Am 10. Spieltag ist es dem 1. FC Lok als erste Mannschaft gelungen, Energie Cottbus Punkte abzunehmen. Lokomotive Leipzig bleibt damit auf dem 3. Platz der Regionalliga Nordost, hat weiterhin zehn Punkte Rückstand auf den Tabellenführer und hat seine Zuschauer unter den 5.589 im Plache-Stadion stolz gemacht. Mit großer Laufarbeit, Kampf, aber vor allem taktischer Finesse war es Lok gelungen, dem Tabellenführer das Leben schwer zu machen. Aber: Was machen zwei Ehrenamtliche mit einem Eimer Erde auf dem Rasen des Plache-Stadions? Und wer hat den Anstoßpunkt gemopst?
Schon nach 40 Minuten hatten die meisten der 5.589 Zuschauer abseits des eigentlichen Fußball-Spieles mehr gesehen als auf dem Platz. Und dabei war das Duell des unangefochtenen Tabellenführers Energie Cottbus – 9 Siege aus 9 Spielen mit nur zwei Gegentoren – gegen den Tabellen-Dritten jetzt nicht wirklich langweilig. Es begann mit einem Cottbus-Fan, der – wahrscheinlich von zuviel Leipziger Allasch beflügelt – mit seinem rot-weißen Schal wild aus der Lok-Ehrenloge winkte.
Die Fans auf dem Dammsitz fuhren ihren Stimmungscomputer beizeiten nach oben, buhten, pfiffen. Erst recht als der Fan 20 Minuten später schlafend auf seinem Platz saß und statt eines Cottbus-Schals nun einen blau-gelben trug. Vom hämischen Applaus erwachte die Schnapsnase und tauschte die Schals wieder zurück.
Außerdem fehlte heute irgendwie etwas auf dem Probstheidaer Rasen. Wo einst der Anstoßpunkt und der Elfmeterpunkt am südlichen Tor waren, zeigte sich heute nur noch blanke Erde. „Die wurden uns vorgestern Nacht geklaut“, erklärte Vizepräsident Stephan Guth. Einfach so waren sie weg. Der Anstoßpunkt wurde heute nur zweimal gebraucht, der angesprochene Elfmeterpunkt gar nicht. Über die Täter weiß man übrigens nichts.
Der Höhepunkt der Komödie kam nach 40 Minuten und hatte sogar etwas mit Fußball zu tun. Matus Lorincak kam nicht an Matuwila vorbei, Einwurf Lok und plötzlich ein Sprint von Ronny Surma in die Fankurve. Der Hobby-Gärtner kam mit einem Eimer Sand zurück und lief auf das Feld. Dazu die Durchsage von Stadionsprecher Mirko Linke: „Der Platzwart bitte in den Innenraum.“
Was war passiert? Offenbar gab es ein größeres Loch im Strafraum. Surma verdichtete notdürftig mit Sand. Kurze Zeit später flog genau dorthin der Ball, aber Cottbus bannte die Beachsoccer-Gefahr. In der Halbzeitpause füllten die Platzarbeiter das Loch mit einem Eimer Erde auf.
Sie erfüllten ihren Auftrag genauso wie die Mannschaft von Heiko Scholz und Rüdiger Hoppe. Der Tabellen-Dritte musste verletzungsbedingt auf Gottschick, Pfeffer, Salewski, Hanne und Fritzsch verzichten, Maurer und Malone fehlten nach ihren in Neustrelitz eingesammelten Sperren. Und so lief Lok mit sechs nominellen Verteidigern auf, dazu zwei Mittelfeldspielern und zwei Stürmern. Nur fünf Mann saßen auf der Bank.
Surma, mit seinem ersten Startelf-Einsatz in dieser Saison, assistierte Watahiki und Schinke schließlich im Mittelfeld. Lorincak und Ziane stürmten, hinten spielte Lok mit Dreier-, Fünfer- oder pendelnder Viererkette, in der Trojandt und Berger mit den Mittelfeldspielern zeitiger Druck aufbauten. Surma, Schinke und Watahiki arbeiteten defensiv stark mannorientiert vorwiegend gegen Zimmer und Viterriti.
Als Surma nach 70 Minuten platt runter ging, übernahm Wendschuch die Beschattung von Viterriti. Der Regisseur suchte beizeiten das Gespräch mit seinem Trainer, der sein Team nach 30 Minuten klar dominierend gesehen hat und dafür am MDR-Mikrofon und auf der Pressekonferenz auf Unverständnis stieß.
Zweifelsohne war die Anfangsphase in Lok-Hand, Cottbus brachte offensiv fast nichts zustande, wurde in der ganzen ersten Halbzeit nur einmal gefährlich als Schlüter alleine vor Kirsten auftauchte und Loks Keeper gut vereiteln konnte. Ansonsten hatten die Gäste – der Tabellenführer mit einem Torverhältnis von 28:2, also drei Toren im Schnitt pro Spiel – keine Tormöglichkeit.
Lok hatte zwei Chancen in den ersten zehn Minuten. Mischs Drehschuss aus fünf Metern wurde geblockt, Krug kam am langen Pfosten um Haaresbreite zu spät. Ansonsten war es spannend genug, wie sich Lok gegen die Profis aus Cottbus präsentierte, im Gegenpressing den Favoriten zu Fehlern zwang und vor allem über Berger für offensive Verdachtsmomente sorgte, ohne allerdings wirklich gefährlich zu werden. Das war die Kehrseite des guten Defensivverhaltens des 1. FC Lok: Nach vorn fehlte in einigen Situationen die Abstimmung, harmonierten Schinke, Lorincak und Ziane nicht.
Das Cottbusser Angriffsspiel war kein Feuerwerk der Fußballkunst. Die wenigen Situationen, die gefährlich wurden, waren gut herausgespielt. Schon in den ersten zwei Minuten der zweiten Hälfte hatten Weidlich und Ziegenbein gute Möglichkeiten, in den letzten zwei Minuten des Spiels parierte Kirsten gegen Karbstein und Boakye. „Der hat zweite Liga gespielt, das ist schon ein guter“, so Wollitz, der Lok vorwarf, als Heimmannschaft nicht genug gemacht zu haben. Ein antiquiertes Verständnis von Fußball, das sicher in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts Gültigkeit hatte.
Heiko Scholz war zufrieden mit seiner Mannschaft, auch ohne Torchancen, deren Abwesenheit er monierte. „Wir sind die erste Mannschaft, die Energie Paroli geboten hat. Aber viel mehr war heute nicht drin. Wir sind stolz, einen Punkt gewonnen zu haben.” Und das Drumherum war auch noch unterhaltsam.
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