Ob in Paris, Nizza, Marseille oder Lille - wo auch immer gerade in Frankreich der Ball bei der Fußball-Europameisterschaft rollt, präsentieren sich die Spielfelder in den Stadien in einem astreinen Zustand. Bei diesem Anblick dürften die Bolzplätze in Leipzig vor lauter Neid glatt noch ein bisschen grauer werden als sie es bereits sind. Denn nur wenige bereiten dem ambitionierten Straßenfußballer beim gepflegten Kick wirklich Freude.

Peter Schön, der Vorsitzende des NETZwerk „blau-gelb“ e.V., ist jemand, der sich mit Bolzplätzen auskennt. In Grünau koordiniert er das Straßenfußball-Projekt „United F.C.“. Auf der Suche nach geeigneten Spielflächen hatten er und seine Mitstreiter Leipzigs jüngsten und einwohnerstärksten Stadtteil durchforstet und immerhin mehr als ein Dutzend Bolzmöglichkeiten entdeckt. Deren Zustand allerdings trieb den Netzwerkern die Sorgenfalten auf die Stirn.

„Uns ist aufgefallen, dass die Plätze, die gut in Schuss waren, abgesperrt sind. Da kommen die Kinder nicht drauf, was ja nicht Sinn eines Bolzplatzes ist. Und die Plätze, die öffentlich sind, waren in so einem desolaten Zustand, dass man Angst um seine Gesundheit haben muss, wenn man dort spielt“, fasst Schön die grundlegende Erkenntnis seiner Grünau-Begehung zusammen.

 

Aus Sicherheitsgründen abgesperrt - dem Sportplatz an der 91. Grundschule (Kiewer Straße/ Titaniaweg) wurde übel zugesetzt. Foto: Jan Kaefer
Aus Sicherheitsgründen abgesperrt – dem Sportplatz an der 91. Grundschule (Kiewer Straße/ Titaniaweg) wurde übel zugesetzt. Foto: Jan Kaefer

Ausgerechnet der Platz, auf dem er selbst lange mit Freunden dem Ball hinterher gejagt ist, bot den traurigsten Anblick. „Besonders krass ist es am roten Platz am Titaniaweg. Dort habe ich früher immer mit meinen Kumpels gefettet und wir konnten den steten Verfall gut beobachten“, so Schön im L-IZ-Interview. „Ganz am Anfang waren noch Tore mit Netzen da. Dann waren die Netze zerfetzt und später auch die Tore weg. Dann gab es neue Tore, aber es wurden die Fangzäune kaputt getreten. Später wurde mitten auf dem Spielfeld sogar mal ein Sofa verbrannt. Inzwischen ist der Platz komplett mit Gittern zugesperrt, damit gar keiner mehr drauf kommt“.

Zwar sind die restlichen Plätze des Stadtteils bisher nicht ganz so extrem gebeutelt worden, wirklich empfehlen mag Schön hingegen nur einen. Diesen hatte RB Leipzig im vergangenen Jahr auf einer Wiese unweit des Allee-Centers errichtet. „Das ist ein cooler Platz“, schwärmt Schön. „Der ist für alle offen und in einem guten Zustand. Das ist ein Käfig, der auf einer Seite eine Plexiglaswand hat, wodurch man schön zugucken kann. Dort sind auch immer Kids, die fetten“. Zudem sorgt ein über den Fußballkäfig gespanntes Netz dafür, dass der Ball nicht rausfliegen kann.

 

Im vergangenen Jahr durch RB Leipzig errichteter Soccerkäfig am Allee-Center (Alte Salzstraße/ Schönauer Straße). Foto: Jan Kaefer
Im vergangenen Jahr durch RB Leipzig errichteter Soccerkäfig am Allee-Center (Alte Salzstraße/ Schönauer Straße). Foto: Jan Kaefer

Damit schafft es der Grünauer Käfig in die Top 3 der von Schön empfohlenen Leipziger Bolzplätze. In diesem Ranking befindet er sich in bester Gesellschaft mit dem Fußballkäfig im Stadtteilpark Rabet („Der hat so einen richtig coolen Straßenfußball-Style“) sowie dem Asphaltplatz im Lene-Voigt-Park („Ein schöner Bolzplatz, immer sehr gut besucht“).

Wie man solche Plätze trotz der öffentlichen Nutzung vor einer Zerstörung bewahren kann, ist für Schön die Gretchenfrage. „Da muss man mal schauen, wie das andere Städte lösen. Im Wedding zum Beispiel wurde ein neuer Platz aus Beton und anderen Materialien gebaut, die man nicht kaputt kriegt“.

Er selbst bietet mit dem United F.C. einmal die Woche ein offenes Straßenfußball-Training für 14- bis 17-Jährige an. Gekickt wird freitags ab 18 Uhr auf dem Gelände am Grünauer Kletterfelsen K4 (Mannheimer Straße). Die Bedingungen auf dem staubigen Ascheplatz sind allerdings alles andere als optimal. „Das sind keine guten Verhältnisse. Die Tore sind viel zu klein und es sind keine Netze dran. Du hast also gar nicht das coole Gefühl, dass der Ball im Netz zappelt wenn du eine Bude gemacht hast“.

 

Staubig und schmucklos - Minimalistischer Bolzplatz am Kletterfelsen K4 (Mannheimer Straße). Foto: Jan Kaefer
Staubig und schmucklos – Minimalistischer Bolzplatz am Kletterfelsen K4 (Mannheimer Straße). Foto: Jan Kaefer

Doch es besteht berechtigte Hoffnung, dass sich auf diesem Areal in den kommenden beiden Jahren infrastrukturell einiges tut. „Für diesen Platz wird es jetzt wohl Geld geben, um ihn 2017/ 2018 soweit herzurichten, dass man ihn besser nutzen kann. Es soll auch die Flutlichtanlage verbessert werden“, weiß Schön. Perspektivisch wird sogar noch ein Pfund draufgepackt, wie NETZwerk-Schatzmeister Philipp Bludovsky ergänzt: „Ziel am K4 ist es, nach modernsten Gesichtspunkten eine Sportanlage zu bauen, die vormittags von den Schulen genutzt wird und nachmittags sowohl durch offene Freizeitangebote als auch den Vereinssport“.

Dass diese Sportanlage vom neuen Sportentwicklungskonzept der Stadt profitieren wird, ist nicht zuletzt das Verdienst von Peter Schön und Kollegen, die die zuständigen Ämter über ihre gewonnenen Erkenntnisse in Szene setzten und weiterhin aktiv um Verbesserungen ringen. Die große Bolzplatz-Runde durch Grünau trägt damit erste Früchte.

Empfehlenswerte Bolzplätze in Leipzig:
Fußballkäfig in Grünau (Kunstrasen); Nähe Allee-Center (Fußweg Alte Salzstraße/ S-Bahn-Brücke Schönauer Straße).
Fußballkäfig (Gummiplatz) im Stadtteilpark Rabet, Neuschönefeld (Eisenbahnstraße/ Konradstraße).
Bolzplatz (Asphalt) im Lene-Voigt-Park, Reudnitz (Eilenburger Straße/ Johannisallee bzw. Josephinenstraße).

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