Die Saison in der Fußball-Regionalliga Nordost ist eröffnet. Und es war alles andere als eine beliebige Partie, die als Auftakt für das neue Spieljahr herhalten durfte. Es war das Leipziger Stadtderby Chemie gegen Lok - das pünktlich am Samstag zum 100. Mal über den Rasen ging. Durch ein Tor von Robert Zickert in der 34. Minute - den einzigen Treffer des Spiels - waren es die Gäste aus Probstheida, die diese historische Begegnung für sich entscheiden konnten.
Ausverkauftes Haus in Leutzsch. Alle 4.999 Ticktes waren an den Fan gebracht worden. 750 davon an die Anhänger des 1. FC Lok. Stimmung von den Rängen war damit garantiert – die bis auf einen kurzen Aussetzer durchweg angenehm fußballbezogen war.
Auch wenn sie es vorher bewusst zu erwähnen vermieden, musste Lok als Favorit gelten. Im Vorjahr hatte sich das Team von Heiko Scholz in der Regionalliga etablieren können und kegelte die BSG im November auch schon aus dem Landespokal. Für Chemie als frischgebackener Aufsteiger kann das Saisonziel (zunächst) nur Klassenerhalt heißen, auch wenn Derbys natürlich ihren ganz eigenen Gesetzen folgen.
Dass das Adrenalin im roten Bereich zirkuliert, wurde in der Anfangsphase besonders deutlich. Nach zwölf Minuten hatte Schiedsrichter Oliver Lossius bereits viermal die Gelbe Karte gezückt – gerecht zwischen den Rivalen aufgeteilt. Trotz der derbytypischen Zweikampfhärte versuchte vor allem Lok, einen gepflegten Ball zu zu spielen. Immer wieder kochten sie die kämpferischen – aber technisch unterlegenen Gastgeber – vor der kritischen Zone ab.
Torchancen waren in der ersten halben Stunde rar gesät, ein Hundertprozenter noch nicht dabei. Dann setzte Lok ein dickes Ausrufezeichen: Im Anschluss an eine Ecke köpfte Christian Hanne die Kugel quer durch den Leutzscher Strafraum, wo Robert Zickert herangeflogen kam und den Ball zum 0:1 im Netz versenkte (34.). Diesen Spielstand nahmen beide Teams auch mit in die Halbzeitpause.
In der zweiten Hälfte war es wieder Lok, die mit der ersten Gelegenheit aufwarteten. Doch Paul Schinke schoss aus Nahdistanz Chemie-Keeper Marcus Dölz (56.) an. Gut zehn Minuten später ging ein lautes Raunen durch den Kunze-Sportpark, denn Chemie-Kapitän Stefan Karau hätte sein Team nach einer Ecke um ein Haar per Kopf den Ausgleich beschert. Doch Lok-Neuzugang Ryan Malone stand auf der Torlinie und drosch die Kugel im letzten Moment weg.
Dann verabschiedete sich der Spielfaden für längere Zeit nahezu komplett, Fußball wurde jetzt vor allem gearbeitet. Lok ließ hinten kaum noch etwas zu, kam selbst aber auch nicht zu weiteren klaren Chancen. Das änderte sich erst in der 86. Minute, als Matus Lorincak plötzlich mutterseelenalleine vor Chemie-Keeper Dölz stand und aus rund 20 Metern abzog.
Dölz sprintete aus dem Kasten und fischte die Kugel weg. Das Problem: Er hatte dabei seinen Strafraum bereits verlassen. Das absichtliche Handspiel zur Verhinderung einer Hundertprozentigen brachte ihm folgerichtig glatt Rot ein – und gab Lok die Gelegenheit zu einem Freistoß in aussichtsreicher Position.
Für die Lok-Fans war also alles in Butter. Bis auf zwei von ihnen, die aus unerfindlichen Gründen unbedingt auf den Rasen stürmen wollten – und damit einen Polizeieinsatz, eine Spielunterbrechung und eine ebenso sinnfreie Gegenaktion von chemischer Seite auslösten.
“Wir sind Lok-Fans und ihr nicht!”, skandierten die Probstheidaer Anhänger, die das Treiben der beiden Vermummten auf die Palme brachte. “Fußball! Fußball!”, riefen sie und legten in Richtung Störenfriede ein mehrfaches “Haut ab!” nach. Erst nach über zehn Minuten Unterbrechung und mit jeder Menge aufmarschiertem Sicherheitspersonal dekoriert, konnten die letzten fünf Minuten des Derbys absolviert werden. Ohne weitere Tore.
“Ich bin heilfroh, dass wir hier drei Punkte geholt haben!”, zeigte sich Lok-Coach Heiko Scholz hinterher auf der Pressekonferenz zufrieden. “Unser Sieg geht in Ordnung, wir waren das eine Tor besser”. Für die Gastgeber fand Scholz lobende Worte: “Ein riesen Kompliment an Chemie! Die haben eine unglaubliche Teamkraft, hier werden viele Gegner noch straucheln”.
Auch aus Sicht von BSG-Trainer Dietmar Demuth war das 0:1 leistungsgerecht. “Lok war einen Tic besser und abgeklärter. Sie sind uns ein, zwei Jahre voraus, das hat man an der Spieleröffnung und der Ruhe gesehen. Wir hatten nur Kampf und Leidenschaft zu bieten, das reicht in der Regionalliga aber nicht. Wir müssen das Spiel als Lernfaktor nehmen”.
Erste Lernerfolge könnten die Grün-Weißen bereits am kommenden Mittwoch nachweisen, wenn sie um 19:30 Uhr beim Staffelfavoriten Energie Cottbus ranmüssen. Lok hat noch einen Tag länger frei und empfängt am Donnerstag ebenfalls um 19:30 den SV Babelsberg im Bruno-Plache-Stadion.
Die Statistik zum Spiel:
http://www.fussball.de/spiel/bsg-chemie-leipzig-1-fc-lokomotive-leipzig…
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