Dass es der HC Leipzig nach der nur knappen Hinspielniederlage dennoch schaffen würde, ins Achtelfinale des Cupwinners Cups einzuziehen, damit haben die meisten Fans wohl gerechnet. Wie die Madsen-Truppe ihren Gegner aus Toulon dann aber nach Strich und Faden auseinander nahm, dürfte selbst die größten Optimisten erstaunt und begeistert haben. So feierten die 3.341 Zuschauer ihr Team bereits fünf Minuten vor dem Abpfiff mit stehenden Ovationen.

Besonders die Leipziger Defensivleistung stand nach dem vor Wochenfrist mit 28:31 verloren gegangenen Hinspiel in der Kritik. Am Sonntag war davon nichts mehr zu sehen. Konzentriert und kompromisslos packten sie hinten zu, und im Tor angelte Katja Schülke sich einen Wurf nach dem anderen. “Wir haben einfach noch mal Abwehrtraining gemacht”, verriet Anne Müller das Geheimnis des Wandels. So einfach kann’s sein.
“Wir hatten uns viel vorgenommen und wollten von Anfang an viel Druck machen”, so Müller. Dieser Plan ging vollständig auf. Leipzig stand sofort unter Strom, während Toulon noch nicht mal die Steckdose gefunden zu haben schien. Drei Minuten – drei Tore, schon kurz nach Spielbeginn hatte der HCL den aus Frankreich mitgebrachten Rückstand wett gemacht. Und ab der 5. Minute – als Anne Hubinger zum 4:1 traf – war Leipzig jederzeit für die nächste Runde qualifiziert. Als besonders torhungrig in der ersten Hälfte erwies sich Maura Visser, die aus allen Lagen traf. Beim Stand von 8:3 (12.) hatte sie bereits viermal eingenetzt. Am Ende war sie mit sieben Toren die treffsicherste Leipzigerin.

Der Pausentee durfte beim Zwischenstand von 16:9 genossen werden. Er schien die Batterien der Gastgeberinnen wirksam aufgeladen zu haben, denn nach Wiederbeginn zuckte der Leipziger Blitz erneut mit voller Stärke über das Spielfeld. Wieder starteten die Blau-Gelben mit einer Dreier-Serie und bauten ihren Vorsprung erstmals auf 10 Tore aus (19:9/35.). Die Französinnen fanden nach wie vor kein Gegenmittel, reagierten ruppig und lamentierten mit den Schiedsrichtern. Besonders Toulon-Coach Thierry Vincent schien der Spielleitung so einiges mitzuteilen zu haben. Dafür sah er bereits in der ersten Halbzeit Gelb, kassierte in der zweiten Halbzeit zunächst eine Zeitstrafe und wurde schließlich per Rot der Bank verwiesen.

Dem Spiel seiner Mannschaft half das nicht weiter, näher als 8 Tore sollten sie nie wieder an den HCL herankommen können. Das nervte offenbar auch Toulons Torjägerin Mwasesa (7 Tore), die mit blanken Nerven auf HCL-Keeperin Katja Schülke losging (47.) und fortan bei jedem Ballkontakt vom Publikum mit einem gellenden Pfeifkonzert bedacht wurde. 29:18 hieß es am Ende, was für viele strahlende Gesichter in der Arena sorgte. Eines davon gehörte Marlene Windisch, die vier Minuten vor dem Ende ihre Einsatzchance bekam und sich direkt mit einem wunderschönen Tor dafür bedankte. “Es war heute rundum eine geile Stimmung”, strahlte sie, “ich habe mich einfach mega über meinen Einsatz gefreut, und der Treffer war das i-Tüpfelchen!”.
“Jeder war besser als letzte Woche”, analysierte Maura Visser nach der Partie und hatte auch gleich den Grund dafür parat: “Wenn es um etwas geht, und wir spielen in unserer Arena, da packen wir noch extra was drauf!” Das wäre auch im Achtelfinale wichtig, dass am Dienstag in der Wiener EHF-Zentrale ausgelost wird. Unter den möglichen Gegner des HC Leipzig tummelt sich auch der amtierende deutsche Meister Thüringer HC.

Ein Heimspiel in der Arena wird es für den HCL allerdings erst im neuen Jahr wieder geben, denn nun sind alle Handball-Augen auf die Europameisterschaft gerichtet. Mit Katja Schülke, Anne Müller, Natalie Augsburg, Saskia Lang und Anne Hubinger stehen dann auch fünf Leipzigerinnen für Deutschland auf dem Parkett.
Cupwinners Cup, 3. Runde:
HC Leipzig vs. Toulon Saint Cyr Var Handball 29:18 (16:9)

HC Leipzig: Schülke, Plöger – Visser (7/1), Augsburg, Müller (2), Reiche (1), Kramer, Bont (2), Schulze (2), Kudlacz (6/3), Lang (5), Hubinger (3), Windisch (1). Trainer: Stefan Madsen.
Toulon: Santana Oliveira – Flognman, Goiorani (1), Gaudefroy (3), Mwasesa (7), Herbrecht (4/3), Bettacchini, David, Catani, Araujo (1), Abdourahmi, Deroin, Islas Helgesson (2). Trainer: Thierry Vincent.

Schiedsrichter: Alexey Kiyashko/ Dmitriy Kiselev (beide Russland). Siebenmeter: HC Leipzig 6/4 (Visser 3/1, Kudlacz 3/3), Toulon 5/3. Zwei-Minuten-Strafen: HC Leipzig 4x (Augsburg, Bont, Schulze, Hubinger), Toulon 3x (Goiorani, Mwasesa, Herbrecht). Zuschauer: 3.341 in der Arena Leipzig.

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