LEIPZIGER ZEITUNG/Auszug aus der Ausgabe 42Es ist seit längerem eine sehr komplizierte Dreiecksbeziehung. Zwei Fußballvereine streiten sich auf dem Sportgelände am Mariannenpark untereinander und finden seit Langem zu keiner friedlichen Koexistenz. Mittlerweile mischt auch das Sportamt der Stadt Leipzig kräftig mit. Wer woran schuld sein soll, wird wohl teilweise eine Frage der Perspektive bleiben, für den Rest hat man längst Anwälte zur Hand.

Spätestens seit 2016 beharken sich die beiden Sportvereine auf dem Gelände, wechseln juristische Schreiben die Fronten, werden Zufahrten gesperrt, Zäune errichtet und wieder abgerissen. Und weil auch das Sportamt der Stadt Leipzig laut Wacker-Präsident Holger Drendel angeblich schon seit 2016 gegen den Pächter SV Wacker kämpfen würde, habe dieses durch Auflagen sogar eine ganze Badesaison im angeschlossenen „Wackerbad“ auf dem Gewissen. Zudem habe man mindestens die Zahlung der ersten Rate eines sogenannten Pflegekostenzuschusses verweigert.

Präsident Holger Drendel über den Beginn dieser Frontlage im Frühjahr 2016 gegenüber LZ: „Im Wackerbad stand u. a. eine Schaukel ca. 20 Meter zu weit rechts und musste nach links gerückt, bzw. durch einen Stuhl ersetzt werden. Mit diesen Maßnahmen verzögerte man (d. Stadt, Anm. d. Red.) die Auszahlung der ersten Rate so lange, dass keine Vorbereitungen für die Badsaison mehr möglich waren und damit das Wackerbad für Schulen und Einwohner geschlossen bleiben musste.“

Während Drendel die Vorgaben der Stadt Leipzig ihm gegenüber auch mit einem Wechsel der Sachbearbeiter im Sportamt und mit dem multikulturellen FC Inter in Verbindung bringt, vermutet er Schikanen um Wacker zu vertreiben. Die Fronten scheinen jedenfalls verhärtet, auch zwischen den beiden Pächtern.

Am Maschendrahtzaun

So musste sich beispielsweise der FC Inter den seit Frühjahr 2016 versperrten Weg auf die bei der Stadt gemietete eigene Pachtfläche freiklagen, nachdem der FC Wacker die auf seinem Teilstück gelegene Zufahrt untersagt hatte. Diese war offenbar nicht Gegenstand einer Vereinbarung zwischen beiden Vereinen – Wacker machte also dicht und der FC Inter sah sich bis vor einigen Wochen teilweise genötigt, Spiele an anderen Orten austragen zu müssen.

Christopher Siebenhüner vom FC Inter zum Zufahrtsstreit, es sei dadurch vor allem die „Zufahrt von Rettungsdiensten vom Nachbarpächter untersagt“ worden, was Spielaustragungen nicht mehr ermöglichte.

Siebenhüner zu weiteren Konsequenzen bis zur Gerichtsentscheidung vor wenigen Wochen: „Durch den fehlenden Zugang zu unserem eigenen Gelände waren wir die vergangen Jahre nicht in der Lage, die Gebäude auf unseren Grundstück zu sanieren oder Wasser und Strom anzuschließen oder wenigstens eine mobile Toilette aufzustellen. Um zumindest einen Trainingsbetrieb im Mariannenpark aufrechtzuerhalten, haben wir einige hundert Meter von unserem Platz entfernt auf einem Firmengelände Kabinen- und Duschcontainer, sowie Toiletten aufgestellt.“

Nach dem Gerichtsbeschluss dürfe nun der FC Inter mittlerweile das Tor zum Mariannenpark wieder „mitbenutzen und der Bauzaun, der unsere Gelände vom Rest abtrennte, musste entfernt werden.“

Bis heute behauptet der SV Wacker zudem, noch Geld vom FC Inter zu bekommen, während Inter gegenüber der LZ versichert, dass längst ein Vergleich geschlossen sei und das Geld geflossen ist.

Christopher Siebenhüner zur vertraglichen Seite: „Zu Beginn unseres Pachtvertrages vereinbarte unsere damalige Vereinsführung mit dem SV Wacker eine Art Dienstleistungsvertrag. Aus dem resultierten Verbindlichkeiten, die wir zu tragen haben. In den Abrechnungen tauchten jedoch überhöhte und nicht vereinbarte Kosten auf. Wir boten an, die unstrittigen Beträge (ca. 75 %) sofort ohne Abzüge zu begleichen und uns über die anderen zu einigen. Der SV Wacker lehnte eine solche Lösung ab und beharrte auf einem „alles oder nichts“.“

Mittlerweile habe man sich jedoch anwaltlich geeinigt. „Dabei ergab sich, dass wir sogar noch weniger Kosten tragen mussten, als ursprünglich vermutet“, so Siebenhüner.

