Lange nichts gehört von Martin Matthäus. Das liegt vor allem am langsamen Internet in Brasilien, wo der Aufruf einer Internetseite schon mal zehn Minuten dauern kann. Doch nicht nur das nervt langsam. Es ist auch das ewige Hin und Her mit den Zaunsfahnen im Stadion.

Liebe Leser, meine Abstände, in denen ich euch berichte, sind im Moment etwas länger. Dies liegt zum einen daran, dass ich den ganzen Tag unterwegs bin und kaum zum Schreiben komme. Zum anderen liegt das an der Qualität des vorhandenen Internets. Wenn sich 40 Leute in der Pousada einloggen und nur eine 6.000er Leitung zur Verfügung steht, hat man Glück, wenn man für den Aufruf einer Homepage nur 10 Minuten braucht. Mittlerweile bin ich in Recife, wo Deutschland letzten Donnerstag die USA besiegte.

Montag bin ich per Buggy unterwegs und sehe mir die Umgebung an. Porto de Galinhas ist langgezogen am Meer und ständig in der Erweiterung. Viele Hotels befinden sich im Bau. Der Höhepunkt der vierstündigen Ausfahrt ist eine Bootsfahrt durch eine kleine Fläche von Mangrovensümpfen. Dabei sehe ich auch Seepferdchen, die hier beheimatet sind. Der Bootsführer fängt extra welche und zeigt sie uns dann. Am Abend lasse ich den Tag beim Fußball ausklingen. Die restliche Woche nehme ich ein wenig den Fuß vom Gas: Ausruhen, WM-Schauen und durch die Stadt laufen. Mehr mache ich nicht.
Am Donnerstag machen wir uns schon 8:00 Uhr, direkt nachdem Frühstück mit einem gemieteten Bus Richtung Stadion. Da es die ganze Nacht geregnet hat, ist der Verkehr, der in Recife sowieso schon sehr dicht ist, vollkommen zusammengebrochen. Wir benötigen mit einigen Schleichwegen dreieinhalb Stunden für ca. 70 Kilometer. Als wir ankommen, regnet es weiter in Strömen. Wir haben diesmal Karten für den Unterrang. Leider reicht das Dach nicht bis zu den unteren Sitzen. In der sechsten Reihe werden wir noch klatschnass. Aber was soll’s, für unsere Elf tun wir doch alles. Zum Spiel gibt es meiner Meinung nichts weiter zu sagen, außer das Lahm endlich wieder rechter oder linker Verteidiger spielen sollte.

Abseits des Spiels gibt es wieder erheblich Probleme für unsere deutschen Bannerträger. Die Polizei schreitet diesmal von Beginn an ein und verhindert das Aufhängen. Bis zum Schluss gibt es ein Wechselspiel zwischen Aufhängen und Abhängen. Die deutschen Fans tun darüber wieder lautstark ihren Unmut kund. Ich habe meine Fahne in der pousada gelassen, weil ich keine Lust auf das hin und her habe. Ich wollte das Spiel sehen. Gegen die Polizei hat man einfach keine Chance und das Spiel ist mir in dem Moment wichtiger als die Fahne. Die Verbände müssen sich dafür einsetzen, dass dieser Unsinn ein Ende hat. Die Fans können nicht alles regeln.

Nach dem Spiel feiern wir noch am Stadion zusammen mit anderen Nationen. Das macht für mich die WM eigentlich aus, der Kontakt mit den anderen Menschen aus der ganzen Welt. Auch wenn ich lieber mit südamerikanischen Fans feiere, als mit unseren alten Rivalen aus Europa. Die Rückfahrt gestaltet sich genauso schwierig. Dafür benötigen wir bis 23 Uhr. Am Freitag genießen wir den letzten Tag bei Recife. Am Abend gehen wir in die City von Porto de Galinhas und feiern in den Bars und gehen auch in eine Disco. Die Party endet erst im Morgengrauen. Ein schöner Abschluss im Norden von Brasilien.

Info zur Serie: Etwa fünf Wochen lang wird Fußballfan Martin Matthäus im WM-Land Brasilien unterwegs sein und dabei alle Spiele der deutschen Nationalmannschaft besuchen. Über seine Erlebnisse berichtet er regelmäßig auf L-IZ.de in der Serie “WM mittendrin”.

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