Vor einem Jahr war Heiko Spauke noch ein Unternehmer von vielen. Seit dem Frühjahr 2013 ist er Präsident des 1. FC Lok. Zu Beginn des neuen Jahres sprach der 34-Jährige mit der Leipziger Internet Zeitung über seine Zufriedenheit, das wirtschaftliche Überleben, neue Spieler, Carsten Hänsel und 2014.
Herr Spauke, 2014 hat begonnen. Die Feiertage gut verbracht?
Ja, die waren bitter nötig. Obwohl man es nach den ersten freien Tagen wieder kaum abwarten kann, dass der Trubel wieder losgeht. Rumsitzen ist nicht so mein Ding.
2013 war auch für Sie ein aufregendes Jahr als neuer Präsident des 1. FC Lok. Inwieweit sind Sie mit Ihrer persönlichen Arbeit bisher zufrieden?
Naja, den Verein gibt es noch. Und ich konnte trotz meines bisherigen Werdeganges noch viel dazulernen. Ein Verein ist etwas ganz anderes als ein Unternehmen. Hier muss man sehr auf Emotionen Rücksicht nehmen. Fast alle arbeiten freiwillig und ehrenamtlich. Da braucht man oft Fingerspitzengefühl. Auch dass man als Präsident eines so wertvollen Vereins eine enorme Verantwortung in der Außendarstellung hat, bedarf täglich gründlichen Überlegungen. Man muss sich oft verbal im Griff haben, wo man gerne mal seine Meinung sagen möchte. Aber so ist das halt.
Bei der Arbeit muss man viel Diplomatie walten lassen, trotz des Bewusstseins, dass das nicht immer den Fans schmeckt. Ich bin nicht perfekt und ich werde mich auch noch ständig weiterentwickeln. Aber trotzdem macht die Herausforderung viel Spaß und erfüllt einen ja auch mit unheimlichem Stolz. Man sieht jetzt vieles aus einer anderen Perspektive. Daher kann ich mit mir zufrieden sein.
Wie bewerten Sie die Arbeit des Präsidiums bis hierhin?
Wir haben viel erreicht und zwar gemeinsam. Wir sind als Präsidium auch nur Mitglieder und Fans, die durch eine Wahl legitimiert wurden. Das Schönste ist, dass wir trotz der ständigen nie endenden Baustellen immer noch Hand in Hand arbeiten und sehr zuversichtlich sind. Wir sind nicht immer einer Meinung – und das ist gut so. Verschiedene Sichtweisen bringen am Ende immer die besten Lösungen. Wir haben wichtige Ziele: Klassenerhalt, Imagewandel und wirtschaftliche Konsolidierung. Wobei Letzteres über allem anderen steht.
Wirtschaftlich und beim Image konnten wir viel erreichen. Das Sportliche muss noch nachziehen. Aber mit Heiko Scholz und seinem Betreuerteam glaube ich stark daran, dass er das bestmöglichste aus der Mannschaft rausholt. Im Großen und Ganzen können wir zufrieden sein. Man darf nicht vergessen, dass der Untergang von Lok schon faktisch beschlossen war. Um diesen abzuwenden, mussten wir als Präsidium selbst mit in die Haftung gehen. Die Kraft dafür konnten wir zum Glück aus dem Rückhalt der Fans ziehen, welche uns beziehungsweise den Verein in einer sensationellen Weise unterstützt haben.
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Im März war zwischen altem Präsidium und vielen Fans der Ofen aus. Wie sehen Sie die derzeitige Verbindung zu Fans und Mitgliedern?
Ich denke zur breiten Masse haben wir eine gute Bindung und erhalten dort Rückhalt. Dass es immer mal den einen oder anderen gibt, der mit dem Weg, den wir gehen, nicht einverstanden ist, nehmen wir aber gerne in Kauf. Ich kann nur immer wieder versprechen, dass wir das Bestmögliche für den Verein wollen. Im Gegensatz zum alten Präsidium klebt niemand an seinem Stuhl. Sollte es jemand besser machen können und sind die Fans dafür, dass ein Wechsel stattfindet, dann treten wir gerne wieder in die Reihe der normalen Mitglieder ein. Irgendwann ist jedes Amt vorbei. Und dann möchten wir es genießen, wieder als normaler Gast im Stadion zu sein.
Der Aufsichtsrat unterstützte damals offiziell die Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung. Wie gestaltet sich das Verhältnis derzeit?
Das Verhältnis ist sehr gut und konstruktiv. Hin und wieder gibt es auch eine Rüge oder eine intensivere Nachfrage zu einem Vorgang. Aber genau so muss ein Aufsichtsrat ja auch arbeiten.
Wie stellt sich die finanzielle Situation zurzeit dar?
Diese ist immer noch angespannt – so wie wir es erwartet haben. Die hohen Verbindlichkeiten, welche uns hinterlassen wurden, müssen in noch weiteren anderthalb Jahren getilgt werden. Danach sind wir hoffentlich schuldenfrei. Dann haben wir auch wieder mehr Spielraum im Etat. Zusätzlich müssen wir natürlich weitere Geldquellen erschließen. Das ist nicht einfach, aber auch nicht unmöglich. Fortschritte gibt es regelmäßig auch wenn der große Knaller noch fehlt. Aktuell können wir alle Rechnungen bezahlen, was sicherlich aufgrund der zwei ausgefallenen Heimspiele doppelt so schwer ist.
