LEIPZIGER ZEITUNG/Auszug Ausgabe 77, seit 27. Mรคrz im HandelVor der Corona-Krise sah man beim 1. FC Lok Leipzig hoffnungsfroh in die Zukunft. Die 1. Mรคnnermannschaft stand auf Platz 1 der bereinigten Regionalliga-Tabelle und hatte gute Karten, die Aufstiegsspiele um die 3. Liga zu erreichen. Selbst die Lizenz war dafรผr beantragt. Ein hartes Stรผck Arbeit fรผr den รผberwiegend ehrenamtlich gefรผhrten Verein. รœber 10.000 Euro sollen die Leipziger investiert haben, um dann per Mausklick im Online-Tool DFBnet die umfangreichen Unterlagen einzureichen.

Die auszufรผllenden Unterlagen hatten einen Umfang von 50 Seiten, der Bericht des Wirtschaftsprรผfers war gar 87 Seiten lang. Martin Mieth, Geschรคftsfรผhrer der Lok-Spielbetriebs-GmbH, sprach im Interview mit der LEIPZIGER ZEITUNG (LZ) รผber Kosten und Aufwand, um nur die Lizenzierungsunterlagen einzureichen.

Herr Mieth, um die 10.000 Euro soll der Lizenzantrag fรผr die 3. Liga gekostet haben. Das ist viel Geld. Welche Ausgaben muss man sich darunter vorstellen?

Um das Lizenzierungsverfahren des DFB ordentlich zu bestreiten, braucht man einen Steuerberater und Wirtschaftsprรผfer, die als Dienstleister fungieren. Der Steuerberater erstellt fรผr uns den Jahresabschluss, den uns der Wirtschaftsprรผfer testieren muss. Fรผr die Lizenz mรผssen wir die Bilanz der letzten Saison und der Hinrunde sowie die finanzielle Planung fรผr die Rรผckrunde und die mรถgliche Saison in der kommenden 3. Liga-Saison vorlegen.

Der Wirtschaftsprรผfer muss dann prรผfen, ob die Zahlen realistisch und valide sind und ob die Buchhaltung der vergangenen Jahre stimmig ist. Zudem hat uns bei diesem ersten Mal auch Herr Clemens Krรผger unterstรผtzt. Er ist Sportberater und berรคt Vereine unter anderem bei der Erstellung der Lizenzunterlagen. Er hat damit also bereits Erfahrung gesammelt.

Die Unterlagen wurden per Mausklick am 2. Mรคrz รผbermittelt. Wie geht es nun weiter?

Im Laufe des Aprils wird sich der DFB melden und wird uns dann noch ein paar Nach- beziehungsweise Verstรคndnisfragen zu unseren Unterlagen stellen. Die wirtschaftliche Seite ist dabei das eine. Wir mรผssen auch infrastrukturell und administrativ-organisatorisch einiges beachten.

Wir mรผssen einen Schatzmeister und Pressesprecher, einen Marketing-Verantwortlichen und einen Geschรคftsfรผhrer hauptamtlich einstellen. Logischerweise braucht man auch einen Trainer mit der entsprechenden Lizenz. Dazu mรผssen wir den Schiedsgerichtsvertrag, Ligavertrag und Zulassungsvertrag unterschreiben. Als Kapitalgesellschaft mรผssen wir eine Liste der Anteilseigner nachweisen.

Welchen Anforderungen muss das Bruno-Plache-Stadion entsprechen?

Zum Beispiel brauchen wir 2.000 รผberdachte Sitzplรคtze, davon zehn Prozent fรผr die Gastmannschaft. Die gibt es derzeit nicht. Fรผr das erste Jahr kรถnnen Vereine aber eine Ausnahmegenehmigung beantragen und dann nur 1.000 Sitzplรคtze vorhalten, und auch auf die Rasenheizung kann zunรคchst verzichtet werden.

Aber diese Ausnahmegenehmigung muss nicht automatisch durchgewinkt werden. Der DFB hat hier das letzte Wort. Das Flutlicht braucht eine gewisse Lux-Zahl, und es mรผssen je sechs Presseplรคtze fรผr TV und sechs fรผr Hรถrfunk existieren.

Welche Anforderungen kann der 1. FC Lok bis zum Saisonstart erfรผllen und wo hoffen Sie, dass es Ausnahmen geben wird?

Das werden wir erst nach der Stadionbegehung im April wissen. Dann kann uns der DFB mitteilen, an welchen Stellschrauben wir im Stadion noch drehen mรผssen und erst dann kรถnnen wir agieren, obgleich wir schon Ideen haben. Wie wir bei Sicherheitsspielen verfahren werden oder mรผssen, kรถnnen wir auch erst sagen, wenn die Begehung vorรผber ist.

Die LEIPZIGER ZEITUNG Nr. 77, seit 27. Mรคrz 2020 im Handel. Foto: Screen Titelblatt
Die LEIPZIGER ZEITUNG Nr. 77, seit 27. Mรคrz 2020 im Handel. Foto: Screen Titelblatt

Ist ein Ausweichen nach Erfurt tatsรคchlich eine Idee wie โ€žLVZโ€œ und โ€žBildโ€œ berichteten? Warum geht es nicht nach Halle?

