Es ist kein Ergebnis zum Einrahmen. In ihrem letzten Champions-League-Auftritt gerieten die Handballerinnen des HC Leipzig am Samstag gegen den Favoriten Vardar Skopje gewaltig unter die Räder. "Ich weiß gar nicht, ob ich in meiner Karriere je so hoch verloren habe", hatte auch Nationaltorhüterin Katja Kramarczyk an den 45 Gegentreffern zu knabbern. Und dennoch: Das unglaublich junge Verlegenheitsteam des HCL bot über weite Strecken frechen, herzerfrischenden Handball.

Wenn es schon nicht läuft, kommt auch noch Pech dazu. Als wären die verletzungsbedingten Ausfälle von Karolina Kudlacz-Gloc, Tamara Bösch, Shenia Minevskaja, Michelle Urbicht und Franziska Mietzner nicht schon heftig genug, erwischte es ausgerechnet vor dem letzten Champions-League-Spiel auch noch Nationalspielerin Saskia Lang. Sie musste sich am Spieltag mit einem Magen-Darm-Infekt abmelden.

Durch den Ausfall der 29-jährigen Führungsspielerin sank der Altersdurchschnitt des Teams auf 22,6 Jahre. Die Feldspielerinnen brachten es sogar auf nur 21,3 Jahre. Wenn man bedenkt, dass der HCL selbst mit voller Kapelle gegen den Champions-League-Dritten der vergangenen drei Jahre alles andere als der Favorit gewesen wäre, wird die Schwere der Aufgabe, die die zum Teil erst 16-jährigen jungen Wilden zu bewältigen hatten, noch etwas klarer.

Mit 23 Jahren war Anne Hubinger (#17, HCL) eine der ältesten Feldspielerinnen die der HCL zur Verfügung hatte. Foto: Jan Kaefer
Mit 23 Jahren war Anne Hubinger (#17, HCL) eine der ältesten Feldspielerinnen die der HCL zur Verfügung hatte. Foto: Jan Kaefer

Vor allem in den ersten zehn Spielminuten rieb sich daher so mancher Beobachter erstaunt die Augen. Die Blau-Gelben legten entschlossen los, holten sich in der 4. Spielminute die erste Führung (3:2) und legten sogar noch einen drauf (4:2/ 5.). Nach dem folgenden Ausgleich, brachte Luisa Sturm ihr Team noch ein letztes Mal in Führung (5:4/ 10.). Nachdem Anne Hubinger beim Stand von 5:5 einen Siebenmeter an die Lattenunterkante gehämmert hatte, drehte sich die Partie nachhaltig.

“Gerade in den ersten Minuten haben wir das gut gemacht, haben mutig und frech gespielt. Aber dann haben wir den Faden verloren, einen Konter nach dem anderen bekommen, damit wurde der Abstand größer und größer. Das hat Skopje ganz souvrän runtergespielt”, fasst Torhüterin Katja Kramarczyk den Spielverlauf zusammen.

So setzte es beim Stand von 8:11 innerhalb von fünf Minuten sechs Gegentreffer (8:17/ 25.), was nur ein erster Vorgeschmack darauf war, was über den HCL noch hereinbrechen sollte. Die erste 10-Tore-Differenz (9:19) war in der 27. Minute aktenkundig, und der Pausenstand von 9:22 bot wenig Anlass zur Hoffnung.

Emely Theilig (#37, HCL) geht es an den Kragen. Foto: Jan Kaefer
Emely Theilig (#37, HCL) geht es an den Kragen. Foto: Jan Kaefer

Die zweite Häfte ist schnell erzählt: Der Rückstand wuchs. Und wuchs. Und sah beim Endstand von 22:45 alles andere als optimal aus. Trotzdem gab es Lichtblicke – zum Beispiel der Auftritt von Julia Weise. Die 16-Jährige versenkte in den letzten 17 Spielminuten gleich vier Siebenmeter, als wäre das die einfachste Übung der Welt, und legte zudem noch einen Feldtreffer nach. Gemeinsam mit der immerhin “schon” 20-jährigen Nele Reimer ging sie damit als beste Leipziger Werferin in die Statistik ein.

“Wir waren heute deutlich schwächer, hatten einfach nicht die Qualität und Quantität auf dem Spielfeld”, redete Kapitänin Kramarczyk Klartext. “Aber unsere jungen Spieler, haben das heute echt gut gemacht. Man muss ja mal sehen, dass die zum Teil erst 16 Jahre alt sind und noch nie ein internationales Spiel gemacht haben. Dafür haben sie es sehr gut gelöst”. Als Gruppenletzter hat sich der HCL nunmehr aus dem Rennen in der Königsklasse verabschiedet und setzt seinen internationalen Weg im EHF-Cup fort.

Cool und sicher: Die erst 16-jährige Julia Weise versenkte nervenstark vier Siebenmeter und setzte noch ein Feldtor drauf. Foto: Jan Kaefer
Cool und sicher: Die erst 16-jährige Julia Weise versenkte nervenstark vier Siebenmeter und setzte noch ein Feldtor drauf. Foto: Jan Kaefer

“Wir starten im EHF-Cup – in der Gruppenphase – bei Null. Es ist für uns eine tolle Möglichkeit, noch einmal komplett neu in einen Wettbewerb zu gehen”, freut sich Kramarczyk auf diese neue Chance. “Da werden wir wieder richtig Gas geben und hoffen, dass wir über viele Siege die Leute auch wieder in die Halle holen können. Wir wollen zeigen, dass wir eine richtig gute Mannschaft sind”.

Auf Kramarczyk, Lang und Hubinger wartet zunächst aber eine ganz andere Herausforderung: Sie reisen mit der Nationalmannschaft nach Schweden, wo sie Deutschland bei der Europameisterschaft (4.-18. Dezember) vertreten werden. Die nächste HCL-Partie steigt erst am 28. Dezember um 19 Uhr bei den “Vipers” in Bad Wildungen.

Für Nationaltorhüterin Katja Kramarczyk hielt sich der Spaß in Grenzen. Foto: Jan Kaefer
Für Nationaltorhüterin Katja Kramarczyk hielt sich der Spaß in Grenzen. Foto: Jan Kaefer

Die Statistik zum Spiel

HC Leipzig vs. HC Vardar Skopje 22:45 (9:22)
Handball, Champions League (Frauen), Gruppenphase

HC Leipzig: Kramarczyk, Kurzke, Roth – Reimer (5), Weise (5/4), Hubinger (4/1), Sturm (4), Theilig (3), Rode (1), Einarsdottir, Mazzucco. Trainer: Norman Rentsch.
HC Vardar Skopje: De Oliveira, Leynaud – Lacrabere (9), Lekic (6), Radicevic (5), Covic (4), Lazovic (4), Ristovska (4), Damnjanovic (3), Herrem (3), Khmyrova (3), Ilyina (2), Mavsar (2), Klikovac. Trainer: David Davis.

Schiedsrichter: Peter Brunovsky/ Vladimir Canda (Slowakei). Zwei-Minuten-Strafen: HCL 3x (Sturm, Rode, Einarsdottir), Skopje 3x (Covic, Lazovic, Khmyrova). Siebenmeter: HCL 5/4 (Weise 4/4, Hubinger 1/0), Skopje 4/4. Zuschauer: 889 in der Arena Leipzig.

Mehr Infos zur CL-Gruppenphase:
www.ehfcl.com/women/2016-17/rounds/2/Group+Matches

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