Foto: Marko Hofmann
Foto: Marko Hofmann

Eskalation 2017

Was wie eine Posse aus Schilda plus Streitlust schon im Jahr 2016 klingt, hat neben persönlichen Haltungen ernste Hintergründe. Und nun könnte eine unfriedliche Scheidung ins Haus stehen. Zum 28. April 2017 kündigte das Sportamt Leipzig dem SV Wacker den Pachtvertrag, so Drendel gegenüber LZ. Als Gründe seien eine nicht gezahlte Steuer und eine nicht fristgemäß korrigierte Abrechnung genannt worden. Wacker weist diese Vorwürfe zurück.

Von der Entwicklung ebenfalls betroffen sind die zirka 250 Sportler der Spielgemeinschaft PKM Anlagenbau, der BC Eintracht, der FFC Wacker und die Leipziger Scorpions, welche das Gelände von Noch-Pächter SV Wacker nutzen. Und Drendel will sich gegen den Rauswurf durch die Stadt wehren: „Wir gehen davon aus, unseren Pachtvertrag weiter zu erfüllen“, sagt Drendel. „Der Rest wird –  wohl oder eher übel – über Anwälte geklärt werden.“

Parallel wurde gegen den FC Inter der Vorwurf laut, einen sogenannten „Schwarzbau“ auf seinem Teilgelände errichtet zu haben. Denn kaum hatte man wieder einen ordentlichen Zugang zum eigenen Gelände, plante man einen sogenannten „Sozialtrakt“ zu errichten.

So wurde es zumindest dem Amt für Bauordnung und Denkmalpflege (ABD) nach dessen Darstellung in einem Gespräch am 31. Januar mitgeteilt. Da dem Amt zufolge jedoch kein entsprechender Antrag gestellt beziehungsweise ein bereits eingereichter Antrag nicht überarbeitet wurde, betrachtete das ABD die Angelegenheit am 10. März für erledigt. Doch zu diesem Zeitpunkt hatte der Verein offenbar schon Tatsachen geschaffen – dachte man zumindest von Beobachterseite.

Wie aus der Antwort des Sportdezernats auf eine Anfrage des Stadtrats Ansbert Maciejewski (CDU) hervorgeht, sollen die Bauarbeiten schon Tage zuvor begonnen haben. Am 11. März hätte der Verein dann den Doppelcontainer aufstellen lassen. Das Amt für Sport hat den Verein nach eigenen Angaben mindestens dreimal dazu aufgefordert, die Arbeiten einzustellen und eine Baugenehmigung vorzulegen – offenbar ohne irgendeine Reaktion.

Am 22. März sei schließlich eine Ortsbesichtigung erfolgt und mit einem Ordnungsgeld von 2.000 Euro gedroht worden.

Doch Inter hatte letztlich nicht „gebaut“, sondern einen Container aufgestellt. Also eine transportable Lösung für das Problem gefunden, dass sich vorher bis zu 180 wöchentlich trainierende Kinder und die Herrenmannschaft nirgends in der Nähe des Platzes die Hände waschen oder auf die Toilette gehen konnten. Dennoch musste der Verein auch hierbei gegenüber LZ einräumen, die ehemalige mobile Flüchtlingsunterkunft mit Hilfe des Sponsors CG Immobilien vom alten Postbahnhof ohne Genehmigung der Stadt auf das Sportgelände gestellt zu haben.

Mittlerweile ist der Verein bei der Klärung und der Doppelcontainer darf vorerst auf der Sportanlage Mariannenpark als Notvariante für einen Sozialtrakt verbleiben. Den Antrag für einen echten Duschtrakt mit Toiletten habe man nicht weiter verfolgt – aus finanziellen Gründen, wie es seitens FC Inter heißt.

Chemie gegen Inter: Kai Druschky und Trainer Heiner Backhaus. Foto: Jan Kaefer
Chemie gegen Inter: Kai Druschky und Trainer Heiner Backhaus. Foto: Jan Kaefer

Gerüchte, Vorwürfe und Begleitgebimmel

Holger Drendel vermutet längst, dass die Stadt lieber den FC Inter als alleinigen Pächter im Mariannenpark sehen würde. Wacker hatte dem noch jungen Club bereits einen von vier Fußballplätzen überlassen, doch aus Sicht Drendels häufen sich Beschwerden über den neuen Nachbarn. Betrogen fühlt sich Drendel seither auch von der Stadt, welche ihm eingeredet hätte, er könne nicht an den FC Inter unterverpachten, womit der heutige Zustand entstanden sei.

