VideoDer 1. FC Lok Leipzig hat das Ortsderby bei der BSG Chemie mit 1:0 (0:0) gewonnen. Vor 4.500 Zuschauern erzielte Matthias Steinborn das entscheidene Tor nach 74 Minuten und ebnete Lok damit den Weg ins Halbfinale des sächsischen Landespokals. Dort trifft Lok im März auf den Chemnitzer FC. Chemnitz-Trainer David Bergner sprach von einem verdienten Lok-Erfolg, dem widersprach Chemie-Interimscoach Christian Sobottka.
„Von Lok war ich enttäuscht, die wollten gar nicht. Heute hat der Glücklichere gewonnen, nicht der, der den besseren Fußball gespielt hat“, kommentierte Chemie-Interimstrainer Christian Sobottka den Ausgang des Pokal-Ortsderbys gegen den 1. FC Lok. „Meine Mannschaft hat ein richtig gutes Spiel gemacht, das war kein Rumgebolze, das war Fußballspielen“, so Sobottka weiter. Die Mannschaft der BSG Chemie war dennoch im Viertelfinale des Landespokals am 1. FC Lok gescheitert. Weil Lok effizienter war?
„Lok war auch die bessere Mannschaft, ich kann mich nur an eine Chemie-Chance erinnnern“, meinte der Trainer des Chemnitzer FC David Bergner. Der Ex-Chemiker war schon mal nach Leutzsch spionieren gekommen. Ob Lok oder Chemie der Gegner wird, war ihm egal. „Wobei: Hier hätte ich auch ganz gern mal wieder gespielt.“ Die Auslosung, die wegen eines Stromausfalls in der Halbzeit nach dem Spiel nachgeholt werden musste, loste dem CFC ein Heimspiel gegen Derby-Sieger Lok Leipzig zu.
„Das wird ein interessantes Spiel mit guter Stimmung“, freute sich Bergner. So ähnlich formulierte es auch ein überglücklicher Lok-Trainer Björn Joppe, der auch andeutete, dass Lok in Chemnitz noch etwas gut zu machen habe. Das erste Pflichtspiel von Joppe als Lok-Trainer verloren die Probstheidaer mit 1:3, waren in der zweiten Halbzeit aber phasenweise die bessere Mannschaft.
So auch in Leutzsch, wo Lok am Anfang dominierte, in einer beidseitig dürftigen ersten Halbzeit allerdings nur eine Torchance herausspielte. Ex-Lok-Torwart Latendresse-Levesque hielt den Schuss von Steinborn. Chemie war dagegen bei Standards gefährlich. Bury köpfte nach einem Eckball knapp über das Tor, einen Keßler-Kopfball fischte Benjamin Kirsten sehenswert weg. „Die erste Halbzeit geht an uns“, so Sobottka. „Die zweite geht an Lok.“ Dabei vergaß Sobottka, dass sein Team nach der Pause gegen früher störende Probstheidaer zwei dicke Möglichkeiten hatte.
Karaus scharfen Kopfball lenkte Kirsten über das Tor, Druschkys Dropkick flog knapp am Lok-Gehäuse vorbei. Nach einer Stunde übernahm Lok immer mehr das Geschehen, fand besser ins Spiel, weil Chemie nicht mehr ganz so eng wie in der ersten Hälfte stand. Pommer fiel gegen Latendresse, und Adler soll in aussichtsreicher Position im Abseits gestanden haben. „Für mich war das ein Elfer und auch kein Abseits, von daher sind wir auch der verdiente Sieger“, so Joppe.
