LEIPZIGER ZEITUNG/ Auszug Ausgabe 86, seit 18. Dezember 2020 im HandelIm zweiten Anlauf konnte das Experiment am 5. Dezember über die Bühne gehen. Ziel des Leipziger Langstreckenläufers Marcus Schöfisch war es, den (inoffiziellen) Weltrekord über 50 Kilometer auf dem Laufband zu knacken. Erst im Juni hatte der US-Amerikaner Tyler Andrews diesen auf eine Zeit von 2:42:51 Stunden verbessert und damit den Schweizer Matthias Kyburz (2:56:35 Stunden) von der Rekord-Spitze verdrängt.
Eine echte Herausforderung also, auf die sich Schöfisch seit dem Frühjahr akribisch vorbereitet hatte (LZ 84 und 85 berichteten).
„Im Grunde genommen war es ein ganz normaler Wettkampftag. Ich habe relativ schlecht geschlafen, war nervös, aber ziemlich guter Dinge“, beschreibt der 33-Jährige den Beginn dieses Tages. „Als ich an der Location eintraf, war recht viel Presse da. Das war für mich ungewohnt, denn normalerweise, wenn ich bei einem Marathon starte, bin ich einer von ganz vielen. Diesmal war die Aufmerksamkeit aber nur auf mich gerichtet.
Dadurch hatte ich ein Wettkampfgefühl, weil ich wusste, da schauen auch ein paar Leute am Livestream zu und drücken die Daumen.“ Als ein etwas komisches Gefühl beschrieb Schöfisch dann die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, wann sein Lauf beginnen sollte. „Da musste ich erst noch mal kurz durchatmen, bevor ich das Laufband gestartet habe.“
Den Beginn seines Rennens beschreibt er folgendermaßen: „Die ersten Kilometer waren noch ein bisschen unrund. Ich musste erst in meinen Rhythmus finden, was nicht ganz so einfach war. Aber nach etwa fünf Kilometern war ich voll drin und ziemlich sicher, dass ich es drauf habe, den Weltrekord zu laufen. Das lag genau in meinem Fahrplan. Alle fünf Kilometer bin ich dann ein Stück schneller gelaufen.“
Es sah also gut aus für den Leipziger, bis der Rhythmus gegen Mitte des Rennens jäh gestört wurde. „Kurz vor Kilometer 25 passierte mir das alles entscheidende Missgeschick, als ich versehentlich den Stopp-Knopf betätigt habe“, schüttelt Schöfisch über sich selbst den Kopf.
„Das war wirklich ärgerlich! Denn das war genau die Phase, wo man eigentlich in seinem Rhythmus sein muss, wo man rollen muss, wo auch langsam die Schmerzen beginnen und man sich darauf einstellen muss, dass es wirklich hart wird. Doch als ich dann plötzlich stand und für den Bruchteil einer Sekunde überlegen musste, was da gerade passiert ist, war für mich eine kleine Welt zusammengebrochen. Denn ich hatte mich wirklich nur auf diesen Weltrekord fokussiert und war mir sicher, dass ich das an diesem Tag auch tatsächlich schaffen kann.
Das Schlimmste war dabei der Gedanke im Kopf: Das war dein eigener Fehler! Dein ganzes Team hat sich so viel Mühe gegeben, es war alles perfekt geplant und lief auch gut, doch dann machst du so einen blöden Fehler. Das hat mich dann das ganze Rennen über nicht mehr so richtig losgelassen und war der mentale Knackpunkt.“
Der Weltrekord war damit außer Reichweite, doch sein Team hat ihm diesen Fehler nicht verübelt, sondern Schöfisch ermutigt, weiter am Ball zu bleiben. Der Zuspruch half, denn am Ende hatte der Leipziger mit 2:55 Stunden immerhin die Kyburz-Marke unterboten und ist damit aktuell der schnellste Europäer über 50 Laufband-Kilometer.
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