Dieses Spiel hat das Blut in den Adern von 28.419 Zuschauern gefrieren lassen. RB Leipzig setzt sich am Mittwoch-Abend bei eisigen Temperaturen erst nach Verlängerung 3:1 (1:1, 0:1) gegen Erzgebirge Aue durch. Unglücksrabe Lukas Klostermann bringt die Gäste mit einem Eigentor in Führung (20.). Yussuf Poulsen köpft die Leipziger kurz vor Abpfiff in die Verlängerung (90.+1). Dominik Kaiser bringt die Rasenballer per Foulelfmeter die Siegerstraße (97.). Terrence Boyd macht schließlich alles klar (108.).
Eigentlich ist Halloween erst in zwei Tagen. Die RB-Profis begehen den amerikanischen Brauch ihren Fans zu Liebe aber schon heute. Denn die ersten 45 Minuten laden die Leipziger Anhänger zum Gruseln ein. Dabei beginnen die Rasenballer verheißungsvoll. Kaiser testet Torwart Männel aus 25 Metern (10.). Jung zieht eine Freistoß-Flanke gefährlich nah ans lange Eck (13.).
Aue setzt nach einer Viertelstunde offensive Akzente. Novikovas marschiert herrlich über die linke Seite in den Sechzehner, während die RB-Defensive mehr oder weniger nur zuschaut. Der Abschluss des Litauer wird ins Toraus geblockt (16.). Klingbeil flankt vom rechten Flügel in den Strafraum, Klostermann verlängert unglücklich und Coltorti ist ohne jede Chance. Welch ein Alptraum, vor allem für den jungen Debütanten (20.).
Spätestens jetzt begegnen sich die Teams mit offenem Visier. Die Leipziger üben Druck nach vorn aus, kommen mit ihrem Pressing auch zu einigen Chancen. So prüft Poulsen nur Minuten nach dem Rückstand FCE-Keeper Männel, der den Distanzschuss des Dänen abklatschen lässt (22.). Die Erzgebirgler bieten den Leipzigern Paroli und versuchen sich immer wieder durch die Hausherren hindurch zu kombinieren. Auf diese Weise kommt Könnecke zu einem klasse Abschluss, den Coltorti nicht fangen kann, verfehlt aber den Kasten (32.).
Ob Alex Zorniger in der Kabine Kürbistee ausschenkt, erfahren wir nicht. Deutliche Worte sind in jedem Fall fällig, möchte der Coach den Leipziger Zuschauern mehr als ein kleines bisschen Horrorshow anbieten.
Im zweiten Durchgang sieht das Publikum zunächst die nahtlose Fortsetzung des ersten. RB Leipzig wirkt zwar bissiger, erarbeitet sich ein paar Chancen, doch der FCE lässt nichts anbrennen. Novikovas hat in der 57. Minute sogar aus der Distanz das zweite Tor auf dem Fuß, verzieht aber um einige Meter. Müller könnte aus kurzer Entfernung einnetzen, wäre da nicht Coltorti. Der Schweizer pariert, aber hält den Ball nicht fest. Löning trifft im Nachschuss den Pfosten (59.).
Die Rot-Weißen flößen bis zur 67. Minute nur den eigenen Anhängern Angst und Schrecken ein. Dann nimmt sich Poulsen ein Herz und zieht aus gut 16 Metern ab. Der Ball zischt knapp am Tor vorbei, doch das Publikum begreift die Chance als Lebenszeichen und ist sofort akustisch zur Stelle (67.). Die RB-Elf packt in der Folge die Brechstange aus, rennen und kämpfen, was die Lungen hergeben. Gruseln? Nee, danke.
Doch angesichts des Rückstands helfen auch keine übersinnlichen Fähigkeiten, keine Geister, Dämonen und anderer Blödsinn, sondern nur ein Tor aus der Misere. Boyd kommt zu einer Kopfball-Chance, im Gegenzug steht Novikovas frei vor Coltorti (81.). Es bleibt bei Null-zu-Eins. Auch Poulsen kann eine Hereingabe nicht per Kopf verwerten (85.). Leipzig spielt endlich Power-Play-Fußball, Aue rührt Beton an.
Doch die Erlösung kommt: In Gestalt von Yussuf Poulsen. Das Kopfball-Ungeheuer steigt nach einer Kaiser-Ecke hoch und versenkt das Runde unhaltbar im Eckigen (90.+1). Welch eine Dramatik. In der Verlängerung versucht die Zorniger-Elf an die Sturm-und-Drang-Phase der letzten 20 Minuten anzuknüpfen. Auch die “Veilchen” spielen jetzt wieder Fußball. Könnecke senst Teigl im Strafraum von den Beinen. Kaiser verwandelt den fälligen Elfer sicher unten links (98.).
Leipzig wird endlich der Favoritenrolle gerecht, während den Gästen die Kräfte schwinden. Poulsen hat kurz vor dem Seitenwechsel das 3:1 auf dem Fuß, doch Männel wehrt ab (103.). Kaiser flankt von der Grundlinie auf Boyd, der am langen Pfosten einköpft (108.). Das war’s für Aue. Das Spiel ist entschieden. RB Leipzig kommt mit einem blauen Auge davon, weil den Violetten in der Verlängerung offensiv zu wenig eingefallen und die Puste ausgegangen ist. Die RB-Fans bejubeln vorzeitig das Happy End eines Spiels, das in dieser Form bitte keiner Fortsetzung bedarf.
Das Achtelfinale findet am 3. und 4. März statt. Die Partien werden heute Abend gegen 23:45 Uhr live in der “Sportschau” im Ersten ausgelost.
RB Leipzig:
Coltorti – Teigl, Sebastian, Klostermann, Jung – Khedira, Hierländer (46. Palacios), Demme (77. Fandrich) – Kaiser – Poulsen, Frahn (C 61. Boyd)
Ersatzbank:
Bellot, Heidinger, Compper, Fandrich, Boyd, Morys, Palacios
FC Erzgebirge Aue:
Männel – Müller, Klingbeil (C), Fink, Vucur – Schröder, Benatelli, Novikovas (89. Schulz), Kortzorg – Löning (75. Schönfeld), Anier (6. Könnecke)
Schiedsrichter:
Tobias Stieler (Hamburg)
Zuschauer:
28.419
Tor:
0:1 Klostermann (Eigentor, 20.) 1:1 Poulsen (90.) 2:1 Kaiser (98.) 3:1 Boyd (108)
Gelbe Karten:
– | Müller, Männel
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