Erfurt ist nur eine Idee. Ein Ausweichen nach Halle hat die sachsen-anhaltische Polizei abgesagt. Die Behรถrden haben dort mit dem 1. FC Magdeburg und dem Halleschen FC regelmรครŸig Spiele in der 3. Liga abzusichern. In Erfurt ist mittlerweile leider mehr Zeit fรผr die Polizei vorhanden.

Ein Umzug ist aber nur das allerletzte Mittel. Wir haben Erfurt auch nicht als Ausweichstadion angegeben. Einen Ausweichstandort anzugeben, kann man machen, das haben wir aber nicht. Wenn der DFB das zur Bedingung macht, dann wird es zum Problem.

Wรผrde ein Umzug nicht extreme finanzielle Verluste bedeuten?

Ja, wobei wir noch keine belastbaren Zahlen hinsichtlich der Stadionkosten haben. Ob es den Zuschauerschnitt nach unten drรผcken wรผrde, ist aus unserer Sicht nicht ausgemacht. Klar ist: Im zweiten Jahr wird es keine Ausnahme-Genehmigung mehr geben. Auch wenn es in dann absehbarer Zeit einen Stadionbau gรคbe, wรผrden wir dennoch bis zur Fertigstellung umziehen mรผssen. Wir kรถnnen uns also weder finanziell noch infrastrukturell ausruhen.

Es hieรŸ, Sie hรคtten die letzten Wochen noch mehr gearbeitet als sonst. Wo kommt diese Mehrarbeit her, wenn es doch Dienstleister gibt?

Der Zwischenabschluss musste extra angefertigt werden, weil unser Geschรคftsjahr die Saison ist, nicht das Kalenderjahr. Es ist also nur ein Zwischenbericht. So mussten wir beispielsweise prรผfen, ob Buchungen genau zugeordnet sind, weil der DFB da gewisse Vorgaben hat. Wir mussten zudem diesmal als Jahresabschluss einen Konzernabschluss machen, bestehend aus GmbH und Verein.

Die Planung macht man auch nicht aus der Hand, sondern es muss schon stimmen, was man plant, denn der DFB fragt nach. Es muss also begrรผndbar sein. Dazu hatten wir noch drei Heimspiele im Februar zu planen, inklusive Sicherheitsberatungen. Ich musste das Auswรคrtsspiel in Rathenow sausen lassen und habe stattdessen mit unserem Schatzmeister Bernd Lang an der Planung gearbeitet.

Finanziell nicht ausruhen heiรŸt, der 1. FC Lok ist weiterhin auf der Suche nach Partnern?

Natรผrlich brauchen wir weiterhin vielfรคltige finanzielle Unterstรผtzung von Sponsoren, Fans und Investoren. Die 3. Liga wird nicht billig, auch wenn wir ungefรคhr eine Million beispielsweise an TV-Einnahmen bekommen. Jedoch kommen auf uns dann auch Mehrkosten zu, wenn wir uns adรคquat verstรคrken wollen sowie Fahrt- und Schiedsrichterkosten. AuรŸerdem brauchen wir, wie erwรคhnt, auch mehr Personal fรผr das Tagesgeschรคft.

Herr Mieth, wenn der 1. FC Lok tatsรคchlich in der 3. Liga spielen wรผrde, auf welchen Gegner und auf welche Auswรคrtsreise freuen Sie sich am meisten?

Natรผrlich auf viele Traditionsduelle. Ich war auch beispielsweise noch nie auf dem Betzenberg.

Zuvor stรผnden noch Aufstiegsspiele gegen den Meister der Regionalliga West an. Im Bruno-Plache-Stadion?

Davon gehe ich aus.

Nun scheint es, als wรคre die Corona-Krise in diesen Tagen der grรถรŸte Gegner des 1. FC Lok. Der FuรŸball-Spielbetrieb ruht derzeit in ganz Deutschland. Was bedeutet das fรผr Lok?

Wir sind davon schwer getroffen, denn uns fehlen Einnahmen in groรŸer Hรถhe. AuรŸerdem erschwert diese Ungewissheit, ob und wie die Saison weitergeht, die Planung fรผr die kommenden Wochen.

Noch wurde nicht darรผber entschieden, ob und wie die Saison zu Ende gespielt wird. Welche Variante favorisieren Sie?

Fรผr uns ist natรผrlich klar, dass die Saison nicht abgebrochen werden darf. Dafรผr stehen wir viel zu gut da.

Die neue โ€žLeipziger Zeitungโ€œ (Vร– 27.03.2020) liegt an allen bekannten Verkaufsstellen aus. Fast alle haben geรถffnet โ€“ besonders die Szenelรคden, die an den Verkรคufen direkt beteiligt werden. Oder die LZ einfach einfach abonnieren und zukรผnftig direkt im Briefkasten vorfinden.

Ein Spiel auf Zeit: Die neue Leipziger Zeitung zwischen Ausgangsbeschrรคnkung, E-Learning und dem richtigen Umgang mit der auferlegten Stille

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