Acht Spieltage lang hatte der HC Leipzig die Bundesliga dominiert. Am Mittwoch stoppte Titelverteidiger Thüringer HC diesen Lauf. Vor der Rekord-Kulisse von 4.361 Zuschauern in der Arena, musste der HCL eine 24:28-Niederlage einstecken. Nach einem lange Zeit spannenden und ausgeglichenen Spiel, leisteten sich die Gastgeberinnen Mitte der zweiten Halbzeit eine zehnminütige Schaltpause. Diese nutzte der THC zur Vorentscheidung.
Gipfeltreffen in der 1. Handball-Bundesliga der Frauen. Der Erste empfing den Zweiten – Leipzig gegen Thüringen. An den bisherigen acht Spieltagen hatten sich beide Teams nahezu schadlos gehalten. Nur der THC musste ein einziges Pünktchen abgeben. Bei einem Sieg in Leipzig würden sie also die Tabellenspitze übernehmen. Rund 250 thüringer Fans begleiteten ihre Mannschaft zu diesem mitteldeutschen Derby.
Die Voraussetzungen für die beiden Liga-Favoriten waren jeweils nicht ideal. Auf Leipziger Seite fehlten verletzungsbedingt mit Anne Müller und Luisa Schulze gleich beide Stamm-Kreisspielerinnen sowie Anne Hubinger im Rückraum. Der THC wiederum musste mit Nadja Nadgornaja auf eine zentrale Figur verzichten und ebenfalls auf Routinier Anja Althaus. Zudem kamen die darüber hinaus vorhandenen Nationalspielerinnen beider Top-Teams erst am Vorabend von ihrer kräftezehrenden Euro-Quali-Reise zurück.
Von Müdigkeit war mit dem Anpfiff allerdings nichts zu spüren. Ein hellwacher Auftakt mit rasanter Geschwindigkeit ließ auf einen großartigen Handball-Abend hoffen. Zunächst landete jeder Wurf im Schwarzen, so dass es nach genau drei Minuten und siebzehn Sekunden beim 3:3 schon sechsmal “geklingelt” hatte. Die Gäste legte jeweils vor, Leipzig zog nach. Erst als Augsburg, Szwed-Ørneborg und Visser mit einer Mini-Serie aus dem 3:4 ein 6:4 (9.) gemacht hatten, durfte die erste HCL-Führung bejubelt werden.
Eine daraufhin von den Thüringern eingelegter Timeout, zeigt zunächst keine Wirkung. Der HCL konnte beim 7:5 (11.) seine Zwei-Tore-Führung behaupten. Daraufhin tauschte – der wegen seiner gar zu emotionalen Art nicht in allen Hallen wohlgelittene – THC-Trainer Herbert Müller seine Torhüterin Jana Krause gegen Maike März aus und bewies damit ein goldenes Händchen.
Auf dem Feld allerdings begann nun die von den Thüringern im Sommer verpflichtete spanische Nationalspielerin Alexandra Cabral Barbosa aufzublühen. Beim 7:7 und 8:8 (beides 15.) stellte sie jeweils den Ausgleich her und leitete – nachdem der HCL wieder auf 10:8 (16.) weg zog – mit zwei weiteren Treffern die Aufholjagd des THC ein. Leipzig zeigte nun erstmals Nerven, verzweifelte an THC-Keeperin März. In sechs torlosen HCL-Minuten, parierte die Eingewechselte gleich fünf Würfe. Die Folge: Leipzig gab die Führung wieder her (10:12/ 22.).
Kurz vor der Halbzeit schien sich das Blatt abermals wenden zu können. Kudlacz hatte für den HCL mit zwei Toren zum 12:12 (26.) ausgleichen können. Gleichzeitig musste Snelder für zwei Strafminuten auf die Bank – der HCL in Überzahl. Doch er ließ die große Möglichkeit liegen. Nach einem gehaltenen Müller-Wurf fällt im Gegenzug der sogar das 12:13 (28.) und nun musste auch Leipzigs Mazzucco für zwei Minuten runter. Die Thüringer – nun wieder komplett – waren da effektiver und erhöhten bis zum Pausentee auf 12:15.
