Drei Tage nach dem Gastspiel beim 1. FC Lok erhebt der Berliner AK Vorwürfe gegenüber dem Gastgeber. Die Gäste-Delegation sei rassistisch beleidigt, brutal angerempelt und mit Bier übergossen und zudem Autos beschädigt worden. Die Geschehnisse ereigneten sich direkt vor der Pressetribüne, bisher berichtete keines der anwesenden Medien davon. Lok wehrte sich unterdessen heftig gegen die Vorwürfe.
Es war ein rassiges Fußballspiel zwischen dem 1. FC Lok und dem BAK. Entsprechend groß die Freude bei den Gästen im VIP-Bereich, als in der 87. Minute das Führungstor fiel, entsprechend groß die Enttäuschung bei den umstehenden Lok-Fans. Bis dato war alles wie immer im Bruno-Plache-Stadion: Der Gastverein hatte ein Kartenkontingent für den VIP-Bereich des Gastgebers erhalten, die Gäste-Delegation nahm also dort Platz, wo sonst Vertreter des VfB Auerbach oder des VFC Plauen sitzen. Doch mit dem Führungstor änderte sich die Lage. Lok war nun um seine Mühen gebracht, der BAK glücklich auf der Siegerstraße. Ihr Glück kaum fassend sprang die Gästedelegation auf und jubelte. Vielleicht auch etwas exzessiver als die bisherigen Gäste des FCL.
Und fortan entspannen sich Ereignisse, welche beide Seiten offenbar konträr bewerten. “Einhellig berichten Vertreter des Präsidiums, deren Familienangehörige sowie einige deutsche und türkische Väter von BAK-Spielern, auf der Haupttribüne sowie im VIP-Raum des Bruno-Plache-Stadions u.a. rassistisch beleidigt, mitunter brutal angerempelt und mit Bier überschüttet worden zu sein. Hierbei soll zunächst ein Ordner darauf hingewiesen haben, dass Gäste bei Lok Leipzig nicht jubeln dürfen. Der Berliner Klub aus der Regionalliga Nordost lag zu dieser Zeit mit einem Tor in Führung”, heißt es in einer Mitteilung des BAK, die am Mittwoch, 4. September, also drei Tage nach den Vorfällen versandt wurde.
Bei Lok reagierte man noch Mittwochabend mit einer geradezu gegenteiligen Mitteilung. Hier werden die Ereignisse wie folgt beschrieben: “Sowohl unser Präsident Heiko Spauke als auch unser Aufsichtsratsvorsitzender Olaf Winkler saßen in der Nähe der Berliner Offiziellen. Beide können – ebenso wie Mitarbeiter unseres Ordnungsdienstes und eine große Zahl Lok-Fans, die in der Nähe saßen – folgenden Hergang der Ereignisse bezeugen. In der 87. Minute fiel der 1:0-Führungstreffer des Berliner AK. Dass die Berliner Delegation danach gejubelt hat, ist verständlich und gehört zweifelsohne zum Fußballsport. Nicht nachzuvollziehen ist allerdings die Art und Weise, mit der dies geschah. Bereits über die gesamte Spieldauer war das Verhalten einiger BAK-Offizieller geradezu cholerisch. Nach dem Tor baute sich einer der Offiziellen provozierend vor der Tribünen-Balustrade auf und lachte lauthals in Richtung Heim-Fans. Zudem schlug ein BAK-Vertreter triumphierend auf die Stadionsitze ein. Daraufhin stellte der anwesende Ordner diese Person zur Rede und machte klar, dass diese Art von Sachbeschädigung zu unterlassen sei. Dieser Weisung kam der BAK-Offizielle nicht nach.”
Alles fand direkt vor der Pressetribüne statt, auf der seit der aktuellen Saison alle Pressemitarbeiter sitzen müssen, sodass Vertreter des MDR inklusive Kameras, der BILD-Zeitung, der LVZ und von L-IZ.de freien Blick hatten. Während man beim BAK nun ausführt, dass “einige Fans der Heimmannschaft dabei über den Zaun zu den Fans des BAK geklettert sein” sollen und “im Anschluss die BAK-Vertreter derart angegangen worden, dass sie Schutz suchen und schließlich auch aus dem VIP-Bereich flüchten mussten” und “weder Ordner noch Polizei zu Hilfe gekommen sein sollen” zudem einige “Autos der BAK-Delegation vor dem Stadion beschädigt worden” seien, wehrt man sich bei Lok gegen diese Darstellung.
Tatsächlich überkletterte kein Fan einen Zaun, da es zwischen Dammsitz und Tribüne im Bruno-Plache-Stadion keinen Zaun gibt. Stattdessen probierten circa fünf normale Fans, die keinem politischen Klientel zuzuordnen waren, die Gästedelegation zu konfrontieren. Dazu kam es jedoch nicht, da Lok-Fans auf der Tribüne selbst dazu übergingen, die aufgebrachten Anhänger ihrer Mannschaft zurückzuhalten. Später kamen auch weitere Ordner, um die Gäste zu schützen.
Von offizieller Lok-Seite werden die Geschehnisse so beschrieben: “Als Reaktion auf das beschriebene Verhalten der BAK-Vertreter kam es in der Folge zu einem kleineren Tumult, bei dem einige Störer versuchten, vom Stehplatzbereich über eine Treppe auf die darüber befindliche Tribüne zu gelangen. Durch das Eingreifen des Ordnungsdienstes und auch einiger Sponsoren und Fans des 1. FC Lok konnte die Situation jedoch schnell unter Kontrolle gebracht werden. Ein Großteil der Störer gelangte gar nicht erst auf die Tribüne, wo es durch wenige Störer nicht zu Tätlichkeiten, sondern lediglich zu verbalen Angriffen auf Berliner Offizielle kam. Übereinstimmend sagen jedoch alle Zeugen des 1. FC Lok, dass die in diesem Zusammenhang gefallenen Beleidigungen in keiner Weise rassistischer Natur waren.”
