"Endlich haben wir zum Schluss auch mal Glück gehabt und wurden belohnt.", freute sich Marie-Luise Herrmann nach dem ersten Sieg ihres FFV im Jahr 2014. In einer munteren zweiten Halbzeit gingen die Leipzigerinnen durch ein Wechselbad der Gefühle. Zuerst sahen sie ihre Führung den Bach hinunter gehen, dann ballerten sie sich den Frust von der Seele und schickten Gütersloh mit einer amtlichen Packung nach Hause.
Die Vorzeichen waren alles andere als ideal. Nach einem 0:1 gegen Meppen und einem 0:4 gegen Herfurth, stand nun zum dritten Spiel des Jahres mit Gütersloh erneut ein Spitzenteam der 2. Bundesliga auf der Matte. Ausgerechnet Gütersloh, bei denen der FFV in der Hinrunde mit 0:5 unter die Räder geriet. “Ich habe heute ein gutes Gefühl.”, kämpfte Coach Hendrik Rudolph gegen die statistischen Unkenrufe an.
Sein Team bestätigte auf dem Platz die Vorahnungen des Trainers, ging konzentriert und entschlossen zur Sache. “Man hat schon vor dem Spiel gemerkt, dass Feuer im Team war. Alle wollten. Wir waren heiß!”, beschrieb Marie-Luise Herrmann später die Stimmung. Fast hätte sich das schon nach zwölf Minuten in der Führung widergespiegelt. Völlig alleine stürmte Christina Nauesse auf das Gästetor zu, brachte den Ball aber nicht an Hüterin Marie Berwinkel-Kottmann vorbei. Kurz darauf klappte es besser: Erneut war es Nauesse, die sich über rechts nach vorn durchtankte. Ihre Eingabe erwischte Safi Nyembo so günstig mit dem Kopf, dass der Ball als Bogenlampe über die zu weit vorn stehende FSV-Keeperin zum 1:0 (19.) in die Maschen flog.
In einer insgesamt ausgeglichenen ersten Hälfte ließen beide Mannschaften kaum hochkarätige Torchancen zu. Die einzige auf Gütersloher Seite vergab Marie Pollmann, die in zentraler Position plötzlich ganz frei stand, aber in FFV-Keeperin Lisa-Maria Weinert ihren Meister fand (39.). Während deren Rettungstat stand der FFV in Unterzahl auf dem Platz, da die agile Nauesse nach einem Pressschlag am Knie behandelt wurde und schließlich ausgetauscht werden musste. Die 1:0-Führung konnte Leipzig dennoch mit in die Kabine nehmen.
“Für die zweite Halbzeit hatten wir uns viel vorgenommen, wollten genauso weiterspielen. Doch dann kriegen wir das 1:1.”, verstand Mittelfeldspielerin Herrmann kurz nach Wiederanpfiff die Welt nicht mehr. Gerade einmal fünf Minuten waren gespielt, als FFV-Keeperin Weinert nach einem Rückpass in Bedrängnis geriet. Erst ließ sie sich zu einem Dribbling hinreißen, dann spielte sie die Kugel genau vor die Füße von Marion Gröbner. Die versenkte den Ball im langen Eck zum 1:1-Ausgleich (50.).
Nur sechs Minuten später hatten die Gäste das Blatt sogar gewendet. Im Anschluss an einen Freistoß nutzte Pollmann ihre Lufthoheit und ließ Weinert per Kopf keine Abwehrchance – 1:2 (56.). Das ließ FFV-Trainer Rudolph aus der Haut fahren. Wutentbrannt hämmerte er gegen die Plastikscheibe der Trainerbank, kickte seinen Klappstuhl weg und trat mehrmals auf diesen ein. Immer wieder zweifelte der Coach lautstark die entscheidende Freistoß-Situation an. “Kämpfen! Arbeiten!”, wies er seine Mädels an.
Die hatten zunächst ihre Mühe damit, den dritten Gegentreffer zu verhindern. Gütersloh witterte seine Chance und drängte auf die Entscheidung. Doch in der 70. Minute war plötzlich wieder alles offen. Herrmann stocherte – auf dem Boden sitzend und gegen zwei Gütersloher Akteure, den Ball irgendwie zum 2:2 über die Linie. “Da musst du da sein, du musst das Tor machen wollen!”, ließ die 21-Jährige im anschließenden L-IZ-Interview wissen. Der Ausgleich wirkte wie eine Befreiung für die Leipzigerinnen. Als bei Gäste-Hüterin Berwinkel-Kottmann der Ärger über das vermeidbare Tor noch nicht ganz verklungen war, genoss Nyembo ihren Freiraum auf der rechten Seite und schob das Spielgerät überlegt ins lange Eck – 3:2 (71.), Leipzig hatte die Führung zurück erobert.
Und auf einmal ging es ganz leicht. Herrmann per Foulelfmeter (78.), Gäbler per Kopf (86.) und Wagner mit einem sehenswerten Fernschuss (90.), schraubten das Resultat auf 6:2 nach oben. Alleine in der zweiten Halbzeit bekamen die leider nur 45 Zuschauer sieben Tore zu sehen. FFV-Coach Rudolph hatte seine Fassung längst wiedererlangt. Erschöpft ließ er sich auf seinen wieder in Betrieb genommenen Klappstuhl nieder und genoss das glückliche Ende eines nervenaufreibenden Arbeitstages.
“Wir haben unsere Chancen gekriegt und sie diesmal auch genutzt.”, freute sich die zweifache Torschützin Marie-Luise Herrmann über den ersten Sieg des Jahres. “Wir haben gesehen, dass wir Tore schießen können. Das ist gut für’s Selbstbewusstsein. Wir freuen uns auf die nächsten Spiele, denn so kann es weitergehen.” Am 23. März (14 Uhr) wird das neue Selbsbewusstsein beim Tabellendritten VfL Wolfsburg II auf eine harte Probe gestellt.
FFV Leipzig vs. FSV Gütersloh 6:2 (1:0)
2. Bundesliga/ Staffel Nord/ Frauen, 14. Spieltag
FFV Leipzig: Weinert – Görner, Pfretzschner, Birne, Janitzki, Horn, Wagner, Heller, Herrmann, Nauesse (39. Gäbler), Nyembo (90. Strähle). Trainer: Hendrik Rudolph.
FSV Gütersloh: Berwinkel-Kottmann – Lückel, Tepe, Bödeker (81. Brandis), Gröbner, Hermes, Aradini, Posdorfer (75. Giard), Pollmann, Ott, Schmücker. Trainer: Ralf Lietz.
Schiedsrichter: Annette Raith (Ansbach), Torfolge: 1:0 Nyembo (19.), 1:1 Gröbner (50.), 1:2 Pollmann (56.), 2:2 Herrmann (70.), 3:2 Nyembo (71.), 4:2 Herrmann (78. Foulelfmeter), 5:2 Gäbler (86.), 6:2 Wagner (90.). Gelbe Karte: Bödeker (Gütersloh). Zuschauer: 45 in der Sportschule “Egidius Braun”, Leipzig.
Mehr Informationen zur 2. Bundesliga:
http://www.dfb.de/index.php?id=3085
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