Seit einem Monat ruht coronabedingt der Amateursport. Mal wieder. Davon betroffen sind auch die Landesliga-Fußballer der Kickers 94 Markkleeberg. Mit sieben Punkten aus zehn absolvierten Spielen stehen diese in der Tabelle aktuell an drittletzter Stelle. Nach einer sportlich schwierigen Phase, die vor allem in der großen Zahl an verletzten Spielern begründet lag, füllte sich der Kader zuletzt allmählich wieder.

Aufkeimende Aufbruchsstimmung im Team wurde dann allerdings von der Saisonunterbrechung gestoppt. Marko Hofmann, gemeinsam mit Christian Sund Trainer der Kickers, bedauert das aus sportlicher Sicht sehr, doch hat vollstes Verständnis für die getroffenen Maßnahmen. Die Leipziger Zeitung (LZ) sprach mit dem 37-Jährigen darüber, wie er die letzten Wochen erlebte.Herr Hofmann, kurz bevor der Sächsische Fußball-Verband (SFV) am 10. November beschlossen hatte, den Spielbetrieb ab 19.11. zu unterbrechen, hatten die Kickers Markkleeberg darum ersucht, bereits nicht zum Auswärtsspiel am 07.11. bei Dresden-Laubegast antreten zu müssen. Sie waren das einzige Team, das einen solchen Antrag stellte, was hatte Sie zu dieser Entscheidung bewogen?

Als wir uns Anfang November der Vorwarnstufe näherten, gab es die öffentlich ausgetragene Diskussion zwischen dem SFV und der sächsischen Landesregierung über die Wertigkeit des Sports. Die Landesregierung hatte gesagt, dass Amateursport für sie als private Zusammenkunft zählt – das hieß damals: maximal zehn Ungeimpfte dürfen teilnehmen.

Kurz darauf hat der SFV klargestellt, dass es aus seiner Sicht keine private Zusammenkunft sei und alle Spiele – wie angesetzt – stattfinden würden. Bis zum Freitag des darauffolgenden Wochenendes hatte sich nichts weiter getan. An dem Freitag (05.11.) hatte die sächsische Sozialministerin Petra Köpping (SPD) in einer Pressekonferenz noch einmal betont, dass Sport für sie eine private Zusammenkunft ist, wenn er nicht von Berufs wegen stattfindet. Punkt.

Daraufhin waren wir verunsichert – und auch meine Kollegen aus den anderen Vereinen, mit denen ich telefonierte, waren verunsichert. Niemand wusste, was nun tatsächlich passiert, denn der Verband hatte sich zu dem Freitagabend-Statement der Ministerin nicht noch einmal geäußert. Daher war uns nicht klar, was „zehn Ungeimpfte“ denn nun eigentlich bedeutet. Bedeutet es, zehn Ungeimpfte auf dem gesamten Sportgelände, also mit Zuschauern, Stadionsprecher, Platzwart und so weiter? Oder pro Mannschaft? Oder auf dem Spielfeld?

Wir haben darauf bis Samstag keine hinreichende Antwort erhalten und haben entschieden, dass uns das Risiko zu groß ist, zum Spiel nach Dresden-Laubegast zu fahren. Denn nachher fahren wir hin und es stellt sich raus, dass die Regelung nicht so ist, wie wir sie verstehen oder Laubegast sie anders versteht, und wir können uns nicht einigen und sind im Endeffekt knapp 250 Kilometer umsonst gefahren.

Mit diesen Gedanken im Sinn hat unser Sportvorstand Florian Schenk beim Staffelleiter angerufen. Dieser sagte, dass die Spiele grundsätzlich angesetzt blieben, aber wenn wir Bedenken wegen der aktuellen Regelungen hätten, dürften wir darum bitten, das Spiel abzusetzen. Und genau das haben wir getan, und das Spiel wurde abgesetzt.

Können Sie sagen, wie die anderen Vereine mit diesen Unsicherheiten umgegangen sind?