Seitdem Drendel die Beschwerden und Probleme mit dem FC Inter auch dem Amt für Sport klargemacht hätte, hätten aus Sicht des SV Wacker die Schikanen begonnen. Gesprächsangebote an Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) und Ordnungsbürgermeister Heiko Rosenthal (Linke) seien ausgeschlagen worden. Mittlerweile hat das Thema jedoch den Stadtrat erreicht. Vertreter mehrerer Fraktionen stellten Anfragen oder meldeten sich gegenüber Journalisten zu Wort.

Diesen fiel ein merkwürdiges Detail auf. So bestätigte Holger Drendel der LZ, dass der SV Wacker von Rechtsanwalt Arndt Hohnstädter vertreten wird. Ausgerechnet jenem Mann, der bereits die NPD und deren – teils mittlerweile nicht mehr für die Partei aktive – Politiker sowie zuletzt auch Legida-Teilnehmer Kevin D. verteidigte. Hohnstädter soll nun die Interessen des SV Wacker vertreten – im möglichen Streit mit der Stadt und gegebenenfalls auch mit dem explizit multikulturell ausgerichteten FC Inter.

Dass diese Personalie im Umfeld eines Sportvereins wie Inter, bei dem vorrangig Flüchtlings- und Asylbewerberkinder sowie in der Herrenmannschaft vorrangig Ausländer kicken, ein Thema wird, findet Drendel auf Nachfrage merkwürdig. „Wir werden von einem in Leipzig zugelassenen Anwalt vertreten, er ist Fachanwalt für Medizinrecht, Steuerrecht, Verwaltungsrecht. Sein Name ist Arndt Hohnstädter. Ob er rechts, links oder gerade aus ist, weiß ich nicht und es ist auch für mich nicht relevant. Warum sollten wir bei der Anwaltssuche nach solchen Kriterien gehen?! Macht ihn das besser oder schlechter?“, so Drendel. Anfangs sei man von der Idee des Integrationsvereins Inter schließlich auch angetan gewesen, nun nicht mehr.

Mittlerweile ruft die rechtsextreme Facebookseite „Wir für Leipzig“ im Netz mit deutlicheren Worten zugunsten des SV Wacker zum Widerstand gegen den FC Inter auf: „So gibt es immer wieder massive Beschwerden das die von Backhaus trainierte Multi-Kulti Truppe einfachste Hygiene Regeln nicht beherrscht und Platz und Nassräume hinterlassen ‚wie Sau‘. Auch an den Nebenkosten beteiligte sich Inter Leipzig nicht. Kurzerhand wurden, zu Recht, die Nassräume abgeschlossen.“, heißt es da, wo unter Mithilfe von Ex-NPD-Stadtrat und ebenfalls Hohnstädter-Klient Enrico Böhm sonst gegen den grünen Landesvorstand Jürgen Kasek gehetzt und für „Thügida“ geworben wird.

Selbstverständlich hat man hier bei „Wir für Leipzig“ ebenfalls etwas gegen Wolfgang Tiefensee (SPD) und die „CG-Gruppe“, welche sich auch laut Drendel nicht an einen Kooperationsvertrag gehalten habe.

Während für den SV Wacker als Pächter die Uhr abzulaufen scheint und nach einer eventuellen Neuregelung alle anderen Vereine gemeinsam auch selbst die Fläche pachten oder sich anderweitig mit dem FC Inter teilen könnten, sieht man beim Integrationsverein keinen Grund, sich eigene Wege madig machen zu lassen.

Christopher Siebenhüner zu den nächsten Schritten im Mariannenpark und rings um den FC Inter: „Wir sind Pächter einer Fläche im Mariannenpark. Von der aktuellen Situation rund um die Schwierigkeiten des SV Wacker bezüglich des Nachweises der Verwendung der Fördermittel und der daraus resultierenden fristlosen Kündigung haben wir aus der Presse erfahren. Wir sind sehr daran interessiert, dass der Spiel- und Trainingsbetrieb aller Mannschaften im Mariannenpark aufrechterhalten bleibt. Ansprechpartner für die Perspektiven des Mariannenparks ist das Amt für Sport.“

Man selbst sehe sich längst vor der Aufgabe „dem stetigen Wachstum gerecht zu werden. Das heißt konkret, unsere Strukturen weiter anzupassen und zu professionalisieren.“ Zudem werde man versuchen, für die eigenen Nachwuchsmannschaften nun für deutlich verbesserte Bedingungen zu sorgen.

Dieser Artikel erschien am 21.04.17 in der aktuellen Ausgabe 42 der LEIPZIGER ZEITUNG. An dieser Stelle zum Nachlesen auch für L-IZ.de-Leser. Dieses und weitere Themen finden sich in der aktuellen LZ-Ausgabe, welche neben den normalen Leipziger Presseshops hier im Szeneverkauf zu kaufen ist.

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