Dass Politik im Stadion nichts zu suchen habe, ist eine Forderung, die immer wieder von einer Vielzahl von Liebhabern des runden Leders vertreten wird. Und doch scheint diese Forderung angesichts der sich häufenden Vorfälle in neuerer Zeit nicht ganz zeitgemäß zu sein. In Braunschweig hat man eine linksorientierte Ultragruppierung verboten, weil diese von den eigenen Fans nicht nur verbal attackiert wurde.
Bei Fortuna Köln hat man aus Angst vor Auseinandersetzungen mit rechtsextremen Aachen-Anhängern das Platzieren von Anti-Nazi-Plakaten im Fanblock verboten. Auch in Leipzig ist dieses Thema kein unbekanntes. Die Vorfälle in Brandis, als Anhänger und Spieler des Roten Stern von Neonazis angegriffen worden sind, sowie die immerwährenden Feindseligkeiten zwischen der BSG Chemie Leipzig und LOK Leipzig sind weit über die Grenzen des Freistaates bekannt.
Auf der anderen Seite sieht man beispielsweise während der Länderspiele immer wieder Aktionen gegen Rassismus und Homophobie, die in ihrer Intention eine offensichtliche politische Implikation haben. Jedoch verkommen sie ob ihres plakativen Charakters zu hilflosen Gut-Gemeint-Aktionen, die auf der Oberfläche einen weltoffenen Sport reklamieren, der in seiner Tiefenstruktur doch mit allen Ressentiments aufzuwarten weiß.
Beschaut man sich die Entwicklungen des Fußballs vor diesem Hintergrund genauer, dann muss gefragt werden, warum Vereine und Verbände sich mitunter so vehement gegen eine klare Positionierung sträuben.
Jens Frohburg (Pressesprecher vom Roten Stern Leipzig) sieht dieses Phänomen in einer archaischen Verbandskultur beim sächsischen Fußballbund begründet. “Es gibt im Sächsischen Fußball-Verband immer noch die Vorstellung, dass Fußball unabhängig von Politik möglich sei. Man hat dort wahrscheinlich die Vorstellung, Politik im Stadion bedeutet, dass parteipolitische Belange eine Rolle spielen würden.” Gleichwohl gibt es einen Unterschied zwischen den Verbänden. “In dieser Hinsicht ist der Deutsche Fußball Bund geradezu die Avantgarde der Verbände, was das ‘Politikverständnis’ angeht, inklusive dem Engagement gegen Diskriminierung”, so Frohburg weiter […]
Für Dirk Skoruppa (Vorstand der BSG Chemie Leipzig) besteht “in vielen Angelegenheiten, bei denen man sich in der Öffentlichkeit klar positionieren muss, die Gefahr, dass man einen Teil seiner Kundschaft vergrault.” Fußball ist ein Breitensport mit einem vielschichtigen Spektrum an Menschen, so Skoruppa. Diesen Umstand sieht Skoruppa als Hauptgrund für die Scheu mancher Vereine, in notwendigen Situationen deutlicher Stellung zu beziehen. Mitunter wisse man auch nicht, wie man mit solchen Phänomenen umzugehen habe, wenn diese im Umfeld des Vereins auftauchen, ohne dass es in der Folge zu extremen Auseinandersetzungen innerhalb des Vereins komme. Gleichwohl betont der Vorstand des Bezirksligisten, der dieses Jahr das fünfzigste Jubiläum seiner deutschen Meisterschaft feiert, dass “jeder Mensch, der am gesellschaftlichen Leben teilnimmt, eine politische Anschauung hat, die nicht unbedingt extrem sein muss.” Eine humanistische, demokratische Grundhaltung ist in seinem Verein Grundlage. Diese Haltung muss nach außen hin präsentiert und im Umgang mit allen mit Leben erfüllt werden, so Skoruppa weiter. “Das Wichtige ist das Handeln”
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