Nachdenklich: Coach Marko Hofmann. Foto: Jan Kaefer
Nachdenklich: Coach Marko Hofmann. Foto: Jan Kaefer

Uns ist es nach wie vor ein Rätsel, wie sich die anderen Vereine in der Sachsenliga geeinigt haben. Dahingehend habe ich nach wie vor kein gutes Gefühl. Ich habe aus anderen Ligen von Vereinen gehört, die ihr Spiel ebenfalls abgesetzt hatten, und in einem konkreten Fall gab es dann von einem Trainer aus dem Vogtland das Angebot: Lasst uns doch bei uns spielen, da kontrolliert wegen der Impferei doch sowieso keiner … Aber das kann doch wohl nicht der Weg sein!

Für die Kicker 94 waren bis zum offiziellen Stopp aber noch zwei weitere Partien angesetzt, zumindest eine davon haben Sie gespielt …

Der Verband hatte am folgenden Montag doch noch präzisiert, dass die Zahl der zulässigen Ungeimpften alle am Spieltag beteiligten Personen einschließt, also Trainer, Betreuer, Spieler, Schiedsrichter. Er bat darum, dass sich die Vereine mit ihren kommenden Gegnern absprechen, also der Heimverein den Gastverein anruft, um zu verabreden, wer wie viele Ungeimpfte mitbringt.

Das ist aber im Grunde ein Unding, denn wir als Verein müssten uns danach erkundigen, welchen Impfstatus unsere Spieler haben. Das darf ja nicht mal der Arbeitgeber! Wie also sollen wir als Verein das herausfinden? Das ist Datenschutz, und wir sollen darüber auch keine Listen führen. Du kannst also nur an die Spieler appellieren, zu sagen, wer geimpft ist. Das hat bei uns auch einigermaßen gut geklappt.

Wir spielten dann beim Bornaer SV im Sachsenpokal (13.11.) – dort war alles entspannt. Aber die Woche darauf, war beim nächsten Liga-Heimspiel am Buß- und Bettag (17.11.) gegen die SG Handwerk Rabenstein schon angezeigt, dass der Gegner selbst schon über zehn Ungeimpfte mitbringt. Wie soll man sich denn da einigen? Für uns war klar, dass unter diesen Voraussetzungen ein Spiel unter fairen sportlichen Wettkampfbedingungen nicht stattfinden kann und es wurde abgesagt.

Wie stehen Sie zu dem Argument, dass Sport unter freiem Himmel kaum Ansteckungsgefahr bietet?

Hermann Winkler hat als Präsident des Sächsischen Fußball-Verbandes darauf hingewiesen, dass man sich draußen nicht mit dem Coronavirus anstecken könne und Fußball deshalb weiterhin stattfinden solle. Das ist alles schön und gut, aber wo ziehen wir uns im November, Dezember bei Regen und fünf Grad Außentemperatur denn um? Wo machen wir die Mannschaftsansprache? Das findet ja normalerweise auch in Kabinen oder im Vereinsraum statt. Und ich weiß zumindest von Neusalza-Spremberg, einem unserer Konkurrenten, dass der Gastverein für alle seine Spieler nur eine Kabine hat und in dem Gebäude ansonsten auch kein Platz wäre für andere Dinge.

Das hat dann ja auch nichts mehr mit einer ordentlichen Spielvorbereitung zu tun, wenn ich die Spieler bei fünf Grad draußen vor das Gebäude stelle und denen eine halbe Stunde lang etwas zum spieltaktischen Vorgehen erzähle. Das muss man immer mit bedenken. Denn klar, auf dem Spielfeld passiert wahrscheinlich nichts, aber was ist beim Einlaufen der Mannschaften, wenn die durch den Tunnel laufen und warten, bis es losgeht? Was ist beim Duschen und beim Umziehen? Was ist bei Mannschaftsansprachen? Was ist beim Bier danach? Es ist einfach nicht vertretbar, unter diesen Voraussetzungen zu spielen.