In der Kabine fand HCL-Coach Ørneborg offenbar ein paar richtige Worte, denn mit Wiederbeginn drängte seine Truppe auf die Wende. Visser und Augsburg stellten schnell den 14:15-Anschluss her (33.) und Thüringens Wohlbold zwei Minuten von der Platte. Da war sie wieder, die Chance, in Überzahl das Spiel zu drehen. Aber erneut wollte das einfach nicht gelingen.
Den letzten Hoffnungsfunken auf eine weiterhin fleckenlose HCL-Weste, enzündete Visser mit ihrem 16:17-Anschlusstreffer in der 36. Minute. Unmittelbar danach allerdings tat sich ein großes und schwarzes Loch auf, in das der HC Leipzig – mit allem was er hatte – hineinstürzte. Zehn Minuten Schaltpause, mit einer Torbilanz von 1:7 Treffern, brachten einen uneinholbaren 17:24-Rückstand ein (46.). In einem ähnlichen Zeitfenster hatte der HCL zuletzt schon im Champions-League-Heimspiel gegen Sävehof (0:6 Tore in sechs Minuten) alle Chancen verspielt.
Diese Führung ließ sich der Thüringer HC nicht mehr vom Brot nehmen. Bissig – zuweilen auch giftig – verteidigten sie mit Händen und Klauen den in Aussicht stehenden Sieg und den damit verbundenen Sprung an die Tabellenspitze. 24:28 hieß es am Ende.
“Es hat nicht dafür gereicht, uns 60 Minuten durchzusetzen, da war Thüringen besser.”, gestand Isa-Sophia Rösike ein. “Der THC ist in der zweiten Welle konsequenter durchgegangen, wir haben es da manchmal nicht geschafft, sie zu stoppen.” Die 19-Jährige hatte sich mit Szwed-Ørneborg am Kreis abgewechselt und kam auf dieser Position erstmals zu einem längeren Einsatz. “In so einer vollen Halle zu spielen, macht immer Gänsehaut, das war ein unbeschreibliches Gefühl.”, schwärmte sie von der prächtigen Atmosphäre in der Arena.
Ohne Luftholen geht es für Rösike und ihr HCL-Team weiter. Schon am Sonntag (Anwurf 18:00 Uhr) stehen sie in Schweden erneut dem IK Sävehof gegenüber. Ein Erfolgserlebnis wäre nicht nur für die Seele gut, sondern auch für das Ziel, den Sprung in die Champions-League-Hauptrunde doch noch zu schaffen.
HC Leipzig vs. Thüringer HC 24:28 (12:15)
1. Bundesliga, Frauen, 9. Spieltag
HC Leipzig: Herrmann, Plöger – Visser (5), Mazzucco, Augsburg (3), Bont (1), Kudlacz (3), Lang (4), Szwed-Ørneborg (5/1), S.Müller (3), Urbicht, Sturm, Rösike. Trainer: Thomas Ørneborg.
Thüringer HC: Krause, März – Frey (7/4), Gros, Smeets, Snelder (1), Luzumova (2), Engel, Blase, Mietzner (2), Jakubisova (6), Wohlbold (2), Barbosa (8). Trainer: Herbert Müller.
Schiedsrichter: Christoph Immel/ Ronald Klein, Siebenmeter: HCL 1/1 (Szwed-Ørneborg 1/1), THC 4/4 (Frey 4/4), Zwei-Minuten-Strafen: HCL 2x (Mazzucco, S.Müller), THC 2x (Snelder, Wohlbold), Zuschauer: 4.361 in der Arena Leipzig.
Keine Kommentare bisher