Nach einer weiteren enttäuschenden Niederlage steht der 1. FC Lok sportlich mit dem Rücken zur Wand. Im Heimspiel am Sonnabend setzten sich die noch schlechter platzierten Halberstädter mit 1:0 (0:0) in Probstheida durch. Vor 2.375 Zuschauern wollte die Scholz-Truppe den Neuanfang starten. Nun wird der Klub einen neuen Trainer suchen. Heiko Scholz war nach Abpfiff den Tränen nah, anschließend tagten die Vereinsgremien, wollten sich am Abend aber nicht äußern.
„Geht mal wieder arbeiten!“. Nach 85 Minuten lagen die Nerven auf der Tribüne des Bruno-Plache-Stadions langsam blank. Nach einem weiteren Fehlpass im Lok-Aufbauspiel ließ sich ein Tribünengast zu dieser Aufforderung hinreißen, die etwas Skuriles an sich hatte. Denn: Seit Lok mit einer Profimannschaft spielt, tritt der Verein auf der Stelle. Die Niederlage gegen Halberstadt war die fünfte im neunten Spiel – und sie war nach 75 Minuten absehbar.
Lok entwickelte zu diesem Zeitpunkt keinen echten Angriffsdruck, biss sich am Halberstädter Abwehrverbund die Zähne aus und musste nach etlichen Fehlpässen auch immer wieder das Spielgerät zurückerobern. Die letzten fünf Minuten wurden die Stimmen der Frustrierten auf den spärlich besuchten Traversen lauter. „Wir ham’ die Schnauze voll!“, riefen manche. Die Fankurve präsentierte ein Plakat mit der Aufschrift „Heiko, deine Zeit ist um“ und stellte den gemalten Wecker am Zaun auf fünf nach zwölf – vor dem Spiel war es noch fünf vor zwölf.
Aber wirkliche „Scholz raus“-Rufe gab es nur von kleineren Gruppen. Der Respekt vor dem Idol hinderte manch einen, den Trainer – wie es beispielsweise einst bei seinen Vorgängern Jörg Seydler, Carsten Hänsel oder Mike Sadlo war – direkt anzugreifen. Mit dem Schlusspfiff setzte ein Pfeifkonzert ein, und die Rufe wurden lauter.
Währenddessen gingen Scholz und sein Co-Trainer Rüdiger Hoppe gemeinsam auf den Rasen, tauschten sich kurz aus. Anschließend ging der Trainer zu jedem einzelnen Spieler, schüttelte dessen Hand und musste sich vor dem MDR-Mikrofon die Tränen verkneifen. „Wie es jetzt weitergeht, muss der Verein entscheiden.“ Auf der anschließenden Pressekonferenz gab sich Scholz dünnhäutig. Der Trainer entschuldigte sich für die Leistung, ein Zuschauer rief daraufhin „Das reicht aber nicht mehr“ und Scholz verließ mit den Worten „Das ist hier eine Pressekonferenz und kein Fantalk“ die Veranstaltung.
Vor dem Spiel war klar, dass das Ergebnis entscheidenden Einfluss auf die sportliche Fahrt des 1. FC Lok haben würde und damit auch auf den Trainerposten. Die Lok-Mannschaft zeigte sich die ersten sieben, acht Minuten gewillt, die Zuschauer zu versöhnen, Halberstadt hatte nach 75 Sekunden schon die dicke Möglichkeit zur Führung. Lukas Wenzel, als Nummer drei vor der Saison verpflichtete, parierte im Lok-Tor glänzend.
Eine klare Möglichkeit für Lok gab es nur nach 30 Minuten, als Sascha Pfeffer freistehend wegen eines Platzfehlers den Ball in den zweiten Stock schoss. Ansonsten Lok eher passiv, ohne Zug zum Tor und auch ohne eine einzige Ecke. Halberstadt war mit dem Ergebnis zufrieden – erst recht als kurz nach der Pause Alexander Schmitt sehenswert per Dropkick ins Leipziger-Tor traf.
Fast im Gegenzug vergab Nils Gottschick die Riesenmöglichkeit zum Ausgleich. Frei vor dem leeren Tor schaufelte er den Ball an die Latte – wieder sprang der Ball kurz vorher unmöglich auf. Die Gäste – ebenfalls erst zwei Saisonsiege – hatten anschließend wenig Mühe, die Lok-Angriffe zu verteidigen – Atici traf noch den Pfosten. Doch auch bei Standards blieben die Hausherren ungefährlich.
In der Abwehrarbeit leistete sich die Mannschaft dagegen Unsicherheiten, die Lukas Wenzel in seinem Profidebüt stets korrigieren konnte. Der kleine Torwart aus Bayern war der große Hoffnungsträger an diesem grauen frühherbstlichen Nachmittag. Seinen Mannschaftskameraden gelang es nicht, die Hoffnungen ihres Trainers auf einen „Neuanfang“ auf den Platz zu bringen.
Nach dem Eklat auf der Pressekonferenz trafen sich die Vereinsgremien zu einer Krisensitzung. Ein Ergebnis wurde am Samstagabend nicht verkündet. Die Zeichen stehen deutlich auf Abschied, auch weil der Klub nach außen ein Signal setzen muss. Die Ränge waren leerer als die Zuschauerzahl es vermuten lässt, weil viele Dauerkarten-Nutzer offenbar nicht im Stadion waren, die Stimmung während des Spiels war schlecht. Der wirtschaftliche Schaden durch den schlechten Start ist nur durch eine sportliche Verbesserung zu beheben.
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