehmen. Und genau das soll ja auch die Botschaft sein.“

Doch auch ein paar graue Haare hält die Organisation so eines Unterfangens bereit. „Das größte Problem hier in Leipzig ist oft die Beantragung“, weiß Jörg Matthé ein Lied davon zu singen. „Die Bürokratie ist riesengroß, man braucht für eine Veranstaltung z. B. das Ordnungsamt, das Forstamt oder auch das Umweltamt – und manchmal ist es nicht zu verstehen, warum Dinge nicht zu machen sind. Denn wir betreiben das ja nicht kommerziell, sondern versuchen für Familien, Kinder und Erwachsene eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung zu organisieren.“

Was aktuell zusätzlich für Ratlosigkeit sorgt, ist die Tatsache, dass der größte Teil der Pappschilder und Plakate, die die Organisatoren zur Kennzeichnung der Strecke und zum Hinweisen auf die Veranstaltung anbrachten, innerhalb kürzester Zeit entwendet wurden. „Wer macht so etwas?“, fragt sich sicher nicht nur Jörg Matthé.

Auf diesen 5 Strecken geht’s smart am Wasser entlang

500 Meter – Der „Piratenkids-Lauf“ (ab Jahrgang 2011 und jünger)

„Ich habe überlegt, was auch die Kinder hinter dem warmen Ofen hervorlocken könnte“, beschreibt Jörg Matthé die Ideensuche für die Kids-Route. „Es konnte daher nicht einfach nur ein Lauf mit 250 Metern hin und 250 Metern zurück sein, sondern es sollte auch ein Highlight bieten.“ Diese Besonderheit wurde schließlich in Form einer großen Edelstahlrutsche gefunden, die ihre „Kundschaft“ ganz in der Nähe des Wasser-Stadt-Vereinshauses dazu einlädt, Richtung Karl-Heine-Kanal hinabzusausen.

„Die musste sogar ich als oller Mensch mal für einen Videodreh herunterrutschen – die ist wirklich sehr schnell“, hat selbst der Organisator Respekt. „Die Kinder müssen bis zu der Rutsche laufen, rutschen hinunter und laufen dann eine kleine Runde bis zur Brücke am Vereinshaus und wieder hoch zum Ziel.“ Dafür gibt es eine coole Medaille und eine kleine Überraschung. „Den Bambinilauf hatten wir schon immer mit im Programm, aber natürlich nicht mit der Rutsche. Es sind ja sonst immer etwa 50–70 Kinder gleichzeitig am Start, da kannst du so etwas nicht machen. Aber jetzt, wo jeder einzeln läuft, ist das möglich“, erklärt Matthé.

Hier die offizielle Streckenbeschreibung:

Starte am Schienenprellbock am Vereinshaus des Wasser-Stadt Leipzig e. V. (Rückseite des Alten Verladebahnhofs in der Industriestraße 72) und laufe mit Blickrichtung Karl-Heine-Kanal nach rechts bis zur Rutsche. Dort angekommen – die breite Edelstahlrutsche hinunterrutschen. Dann nach links bis zur Stabbogenbrücke. Diese bis zum Ende der Brücke laufen, dort wenden. Nach der erneuten Brückenüberquerung nach rechts den schrägen Weg hochlaufen. Oben angekommen, Spitzkehre nach links, immer geradeaus bis zum Ziel, dem Schienenprellbock – Geschafft!

Die Brücke am Karl-Heine-Kanal in Höhe Zschochersche Straße. Foto: Jörg Matthé
Die Brücke am Karl-Heine-Kanal in Höhe Zschochersche Straße. Foto: Jörg Matthé

4 Kilometer – Der Einsteiger/ -innen-Lauf: „Wasser-Stadt-Leipzig“

Die entspannten vier Kilometer führen die Läufer/-innen am Karl-Heine-Kanal entlang und sind „eine Strecke, die sich jeder zutraut“, wie es Matthé formuliert. Sie ist unter anderem für Sportler/-innen ideal, die aufgrund der aktuellen Situation ihren eigentlichen Sportarten nicht nachgehen können, aber trotzdem in Bewegung bleiben möchten.

Hier die offizielle Streckenbeschreibung:

Start könnte das Vereinshaus des Vereins Wasser-Stadt-Leipzig e. V. (Rückseite des Alten Verladebahnhofs in der Industriestraße 72, Schienenprellbock) sein. Blickrichtung Karl-Heine-Kanal nach links bis zur Spitzkehre, rechts schräg nach unten, links über die Stabbogenbrücke, links Fuß-/Radweg entlang des Karl-Heine-Kanals bis zur Holzbrücke zwischen den Straßen Groitzscher Straße und Am Kanal; diese überqueren und wenden.