Nur weil die anderen gespielt haben, heißt das ja nicht, dass wir mit unserer Entscheidung falschgelegen haben. Wenn mich jemand fragt, ich würde es wieder genauso entscheiden. Es waren einfach zu viele unbekannte Parameter. Und letztlich bist du als Trainer, Sportvorstand oder Spieler durch diese Ungewissheit vollkommen abgelenkt. Keiner weiß wie die Regularien sind, spielst du oder spielst du nicht? Du kannst dich ja gar nicht aufs Spiel konzentrieren.

Statt „auf dem Platz“, gilt es für die Markkleeberger nun wieder, sich individuell fit zu halten. Foto: Jan Kaefer
Statt „auf dem Platz“, gilt es für die Markkleeberger nun wieder, sich individuell fit zu halten. Foto: Jan Kaefer

Denken Sie, dass der Amateursport mit entsprechenden Auflagen, wie zum Beispiel einer 2G-Regelung, eigentlich doch fortzuführen gewesen wäre?

Grundsätzlich ist das Geimpftsein eine schöne Sicherheit für dich selbst – aber die komplette Sicherheit gibt letztlich nur der Geimpfte, der auch getestet ist. Denn auch wenn du geimpft bist, kannst du das Virus weitergeben.

Der Sport wird auch von denjenigen hängengelassen, die sich eben nicht haben impfen lassen und nichts dafür getan haben, dass wir zur Normalität zurückkehren können. Das gilt genauso für die Schulen oder die Kultur. Sie werden von einer Minderheit hängengelassen, die nicht bereit ist, andere zu schützen. Nehmen wir mal an, wir hätten jetzt in Mittweida gespielt und einer meiner Spieler hätte dort eine schlimme Verletzung erlitten oder wir hätten auf dem Weg einen schweren Verkehrsunfall gehabt – in Mittweida und Umgebung wären dafür gar keine Intensivbetten mehr frei gewesen!

Es gibt ja Stimmen, die sagen, lasst uns doch spielen – denn wir spielen draußen, und der Amateursport muss anders betrachtet werden als der Profisport. Grundsätzlich verstehe ich das ja, denn Bewegung ist wichtig, und der Substanzverlust wird bei den Spielern wieder groß sein. Vielleicht haben dann sogar einige gar keine Lust mehr weiterzumachen. Aber man muss trotzdem realistisch sein, denn wir leben als Amateursport auch nicht im luftleeren Raum.

Wird bei den Kickers Markkleeberg nun wieder per Video-Konferenz trainiert?

Zoom-Training hatten wir während der letzten Unterbrechung ausprobiert. Aber das geben die häuslichen Gegebenheiten der Spieler meist gar nicht her. Der eine muss auf sein Kind aufpassen, ein anderer hat nicht genügend Platz, der nächste darf in seiner WG nicht laut machen, vielleicht hat auch jemand gar keine Lust darauf. Man kann im Amateurbereich nur an die Selbstverantwortung jedes Einzelnen appellieren.

Ich glaube, der eine oder andere unserer Spieler hat auch gemerkt, dass er im letzten Lockdown vielleicht nicht genug gemacht hat, um schnell wieder seine Form erreichen zu können. Ich hoffe einfach, dass es diese Spieler jetzt besser machen. Wir haben einen disziplinierten Kader und sportverrückte Charaktere, unter anderem einige Sportstudenten, die ohnehin aktiv sind.

Deshalb glaube ich, dass wir niemandem irgendwelche Vorschriften machen müssen. Ein Training in irgendeiner anderen Form ist jetzt einfach nicht möglich, denn die Jungs wollen Fußball spielen und keine Zoom-Challenges machen.

„Kickers Markkleeberg-Trainer Marko Hofmann: Wir leben als Amateursport nicht im luftleeren Raum.“ erschien erstmals am 17. Dezember 2021 in der aktuellen Printausgabe der LEIPZIGER ZEITUNG. Unsere Nummer 97 der LZ finden Sie neben Großmärkten und Presseshops unter anderem bei diesen Szenehändlern.

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