Wieder nicht. Auch im Jahr 2016 können die Handballerinnen des HC Leipzig ihrer Vereinschronik keinen weiteren Meistertitel hinzufügen. Am letzten und entscheidenden Spieltag gingen die Leipzigerinnen am Samstag in der ausverkauften Salza-Halle mit elf Toren förmlich unter und beenden die Saison somit auf dem 3. Tabellenplatz. "So gewinnst du kein Finale", war HCL-Kapitänin Katja Kramarczyk vor allem vom desolaten Auftritt ihres Teams in der 2. Halbzeit enttäuscht.

Dieses Datum steht wie in Stein gemeißelt: Am 10. Oktober 2012 hatte der HCL den letzten Sieg über den Thüringer HC gefeiert. Das ist verdammt lange her. Und es hätte kaum einen besseren Anlass als das faktische Meisterschaftsfinale geben können, um diesen Bock im 13. Versuch endlich umzustoßen.

“Wir waren wahnsinnig froh, dass wir dieses Finale überhaupt spielen durften, denn wer hätte das vor zwei, drei Monaten gedacht”, so Torfrau Kramarczyk. “Wir waren gut vorbereitet, hatten uns viel vorgenommen, wollten das Finale ganz groß gestalten und dem THC alles abverlangen”. Die Blau-Gelben demonstrierten Einheit, sogar die verletzten Spielerinnen saßen in kompletter Spielkleidung auf der Bank, und das Trikot der nicht anwesenden Michelle Urbicht wurde aufgehängt.

Abwehraktion von Luisa Schulze (#13, HCL). Foto: Jan Kaefer
Abwehraktion von Luisa Schulze (#13, HCL). Foto: Jan Kaefer

Vor ohrenbetäubender Kulisse startete Leipzig selbstbewusst, führte mit 2:5 (9.). Auch als nach einigen Fehlern der THC mehrmals ausgleichen konnte, blieb der Kopf zunächst oben. Nach einer Viertelstunde lag der HCL mit seiner 7:8-Führung voll auf Meisterkurs. Dass dies die letzte Leipziger Führung der Partie sein würde, ahnte da noch niemand.

Doch nun sackte das Team in eines der gefürchteten Leistungslöcher. Zehn lange  Minuten ohne eigenen Torerfolg vergingen, die der Titelverteidiger nutzte, um mit 11:8 (24.) auf Abstand zu gehen. Zur Halbzeit lag der THC mit 13:11 zwar weiterhin vorn, aber noch immer in Leipziger Schlagdistanz. “Zwei Tore sind im Handball gar nichts”, waren sich Kramarczyk und ihre Mannschaft zum Pausentee bewusst.

Danick Snelder (#14, THC) blockt einen Wurfversuch von Anne Hubinger (#17, HCL). Foto: Jan Kaefer
Danick Snelder (#14, THC) blockt einen Wurfversuch von Anne Hubinger (#17, HCL). Foto: Jan Kaefer

Was dann in den ersten zehn Minuten nach Wiederanpfiff in den Köpfen der HCL-Akteure passierte, können wahrscheinlich nur Sportpsychologen einigermaßen erklären. Kurz: Die Blau-Gelben waren völlig von der Rolle. Sie agierten nervös und unsicher, schluckten einen Treffer nach dem anderen. Und als dann auch noch THC-Keeperin Dinah Eckerle ins leere HCL-Tor zum 20:13 (40.) traf, waren die Leipziger Meistermessen endgültig gesungen.

Die restliche Spielzeit konnte es nur noch darum gehen, nicht völlig an die rote Wand gespielt zu werden. Das gelang nicht wirklich. In der 52. Minute war beim 26:16 der erste zweistellige Abstand aktenkundig, und das 30:19 aus der 59. Minute sah auch optisch an der Anzeigetafel schlichtweg deprimierend aus. Nach dem Schlusspfiff hatten nur die Thüringer gut Lachen, die frenetisch ihren sechsten Titel in Folge feierten.

Franziska Mietzner (#6, HCL) wird beim Wurf von Crina Pintea (#11, THC) attackiert. Foto: Jan Kaefer
Franziska Mietzner (#6, HCL) wird beim Wurf von Crina Pintea (#11, THC) attackiert. Foto: Jan Kaefer

“Wir haben keinen Schlüssel gefunden, um im Angriff zu guten Abschlüssen zu kommen. Die THC-Abwehr war sehr aggressiv, wir haben teilweise von zehn Metern werfen müssen. Und unsere Abwehr stand einfach nicht so sattelfest wie wir es gebraucht hätten”, lautete das Fazit von Kapitänin Kramarczyk, mit Tränen in den Augen. “Man muss mit allem Respekt  sagen, dass der THC heute ganz klar die bessere Mannschaft war”.

Für die Schmach von Bad Langensalza können sich die HCL-Handballerinnen bereits am kommenden Freitag (20. Mai) selbst rehabilitieren. Im Final-4-Halbfinale treffen sie um 18 Uhr in der heimischen Arena erneut auf den Thüringer HC.

Emotion pur: THC-Trainer Herbert Müller. Foto: Jan Kaefer
Emotion pur: THC-Trainer Herbert Müller. Foto: Jan Kaefer

Die Statistik zum Spiel

Thüringer HC vs. HC Leipzig 31:20 (13:11)
Handball, 1. Bundesliga (Frauen), 26. Spieltag

Thüringer HC: Krause, Eckerle (1) – Reshetnikova (1/1), van de Wiel (1), Scheffknecht (7), Frey (1), Pintea, Schmelzer (3), Snelder (3), Luzumova (3), Engel (3), Blase, Huber (5/2), Wohlbold (3). Trainer: Herbert Müller.
HC Leipzig: Kramarczyk, Kurzke, Roth – Mazzucco (1), Mietzner (1), Hertlein, Schulze, Kudlacz-Gloc (4), Hubinger (4), Lang (5), Diehl (1), Reimer, Minevskaja (4/3), Reißberg. Trainer: Norman Rentsch.

Schiedsrichter: Fabian Baumgart/ Sascha Wild. Siebenmeter: THC 3/3 (Huber 2/2, Reshetnikova 1/1), HCL 4/3 (Minevskaja 4/3). Zwei-Minuten-Strafen: THC 4x (Frey, Engel, 2x Snelder), HCL 5x (Mietzner, Hertlein, Schulze, Hubinger, Lang). Zuschauer: 1.100 (ausverkauft) in der Salza-Halle, Bad Langensalza.

Der Thüringer HC und der Meisterpokal leben nun schon seit sechs Jahren in einer festen Beziehung. Foto: Jan Kaefer
Der Thüringer HC und der Meisterpokal leben nun schon seit sechs Jahren in einer festen Beziehung. Foto: Jan Kaefer

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http://hbf-info.de

 

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