Schon in der ersten Begegnung der diesjährigen Final4 haben die Handballerinnen des HC Leipzig alle Chancen auf den Pokalsieg verspielt. Gegen den VfL Oldenburg konnte das Madsen-Team eine fünf Tore-Führung neun Minuten vor dem Ende nicht über die Runden bringen und verlor schließlich unglücklich im Siebenmeterwerfen.

“Das ist nicht zu verstehen. Mir fehlen noch die Worte”, rang HCL-Manager Kay-Sven Hähner kurz nach dem bitteren Pokal-Aus um Fassung. Zu klar hatten seine Leipzigerinnen – vor allem in der zweiten Halbzeit – das Geschehen dominiert. Doch in den letzten Spielminuten knüpften sie wieder an die wenig überzeugende Leistung zu Beginn der Partie an.

Die 1:0-Führung durch Saskia Lang war schnell futsch und selbst beste Chancen wurden reihenweise vergeben. So scheiterten innerhalb der ersten zehn Minuten sowohl Maura Visser als auch Mette Ommundsen vom Siebenmeterpunkt. Zudem beorderte HCL-Coach Madsen Louise Lyksborg bereits nach sechs Minuten auf die Reservebank, nachdem sie drei Anläufe benötigt hatte, um eine ihrer hundertprozentigen Möglichkeiten endlich im Oldenburger Kasten unterzubringen. Als Natalie Augsburg in der 11. Minute den 4:5-Anschluss erzielte, standen den vier Treffern ganze acht Fehlwürfe gegenüber.

Erschwerend kam hinzu, dass es nicht nur im Angriff hakte, sondern auch das eigentliche Prunkstück Abwehr zu leicht zu überwinden war. Vor allem Lois Abbingh, die gleich fünf der ersten neun Oldenburger Tore erzielte, schlug immer wieder aus dem Rückraum zu. Damit trug sie maßgeblich dazu bei, dass die Niedersachsen zwischenzeitlich vier Tore vorn lagen (7:11/ 19.).
Dann endlich meldete sich der HCL im Pokalfight zurück. Innerhalb von gerade einmal zwei Minuten zelebrierten die Gelben eine Vier-Tore-Serie und urplötzlich war beim 11:11 (22.) wieder alles offen. Die Druckphase wurde wenig später – erstmals seit dem 1:0 – wieder einmal mit der Führung belohnt (14:13/ 24.). Nicht zufällig hieß die Torschützin Karolina Kudlacz, die sich fortan zur besten Spielerin im Leipziger Trikot steigerte. Als dann kurz vor der Halbzeit – beim Stand von 15:14 – Angie Geschke einen Siebenmeter weit über den HCL-Kasten drosch, schien Oldenburg ernsthaft Nerven zu zeigen. Die ebenfalls sehr starke Anne Müller bedankte sich mit mit dem 16:14 (29.), was aus Leipziger Sicht ein optimistisch stimmender Halbzeitstand hätte sein können. Dass er es nicht wurde, war einer Schlafeinlage in der Hintermannschaft geschuldet, die Maike Schirmer – quasi mit der Pausensirene – den Anschluss gestattete.

Aus der Kabine kehrten die Leipzigerinnen jedoch wie verwandelt zurück. Keine Spur mehr von Unkonzentriertheit oder Zögerlichkeit. Die Abwehr stand astrein und im Angriff purzelten – trotz einer zunächst weiterhin bestehenden Manndeckung für Regisseurin Maura Visser – die Tore. In einem nun hochklassigen und sehr schnellen Spiel, setzte sich der HCL gleich viermal mit fünf Toren ab. Zuletzt gelang das in der 51. Minuten, als wieder einmal Karolina Kudlacz mit traumwandlerischer Sicherheit und raffinierter Wurfvariante einen ihrer zahlreichen Siebenmeter zum 28:23 verwandelte.

Trotz – oder gerade wegen? – der komfortablen Führung geschah in der Schlussphase nun das, wofür HCL-Manager Hähner die Worte fehlten. Vorn ging kaum noch eine Kugel in die Maschen (3x), wogegen Katja Schülke auffallend oft hinter sich greifen musste (8x). Ein nüchternes 31:31 – erzielt durch einen Oldenburger Strafwurf 31 Sekunden vor Schluss – stand am Ende zu Buche. Die Entscheidung musste also im Siebenmeterwerfen fallen.

Bis zum 2:2 lagen da beide Teams gleichauf. Für Leipzig traf neben der sowieso sicheren Karolina Kudlacz auch Ania Rösler, die im Spiel überhaupt gar nicht im Einsatz gewesen war. Im dritten Durchgang jedoch geriet der HCL auf die Verliererstraße. Oldenburg, das jeweils vorlegen musste, traf zum 3:2 und Saskia Lang, eigentlich mit einer beeindruckenden Wurfkraft ausgestattet, zielte direkt auf Torfrau Julia Renner, die die kleine gelbe Kugel unter sich begrub. Oldenburg gab sich auch bei seinen letzten beiden Würfen keine Blöße und gewann in der Gesamtabrechnung mit 34:36. Damit stehen sie am heutigen Sonntag gegen Bayer Leverkusen im Finale um den DHB-Pokal.

Für den HC Leipzig bleibt nur das ungeliebte Spiel um Platz 3. Gegner dort wird Buxtehude sein, auf das der HCL in der kommenden Woche gleich noch zweimal treffen wird. Dann im Rahmen des Playoff-Halbfinales um die Deutsche Meisterschaft. “Wir müssen jetzt erstmal die Emotionen verarbeiten und schnell wieder aufstehen”, sagt Kay-Sven Hähner mit Blick auf diese wichtigen Spiele.
HC Leipzig: Katja Schülke, Julia Plöger – Rannveig Haugen, Maura Visser (2/1), Louise Lyksborg (3), Natalie Augsburg (4), Anne Müller (5), Luisa Schulze (1), Karolina Kudlacz (9/7), Ania Rösler (1/1), Saskia Lang (4), Anne Hubinger (2), Mette Ommundsen (3). Trainer: Stefan Madsen.
VfL Oldenburg: Julia Renner, Tess Wester – Anna Badenhop (1), Kim Birke (1), Maike Schirmer (1), Julia Wenzl (1/1), Lois Abbingh (9/3), Laura van der Heijden (6/1), Wiebke Kethorn (7), Sabrina Neuendorf (7/5), Angie Geschke (3/1), Birthe Barger, Jennifer Winter. Trainer: Leszek Krowicki.

Schiedsrichter: Fabian Baumgart/ Sascha Wild. Zwei-Minuten-Strafen: HC Leipzig 2x (1x Augsburg, 1x Visser), Oldenburg 1x (1x van der Heijden). Siebenmeter: HC Leipzig 12/9 (Visser 2/1, Ommundsen 1/0, Kudlacz 7/7, Rösler 1/1, Lang 1/0), Oldenburg 13/9 (Wenzl 1/1, Abbingh 3/2, van der Heijden 1/1, Neuendorf 5/4, Geschke 3/1). Ort: EWS-Arena Göppingen.
Halbfinale:
HC Leipzig – VfL Oldenburg 34:36 nach 7m-Werfen
Bayer Leverkusen – Buxtehuder SV 30:25

Spiel um Platz 3:
HC Leipzig – Buxtehuder SV (29. April, 13:00 Uhr)

Pokalfinale:
VfL Oldenburg – Bayer Leverkusen (29. April, 15:00 Uhr)

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