Die BSG Chemie hat die Statistik wieder gerade gezogen. Nach der in dieser Höhe nicht wirklich erwarteten 0:3-Auftaktniederlage bei Hertha BSC II, haben die Leipziger nun bei der Heimpremiere am Sonntag die ersten drei Punkte erarbeitet. Das ist vor allem auch deshalb bemerkenswert, da der Gegner Viktoria Berlin in der Vorwoche erst den Regionalliga-Meister Energie Cottbus in die Knie gezwungen hatte.
Die Vorfreude in Leutzsch war trotz des suboptimalen Saisonstarts riesig. Wenige Stunden vor dem Anpfiff hatte der Verein hocherfreut einen neuen Dauerkartenrekord vermeldet: 2.340 Saisontickets waren über den Ladentisch gegangen. Der Partie gegen die Berliner Viktoria wohnten schließlich knapp 4.000 Zuschauer bei. Auch wichtig: Das Wetter hielt!
Mit Trauerflor am Arm lief die Mannschaft der BSG Chemie in den Alfred-Kunze-Sportpark ein. In den letzten Tagen war der Verein von gleich drei Todesfällen erschüttert worden. Einer von ihnen war mit Torsten Kunze der Enkel des legendären Meistertrainers Alfred Kunze. Torsten Kunze hatte dem Förderverein der Leutzscher angehört und durfte nur 60 Jahre alt werden. Ihm und den beiden anderen Verstorbenen zu Ehren wurde vor dem Anpfiff eine Gedenkminute abgehalten.
Als schließlich der Ball rollte, übernahmen die Gastgeber sofort die Initiative. Die BSG wirkte wach und willig. „Wir wollten in der ersten Halbzeit vieles besser machen als in Berlin. Das hat man an der Art und Weise, wie wir in der ersten Halbzeit Fußball gespielt haben, auch gesehen. Wir haben den Gegner immer unter Druck gesetzt und keine Lösungen zugelassen“, beschrieb es Trainer Miroslav Jagatic hinterher auf der Pressekonferenz.
Die Viktoria hatte mit dem energischen Anrennen der Grün-Weißen ihre liebe Mühe. Allerdings mangelte es der BSG bei aller Überlegenheit an der nötigen Effektivität. Zu selten zischten wirklich richtig gefährliche Abschlüsse in Richtung Gästetor. Wie einfach das eigentlich gehen kann, bewies nach einer guten halben Stunde schließlich Timo Mauer.
Chemie hatte nach einem kurzen Abschlag von Viktoria-Keeper Maximilian Kinzig sofort Druck auf den Ball ausgeübt. Die Folge war ein Fehlpass der Berliner, den Florian Kirstein direkt zu Mauer abprallen ließ. Der hatte etwas Luft zu seinem Gegenspieler, fasste sich ein Herz und hielt auf halblinker Position von der Strafraumgrenze einfach drauf. Sein Schuss setzt kurz vor Kinzig noch tückisch auf und sprang über den bereits querliegenden Torhüter hinein ins lange Eck – 1:0 für Chemie Leipzig in der 35. Minute!
Der befreiende Jubel im AKS wäre drei Minuten später fast jäh verstummt. Viktoria-Kicker Metehan Yildirim tanzte im Strafraum gleich zwei, drei Chemiker elegant aus und zog zentral aus 15 Metern ab. Doch im Kasten war der bis dahin kaum beschäftigte Benjamin Bellot hellwach und schickt den Ball mit den Fingerspitzen über die Querlatte. So hatte die knappe Leipziger Führung auch zur Halbzeitpause noch Bestand.
Dass sein Team das Resultat bis zu diesem Zeitpunkt nicht schon ein bisschen klarer gestaltet hatte, ärgerte Coach Jagatic hinterher ein bisschen: „Bei so vielen Torschussmöglichkeiten musst du viel häufiger den Abschluss finden. Normalerweise musst du hier mit mindestens zwei Toren in die Halbzeit gehen“, bemängelte er. Denn natürlich wusste er auch um die Qualitäten des Gegners. „Schon zum Ende der ersten Halbzeit hat sich angedeutet, was uns in der zweiten Halbzeit erwarten kann“.
Und tatsächlich drückte Viktoria Berlin nach Wiederbeginn ordentlich auf die Tube und hatte nun deutlich mehr vom Spiel. Zudem wurde es auf dem Rasen spürbar emotionaler, was sich in mehreren Schubsereien und wilder Rudelbildung widerspiegelte. Diese sich häufenden Nicklichkeiten waren allerdings dem Spielfluss alles andere als zuträglich. Eine richtig fette Chance für die Gäste hätte in der 83. Minute allerdings fast doch noch den Ausgleich gebracht.
Eine von Diren-Mehmet Günay nach innen geschlagene Ecke fand den Kopf des erstaunlich freistehenden Falcao, der einen kraftvollen Kopfball-Aufsetzer Richtung linkes Eck schickte. Bellot hatte keine Chance einzugreifen, doch da stand ja noch Denis Jäpel neben dem Pfosten, der in höchster Not auf der Linie klären konnte – und damit den hart erkämpften 1:0-Heimsieg sicherte.
„Das haben wir gut wegverteidigt“ freute sich Chemie-Trainer Miroslav Jagatic. Allerdings waren seinem analytischen Blick auch noch ein paar Baustellen aufgefallen: „Wir müssen in der Offensive die Angriffe sauberer zu Ende spielen – oder wenn der Gegner geordnet ist, ruhiger agieren und den Ball nicht so schnell wieder herschenken.“
Das ist gerade mit Blick auf das nächste Auswärtsspiel beim FC Rot-Weiß Erfurt ein guter Rat. Bei den mit einem Sieg (2:0 gegen Hansa Rostock II) und einem Unentschieden (1:1 in Cottbus) in die Saison gestarteten Thüringern ist die BSG Chemie am Mittwoch, 16. August, um 20:20 Uhr zu Gast.
Die Statistik zum Spiel: www.fussball.de/spiel/bsg-chemie-leipzig-viktoria-berlin/…
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