Rückweg wie Hinweg, nur an der Stabbogenbrücke entlang des Karl-Heine-Kanals bis zum Wendepunkt am Riverboat (Infokasten der Musikakademie MUSIFA) zurück über Stabbogenbrücke, nach rechts den schrägen Weg hochlaufen. Oben angekommen, Spitzkehre nach links, immer geradeaus bis zum Ziel, dem Vereinshaus des Vereins Wasser-Stadt-Leipzig e. V.

8,5 Kilometer – Der kleine Lauf: „Karl-Heine-Vermächtnis“

Hierbei wird der Karl-Heine-Kanal einmal komplett umrundet.

Hier die offizielle Streckenbeschreibung:

Lyoner Straße (Brücke) – östlich bis zum Riverboat (Infokasten der Musikakademie MUSIFA) und zurück, mit markierten Wendepunkten.

Ruhe und Natur pur: Der Kanal in Höhe Dölzig. Foto: Jörg Matthé
Ruhe und Natur pur: Der Kanal in Höhe Dölzig. Foto: Jörg Matthé

23 Kilometer – Der mittlere Lauf: „Elster-Saale-Verbindung“

„Die Idee hinter den 23 Kilometern war, nur den westlichen Kanal zu laufen. Der fängt in der Lyoner Straße an und endet dort, wo der Kanal plötzlich aufhört – und wieder zurück“, erklärt Matthé. „Dieser Teil der Strecke wird beim normalen Brückenlauf nie gelaufen, weil man dabei die Lyoner Straße überqueren müsste. Wenn aber dort einmal der Durchbruch stattfindet, will man auch einen Tunnel mit Fuß- und Radweg bauen. Und auch der Radweg in Richtung Saale soll inzwischen beschlossene Sache sein und irgendwann in den nächsten zehn Jahren umgesetzt werden.“

Hier die offizielle Streckenbeschreibung:

Lyoner Straße (Brücke) – westlich bis zum Ende des Elster-Saale-Kanals (Ende der Wasserführung) und zurück, mit markierten Wendepunkten.

32 Kilometer – Der großer Lauf: „Wasser-Marsch-Vision“

Die 32 Kilometer sind die Königsdisziplin des 14. Brückenlaufes – das Komplettprogramm, bei dem sowohl der Karl-Heine-Kanal als auch der Elster-Saale-Kanal einmal vollständig umrundet wird. „Das trauen sich natürlich nur die Leute zu, die auch trainiert und hungrig sind nach etwas Besonderem“, so Matthé. Insgesamt 23 Brücken und zwei Unterführungen sind auf dem langen Weg zu passieren.

„Wir wollten eine besondere Strecke anbieten, die man sonst offiziell gar nicht genehmigt bekommen würde. Die 32 Kilometer läufst du durch ein herrliches Gebiet. Du läufst unter der Autobahn durch und bist im Niemandsland bis zum Ende des Kanals. Das ist einfach richtig schön. Meine Frau sagt immer: ‚Das ist ein mystischer Ort‘. Und viele Leipziger kennen die Geschichte auch noch gar nicht, dass man einst versucht hatte, den Kanal von der Elster zur Saale zu bauen, um die Schifffahrt und später den Tourismus auf der Wasserstrecke zu steuern.“

Hier die offizielle Streckenbeschreibung:

Kompletter Karl-Heine-Kanal und kompletter Elster-Saale-Kanal (Ende der Wasserführung), mit markierten Wendepunkten.

Anmeldung für den Brückenlauf unter:
https://baer-service.de/anmeldung/

Die Startgebühr für die Einzelstrecke beträgt pro Teilnehmer/-in 9 Euro. Werden zusätzlich weitere Einzelstrecken gelaufen, sind es jeweils nur noch 3 Euro. Für den Piratenkids-Lauf beträgt die Startgebühr 3 Euro.

„In Bewegung bleiben trotz Corona-Pandemie – 14. Leipziger Brückenlauf: Alles ein bisschen anders“ erschien erstmals am 29. Januar 2021 in der aktuellen Printausgabe der LEIPZIGER ZEITUNG. Unsere Nummer 87 der LZ finden Sie neben Großmärkten und Presseshops unter anderem bei diesen Szenehändlern.

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