Zur Pause hatte er Nils Gottschick aus Leistungsgründen in der Kabine gelassen und Patrick Wolf gebracht. Wolf fügte sich nathlos ein. Anschließend kam auch Maik Salewski für Nicky Adler. Der Ex-Bautzener bereitete mit einem Pass auf Pannier das entscheidende Tor von Steinborn vor. Der Torschütze beschrieb das Tor anschließend mit einem Augenzwinkern so:
„Unglaublicheweise hat sich Pascal Pannier mal durchgesetzt und mit seinem linken Stumpen reingeflankt. Ich gehe auf eins, wie Ulf Kirsten immer sagte: ‘Die Tore werden auf eins gemacht’ und mache ihn rein. Danach waren es Emotionen pur, ich weiß gar nicht, wie oft ich in der Jubeltraube rumgeschubst und angeschrien wurde. Was Schöneres als dieses Tor gibt es gar nicht.“
Chemie riskierte in der Schlussphase viel, stellte auf Dreierkette um, spielte aber keine Chance zum Ausgleich heraus. Steinborn ging mit dem Abpfiff von Schiedsrichter Stefan Herde direkt zu Chemie-Kapitän Karau. „Ich habe ihm für die Leistung seiner Mannschaft gratuliert. Die haben das echt gut gemacht.“ Ähnlich kommentierte auch Joppe die Leistung des Gegners. „Es war richtig schwer, mir ist auch ein Stein vom Herzen gefallen, denn ich habe gelernt, was hier wichtig ist und das ist nur der Derbysieg.“
Steinborn blickte nach dem Spiel euphorisiert schon voraus Richtung Weihnachtsfeier. „Die wird auf jeden Fall eskalieren und ich werde komplett durchspielen.“ Glücklicherweise eskalierte in Leutzsch gar nichts. Nach dem Verzicht des 1. FC Lok auf die 500 Gästekarten spielten die Gäste ohne eigene Fanunterstützung. Als im VIP-Bereich beim Tor des 1. FC Lok plötzlich doch laute „L-O-K“-Rufe zu hören waren, machten sich circa 100 Chemie-Fans auf, um die Lok-Fans zur Rede zu stellen.
Der Sicherheitsdienst und die Polizei mussten auch nach dem Spiel in diesem Bereich eingreifen. Schon vor dem Spiel waren Ordner gefragt, als mehrere Chemie-Fans die Lok-Mannschaft bei der Platzbegehung stören wollten. Ein paar Zuschauer hatten den Sicherheitszaun zum Stadion überklettert. Spieler des 1. FC Lok sollen sie mit obszönen Gesten provoziert haben.
Als Termin für das Halbfinale in Chemnitz sieht der Sächsische Fußballverband den 23./24. März 2019 vor.
Rund 600 Fans bangen in Probstheida vor der Leinwand
Die andere „Spielstätte“ des wohl – aufgrund des Wegbleibens der Lokfans im Leutzscher Holz – skurrilsten Derbys der bisherigen Geschichte war das Bruno-Plache-Stadion in Probstheida. Hier spielte sich im Fanlager von Lok Leipzig vor der Leinwandübertragung das mitleidende Auf und Ab einer hart umkämpften und oft als durchaus gleichwertig wahrgenommenen Partie ab.
Ab und an schien es ein bisschen so, dass einige in einer Art Fernduell mit dem Stadiongeschehen im Alfred-Kunze Sportpark versuchten so laut „L O K“ und „Chemie-Schweine“ (vor allem nach Fouls gegen die eigenen Spieler) zu rufen, dass man es in Leutzsch noch hören sollte. Genau zweimal brach der Sturm los. Das Tor von Matthias Steinborn wurde ausgiebig gefeiert, ganz so, als ob man dabei wäre (siehe Audio). Vorteil des Fernbleibens vom Derby selbst: durch den Ort konnte man „einzählen”, als ob es ein Heimspiel wäre.
Audio: L-IZ.de
Auch nach dem 0:1 zog hier keine Ruhe auf, mit dem Abfiff explodierte die Tribüne und der Dammsitz. Anschließend zogen die Fans geschlossen zum Gästeblock, um hier wenigstens symbolisch den Auswärtssieg zu feiern. Seltsam auch das, für viele war die Party hier der erste Besuch überhaupt unter dem Gästeschild im eigenen Stadion. Schlusspunkt danach die Begrüßung der heimkehrenden Mannschaft – allerdings zweimal.
Als ein Transporter vorfuhr, gingen die Feierbereiten zu früh zu Werke. Da half auch der Ruf „noch nicht!“ nichts mehr, schnell standen blau-gelbe Schwaden hinter der Loktribüne am Himmel (siehe Video). Bei manchem Umstehenden schon der Blick nach vorn. Der nächste Gegner Chemnitz wird in jedem Fall ein echt dickes Brett.
Lok-Party im Gästeblock des eigenen Stadions und Schlussbilder mit Pyro. Video: L-IZ.de
Das Einsatzgeschehen zum Pokalderby aus Sicht der Polizei
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