LEIPZIGER ZEITUNG/Auszug aus Ausgabe 36Seit dem 17. Oktober steht fest, dass das Landespokal-Viertelfinale Chemie Leipzig gegen Lok Leipzig im Alfred-Kunze-Sportpark am 13. November in Leutzsch stattfinden wird. Der 57-jährige Chemie-Präsident Frank Kühne frohlockte nach der Festlegung, dass das Spiel in Leutzsch stattfinden kann: „Das Duell haben viele unserer jüngeren Fans in der Konstellation noch nicht erlebt. Wir freuen uns drauf!“ Und Kühne hat Recht, über 30 Jahre liegt die letzte Begegnung mittlerweile zurück. Das wahre Leipziger Derby Chemie gegen Lok gab es seit dem 22. Mai 1985 nicht mehr.
Damals gewann Lok durch einen Treffer von Dieter Kühn mit 1:0 im damaligen Georg-Schwarz-Sportpark. Traumatisch für Chemie, denn durch den Lok-Sieg stand der Abstieg der Chemiker aus der DDR-Oberliga fest. Ein verlorenes Spiel mit Vorlauf: die Chemiker hatten seit 1976 nicht mehr gegen Lok gewonnen und seit 1980 kein Tor gegen die Blau-Gelben erzielt. Die Probstheidaer hingegen wahrten mit dem knappen 1:0 die Chancen auf die DDR-Meisterschaft.
Das 26. Duell war gleichzeitig auch die letzte reguläre Begegnung beider Vereine in diesem Stadion. Für Chemie spielte damals ein gerade 18-Jähriger die gesamte Partie, der eigentlich schon mit dem Profifußball abgeschlossen hatte. Weil man ihm in der Fußballschule von Dynamo Dresden sagte, dass er zu klein für Spitzenfußball sei. Frustriert zog Heiko Scholz in der Landeshauptstadt von dannen, doch Chemie gab ihm die zweite Chance. Er nutzte sie.
Scholz wurde zwei Jahre später zum FCL delegiert, stand im Europapokalfinale und war im letzten Länderspiel der DDR-Fußballnationalmannschaft auf dem Platz. Er schaffte auch die Wende sportlich und gewann 1993 mit Bayer Leverkusen den DFB-Pokal. Für Lok bestritt Scholz als Spieler nie ein Derby, doch nun schließt sich dieser Kreis, wenn auch auf der Trainerbank. Dort holt der Teamcoach am 13. November, 14 Uhr, im Alfred-Kunze-Sportpark nach, wenn der derzeitige Dritte der Oberliga, den aktuellen Tabellen-Siebten der Regionalliga empfängt.
Leider nur vor maximal 4.999 Zuschauern, 750 Karten davon darf Lok beanspruchen, da die Sicherheitsabsprachen unter Mitwirkung der Polizei mehr nicht hergaben.
Der heute 50-Jährige Trainer der Probstheidaer hätte das geschichtsträchtige Aufeinandertreffen lieber im Zentralstadion gesehen, wohlwissend, dass in Leutzsch der Hausherr seine Vorteile ausspielen kann. „Wir wollten immer in Leutzsch spielen, wir brauchen als unterklassige Mannschaft den Heimvorteil, sonst ergibt das für uns keinen Sinn“, erklärte BSG-Vorstand Kühne, warum die BSG nicht mal bei der Betreibergesellschaft des Zentralstadions nachgefragt hat.
Die wären nach Informationen der LZ bereit gewesen, beiden Mannschaften preislich entgegenzukommen und damit, wie schon beim letzten Aufeinandertreffen von Leutzsch auf Probstheida, die Tore zu öffnen. Denn ein Treffen gab es zwischendurch doch, allerdings unter anderem Namen, was also genau genommen nicht zählt.
Beim allerletzten Duell der beiden Stadtteilklubs hieß der Leutzscher Ableger noch FC Sachsen und gewann. Ein Eigentor von Stephan Knoof und ein Treffer von Daniel Heinze standen am Ende für die Grünweißen zu Buche. Heinze spielt heute – na klar – bei der BSG. „80 Prozent unserer Spieler haben früher in grünweiß gespielt, daher müssen wir sie für dieses Spiel auch nicht motivieren“, ist sich Kühne sicher. Bei Lok ist von der Mannschaft von damals nur noch Markus Krug dabei. Echte Eigengewächse gehören in Probstheida zurzeit nicht zum Stamm. Mit Djamal Ziane spielt sogar ein Ex-Leutzscher im Sturm. Der Deutsch-Algerier hat bis zur U17 im Leipziger Westen gekickt.
Mittelfeldmotor Paul Schinke debütierte einst in der 4. Liga mit 17 Jahren für Chemie, kickte in der Jugend unter anderem mit Chemie-Verteidiger Maximilian Heyse zusammen. Verstrickungen zwischen beiden Clubs gibt es also genug. Trennendes auch. Spätestens, wenn am 13. November der Anpfiff im AKS erfolgt, sind all die alten Geschichten verdammt lang her und nur einer kommt ins Halbfinale.
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