Ein Sturm tobte vor der Partie durch die Stadt, auch auf der Platte ging es am Donnerstagabend stürmisch zu. 61 Tore in den 60 Minuten, 13 mehr, als beim Sieg gegen Hannover. Ein Spiel auf hohem Niveau, Leipzig suchte aber gegen Ende der ersten Halbzeit zu oft die gleiche Lösung über die Mitte. Ohne einen Silvio Heinevetter in Topform hätte Berlin wohl trotzdem keine 12:14-Führung in die Pause genommen. Nach gut zehn Minuten in Hälfte zwei glichen die Sachsen wieder aus, das Spiel blieb nichts für schwache Nerven und wurde erst nach dem Abpfiff entscheiden. Mit einem Freiwurf zum 30:31 gegen Leipzig.
60 Minuten lang schenkten sich beide Teams nichts, führten ein sehr gutes Handballspiel auf Augenhöhe. Souveräne Schiedsrichter trugen dazu bei, dass die Partie dazu mit nur sechs Zeitstrafen fair blieb. Doch ausgerechnet mit dem Abpfiff irrten die Schiedsrichter – oder hatten nicht den Mut, wegen eines Zerrens von hinten in der Wurfbewegung einen Siebenmeter zu geben. Es wäre einer für die Füchse gewesen, in fremder Halle vor sicher 4.000 Leipzigern unter den 4.132 Zuschauern keine leichte Entscheidung, aber die richtige.
Die Kompromisslösung – Freiwurf nach abgelaufener Uhr- trieb Füchse-Trainer Velimir Petkovic auf die Palme. Nachdem er schon Gelb gesehen hatte, verwies ihn das Schiedsrichter-Gespann mit der roten Karte der Halle. „Das darf nicht sein, wir müssen nicht mal über 7-Meter diskutieren, der muss gepfiffen werden“, zeigte er auch auf der anschließenden Pressekonferenz noch auf sympathische Weise Temperament.
„Ich bin stolz auf diese rote Karte, denn ich habe mich 60 Minuten genau so reingehangen wie meine Mannschaft. Ich kann nun mal nicht ansehen, wenn eine Fehlentscheidung gegen uns getroffen wird, das ist meine Mentalität und mein Charakter. Den entscheidenden Wurf habe ich so gerade noch gesehen und das erste Mal getanzt vor Freude in meiner Karriere.”
Er lobte aber auch die Leipziger Leistung, die seiner Mannschaft alles abverlangt habe. André Haber blieb noch, den entscheidenden Moment zu schildern: „Es ist eigentlich die schlechteste aller Chancen. Wir wissen genau was kommt, sechs Mann stehen in der Abwehr im Block und nur ein Berliner darf direkt werfen. Aber manchmal gehen eben auch solche Bälle rein.“ Abhaken und weitermachen, das werde er seiner Mannschaft nun empfehlen, die am Sonntag um 12:30 Uhr wieder zu Hause gegen Aufsteiger TUS N-Lübbecke dran ist.
Eine Leistung wie am Donnerstag-Abend zu wiederholen, wäre günstig. Das Tempospiel saß und machte den Berlinern Probleme. Offensiv stark begannen die Leipziger gegen das einzige noch unbesiegte Team in der Handball-Bundesliga. Mit Sicherheit zählen die Füchse in der Form, die sie im Laufe des Abends erlangten, auch zu den Anwärtern auf einen Top3-Platz. Doch diese Leistung musste sein, denn die Gastgeber waren ein ebenbürtiger Gegner und hielten ihre schnelle 3:1-Führung bis zum 6:3. Lediglich gegen Ende der ersten Halbzeit schwächelte der Angriff etwas. Zu oft versuchten die Hausherren die gleiche Lösung über die Mitte, bis der Block ganz sicher stand.
Auch Silvio Heinevetter glänzte mit einigen Paraden, auch wenn Niclas Pieczkowski dies nach der Partie nicht gelten lassen wollte: „Wir haben ein paar freie Bälle zu viel verworfen. Klar steht da ein Heinevetter, aber ein paar mehr hätten wir machen müssen.“ Ansonsten waren bedrückte Leipziger sich einig: Kleinigkeiten hatten den Unterschied ausgemacht. Torhüter Milos Putera kommentierte noch die abschließende Szene: „Ich habe den Ball überhaupt nicht gesehen, kann erst im Video analysieren, was da falsch lief.“
So konzentrierte sich also nach 60 Minuten alles auf einen Moment, und die Füchse bleiben einziges ungeschlagenes Team der Liga, während für Leipzig die Serie der Heimsiege gerissen ist. Trotz Niedergeschlagenheit ist den Männern von André Haber zuzutrauen, dass sie am Sonntag eine neue starten.
Keine Kommentare bisher