Das Präsidium strebte die Gründung eines Wirtschaftsbeirates an, der mittlerweile auch seine Arbeit aufgenommen hat. Wer hat sich in diesem Gremium bisher versammelt?
In diesem Gremium sitzen größere Unternehmer, welche aber noch nicht genannt werden. Wir wollen erst einmal ein Gefühl für die gemeinsame Arbeit bekommen. Hier geht es auch nicht um Namen, sondern insbesondere um zusätzliches Know How für das Präsidium. Unerwähnt bleiben darf natürlich auch nicht der Baubeirat, welcher uns immer wieder stolz macht sowie die Netzwerke, die sich in anderen Bereichen von ganz alleine gebildet haben, zum Beispiel bei der Coke-Zero-Aktion.
Inwieweit kann und wird die Firma ETL dem 1. FC Lok zukünftig helfen können?
Der Kontakt steht. ETL leistet ja mit der finanziellen Unterstützung von Heiko Scholz schon sehr viel. ETL ist ein sehr guter Partner für Lok. Was daraus entsteht, wird man in der Zukunft sehen. Noch tastet man sich in Schritten aneinander ran.
Die “Bild Leipzig” meldete am Donnerstag, Lok hätte mit dem Kroaten Juro Pejic und Joshua Schmitt bereits zwei Neuzugänge zu vermelden. Ist das korrekt?
Zumindest sollte da nichts mehr schiefgehen.
Weitere drei sollen kommen, wird gesagt. Wie viele und welche Spieler sollen denn gehen?
Das wird die nächsten Tage gemeinsam mit der sportlichen Leitung besprochen. Auch hier wird natürlich versucht jeden Wunsch umzusetzen – solange es finanzierbar bleibt. Um neue Leute zu holen, müssen wir auch Spieler abgeben.
Steven Braunsdorf wurde zuletzt umworben. Wird er bleiben?
Ich gehe fest davon aus. Er hat ja Vertrag. Auch fühlt er sich bei uns wohl und menschlich und sportlich ist er eigentlich auch unverzichtbar für uns. Natürlich muss man bei entsprechenden Angeboten immer abwägen, ob man jemanden blockiert, der sich sportlich weiterentwickeln kann. Aber bis jetzt liegt uns kein offizielles Angebot vor.
Carsten Hänsel hatte vom Präsidium bei der Kaderplanung freie Hand bekommen. Wie gestaltet sich dies mit Heiko Scholz?
Heiko Scholz hat im Großen und Ganzen auch freie Hand, wobei er sich schon aufgrund seiner Natur mehrere Meinungen einholt und sich mit uns und seinem sportlichen Team berät. Das letzte Wort haben natürlich immer wir, was die Finanzen angeht. Aber wie gesagt, hier wird so eng im Team gearbeitet, da passt kein Blatt dazwischen.
Carsten Hänsel wird aktuell noch vom Verein bezahlt. Wird er in eine Position beim Verein zurückkehren? Was wird aus seinem Co-Trainer Rico Winkler?
Zu der Thematik Carsten Hänsel wird es in den nächsten Tagen eine gesonderte Pressemitteilung geben. Mit Herrn Winkler haben wir den Dienstleistungsvertrag vor Monaten beendet. Ihm alles Gute für seine berufliche Zukunft.
(Update: Am Freitag-Nachmittag veröffentlichte der 1.FC Lok diesbezüglich folgende Pressemitteilung: “Das Arbeitsverhältnis des Herrn Carsten Hänsel mit dem 1. FC Lokomotive Leipzig e.V. ist beendet. Die Beendigung erfolgte im gegenseitigen Einvernehmen. Der Verein dankt Herrn Hänsel für sein Engagement und wünscht ihm privat und beruflich für die Zukunft alles Gute.”)
Im Frühjahr muss Lok Heimspiele gegen den SV Babelsberg, den 1. FC Magdeburg und Carl-Zeiss Jena bestreiten. Die Spiele gegen die beiden letztgenannten fanden vergangenes Jahr noch im Zentralstadion statt. Wie sind die Vereinbarungen für dieses Jahr und wie ist ihre Gemütslage, wenn sie an das Spiel gegen den SV Babelsberg denken?
Das Ziel wird immer sein, alle Spiele im “Bruno” stattfinden zu lassen, sofern es die Sicherheitslage zulässt. Diese Beurteilung liegt nicht in unserer Hand. Finanziell wäre das Zentralstadion eine Katastrophe für uns. Daher appellieren wir an das Vertrauen in uns als Verein, die Spiele friedlich abhalten zu können. Und wir setzen gleichzeitig das Vertrauen in unsere Fans. Ich denke, jeder hat jetzt verstanden, was daran für den Verein hängt. Was Babelsberg betrifft, ist meine Gemütslage nicht so gut. Hier wünschen wir uns, dass sich alle zusammenreißen. Wir stehen mit Babelsberg im engen Kontakt. Beide Vereine möchten ein friedliches Spiel.
Welche Projekte will das Präsidium im Jahr 2014 angehen und abschließen?
Es gibt noch eine Menge zu tun. Das Wichtigste ist, Lok wieder ein Konzept zu geben, mit dem sich jeder Fan identifizieren kann. Wir wollen der etwas andere Kultverein sein – gerne mit Emotionen, aber ohne Gewalt. Daran arbeiten wir aktuell mit Hochdruck. Dann sollte natürlich noch der Markenrechtsstreit beendet sowie an einer Lösung mit dem Stadiongelände gearbeitet werden.
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