Spitzenspiele in der Handball-Bundesliga der Frauen sind auch nicht mehr das, was sie einmal waren. Statt Spannung und knapper Kiste, spielte der Titelverteidiger Thüringer HC die Gäste vom HC Leipzig förmlich an die Wand und wieder zurück. Eine Niederlage mit minus 17 Toren dürfte in der HCL-Geschichte bisher vergeblich zu suchen sein. Dass Leipzig dem THC im Kampf um die Meisterschaft nun noch gefährlich werden könnte, scheint unwahrscheinlich.
Die Spannung ist raus aus dem Titelrennen – und dabei hat die Meisterrunde noch nicht mal begonnen. Zwei Spieltage vor dem Ende der Hauptrunde trennen den Tabellenführer THC schon sechs Punkte und ein dramatisch besseres Torverhältnis vom Zweitplatzierten HC Leipzig. Dass sich die Thüringer diese dicke Wurst noch aus dem Brötchen ziehen lassen, dürften nach der Vorführung am Mittwoch wohl selbst die größten Optimisten bezweifeln. Das Wunder von Bern, das Sommermärchen, Ostern und eine ganz seltene Planetenkonstellation müssten dafür gemeinsame Sache machen.
In der mit 1.100 Zuschauern ausverkauften Salza-Halle, ging der HCL voller Tatendrang ins Rennen. Mit ihrer offensiven 3-3-Deckung schienen sie die Gastgeber zunächst verunsichert zu haben. Nach anderthalb Minuten führte Leipzig daher mit 0:2 und weckte bei den mitgereisten Fans die Hoffnung auf ein spannendes Spiel auf Augenhöhe. Doch diese Aufbruchstimmung hielt nicht lange vor. Die agile Thüringerin Alexandrina Barbosa glich kurz darauf mit einem Doppelschlag aus. Zwar schaffte Saskia Lang im Gegenzug mit ihrem 2:3 die erneute Führung, doch das sollte die letzte im gesamten Spiel sein – es waren gerade einmal vier Minuten vorbei.
Erneut war es Barbosa – die mit elf Feldtoren brillierte – die zum 5:4 (8.) traf und damit die erste THC-Führung des Tages fabrizierte. Von da an wuchs der Thüringer Vorsprung unaufhaltsam in die Höhe. Zum einen verstand es der THC, die Lücken, die eine offensive Abwehr zwangsläufig bietet, effektiv auszunutzen. Zudem verwandelten sie zahlreiche einfache Würfe aus dem Rückraum, weil auch Melanie Herrmann im HCL-Kasten einen rabenschwarzen Tag erwischte. Maike März auf der Gegenseite wiederum trieb die Leipzigerinnen mit ihren Paraden zur Verzweiflung – sofern die Gäste überhaupt zum Abschluss kamen.
Nach 19 gespielten Minuten lag der HCL beim 14:6 bereits acht Tore hinten – sieben Minuten später waren es dann schon zehn (19:9/ 26.). Einige Netzwackler danach, verabschiedeten sich beide Team mit genau dieser Differenz auch in die Halbzeitpause (22:12).
Wahrscheinlich wäre es besser gewesen, wenn der HCL diese Gelegenheit genutzt hätte, sich still und heimlich mit dem Mannschaftsbus aus dem Staub zu machen. Doch sie kehrten aufs Parkett zurück und wurden demontiert bis nichts mehr übrig blieb. Das Desaster in Kurzform: 28:14 (39.) – der THC hat doppelt so viele Treffer wie Leipzig, 30:17 (44.) – eine Viertelstunde vor Schluss wird die magische 30 vollgemacht, 40:23 (52.) nur acht Minuten später sind es schon 40 Gegentreffer und bereits 17 (!!!) Tore Unterschied. Der stand auch nach der Schlusssirene zu Buche. 45:28 – was für ein abgefahrenes Resultat.
Bereits das letzte Punktspiel in Oldenburg hatten die HCL-Frauen mit zehn Minustreffern glanzlos aus der Hand gegeben. Nun folgte beim Thüringer HC der sportliche Offenbarungseid. Es wäre aus Leipziger Sicht wünschenswert, ein Mittel gegen diesen destruktiven Trend zu finden. Denn auch wenn die Meisterschaft gerade wie die sprichwörtlichen Felle davonschwimmt, ist zumindest die Chance auf den Pokalsieg intakt. Mit einer Leistung wie der aus den letzten beiden Spielen wird allerdings auch in diesem Wettbewerb kein Blumentopf zu gewinnen sein…
Thüringer HC vs. HC Leipzig 45:28 (22:12)
1. Bundesliga, Frauen, 20. Spieltag
Thüringer HC: Krause, Eckerle, März – Nadgornaja (5), Frey (5), Smeets (1), Snelder (4), Luzumova (7), Engel (2), Blase, Mietzner (2), Huber (8/3), Barbosa (11). Trainer: Herbert Müller.
HC Leipzig: Herrmann, Roth – Visser (2/1), Mazzucco (4), A.Müller (2), Bont, Schulze, Kudlacz (7), Hubinger (6), Lang (2), S.Müller (2), Rösike, Reimer (3). Trainer: Max Berthold/ Wieland Schmidt.
Schiedsrichter: Fabian Baumgart/ Sascha Wild. Siebenmeter: THC 3/3 (Huber 3/3), HCL 1/1 (Visser 1/1). Zwei-Minuten-Strafen: THC 4x (Frey, Snelder, 2x Nadgornaja), HCL 3x (Hubinger, 2x Schulze). Zuschauer: 1.100 in der Salza-Halle, Bad Langensalza (ausverkauft).
Mehr Informationen:
Offizielle Website der Handball Bundesliga Frauen
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