Bei der Lautstärke auf der Tribüne wird niemand jedes Wort verstanden haben, die Worte, die ein einzelner Fan gesprochen hat, können allerdings auch nicht als Anlass dienen, das Sportgericht einzuschalten. Ein Vertreter des BAK konnte in dieser Situation noch ohne Probleme die VIP-Plätze verlassen und über die Tribüne rufen: “Wenn ihr zu blöde seid ein Tor zu schießen, können wir doch nichts dafür.” Was durchaus als Reaktion auf eine Reaktion zu verstehen ist.
Fragen werfen derzeit vor allem die BAK-Behauptungen auf, man sei brutal angerempelt und rassistisch beleidigt worden und das selbst noch im VIP-Raum des Stadions. Die L-IZ konnte beobachten, dass die Gäste nach Spielende unter Ordnerschutz, der, als sich die Lage beruhigt hatte, gar nicht mehr nötig war, in den VIP-Raum gebracht wurden. Dort angekommen, konnten sie sich ganz normal vor den Augen der Pressevertreter, die auf den Beginn der Pressekonferenz warteten, aufhalten, ohne dass jemand weitere Notiz von ihnen nahm. Laut Mitteilung des FCL entschuldigte sich Präsident Heiko Spauke persönlich bei Mehmet Ali Han, dem Präsidenten des BAK, für den Versuch der fünf Lok-Fans. Dieser nahm die Entschuldigung auch an. Heiko Spauke und auch Olaf Winkler standen jeweils beide am Tisch der Berliner.
Umso überraschender kommt die Behauptung, dass auch Autos von BAK-Vertretern auf dem Stadiongelände beschädigt worden sein. Und so fragt man sich bei Lok: “Warum wurde dies den noch bis zu zwei Stunden nach der Partie anwesenden Vereinsvertretern des 1. FC Lok nicht mitgeteilt? Warum erfuhr der 1. FC Lok von dieser angeblichen Sachbeschädigung auch in den beiden Tagen nach dem Spiel nichts? Warum musste der 1. FC Lok erst aus einer Pressemitteilung von diesem Vorwurf erfahren?”
Beim FCL ist man ob dieser Vorwürfe, die mittlerweile schon überregionale Medien erreicht haben und offenbar ganz wunderbar in das ramponierte Image des Vereins passen, sichtlich erbost. “Die getätigten Aussagen des Berliner AK belegen vor allem schlechten Stil. Aus welchem Grund auch immer wurde, scheinbar aufgrund von Hörensagen, im Namen des Vereins eine Pressemitteilung verfasst, die nachweislich eine ganze Reihe von Unwahrheiten enthält und dem 1. FC Lok Leipzig, dem eingesetzten privaten Ordnungsdienst und der Leipziger Polizei Untätigkeit vorwirft. Die vorgebrachten Anschuldigungen entsprechen zu einem Großteil einfach nicht der Wahrheit und schaden darüber hinaus massiv dem Ansehen unseres Vereins. Das werden wir nicht hinnehmen. Deswegen werden wir mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln, ausdrücklich auch rechtlichen, gegen die vorgebrachten Verleumdungen vorgehen.”
Dabei stellt der Verein allerdings auch klar, dass “das Verhalten einiger Zuschauer nicht akzeptabel ist, Offizielle der Gastmannschaft – aus welchem Grund auch immer – angreifen zu wollen. Allerdings muss man von einem Gast auch erwarten können, dass er sich wie ein solcher verhält und nicht durch provozierendes und ungebührliches Auftreten die Stimmung anheizt.”
Kurzum: Dass es diesen Zwischenfall gab, ist unschön, aber er war vor den Augen der versammelten Leipziger Medien offenbar nicht so schlimm wie es der BAK machen will. Zumindest nicht schlimmer als bei ähnlichem Gästeverhalten auf der Tribüne eines anderen Vereins wie beispielsweise des VfB Auerbach, wo es schon mal vorkommen kann, dass man über einen strittigen Elfmeter mit mehreren Personen in Streit gerät. Fast scheint es, als ob der 1. FC Lokomotive gut zum Prügelknaben der Liga taugt.
Mitteilung des Berliner AK
www.bak07.de/pruefung-rassistischer-uebergriffe-in-leipzig
Mitteilung des 1. FC Lokomotive
www.lok-leipzig.com/de/info/aktuell/news/2013-09-04-pm-bak-spiel.html
Zum Artikel vom 1. September 2013 auf L-IZ.de
1.FC Lok vs. Berliner AK 0:2 – “…sonst werden wir in dieser Liga kein Spiel gewinnen”
Zum Artikel auf Kicker.de (keiner der Kicker-Redaktion war vor Ort)
www.kicker.de/news/fussball/regionalliga/startseite/591681/artikel_schwere-vorwuerfe-gegen-lok-leipzig.html
In der Nacht vom 4. auf den 5. September ist ein Beitrag von “Heimspiel TV” erschienen, welches selbst vor Ort war und einen großen Teil der Stadionszenen am 1. September 2013 im Bruno-Plache-Stadion filmte. Dabei saß der Reporter des Leipziger Sportmagazins wie die restliche Presse auf der VIP-Tribüne und konnte den maßgeblichen Ablauf aufzeichnen.
Zum nachfolgenden Artikel vom 5. September 2013 auf L-IZ.de
1. FC Lok – Berliner AK: Ein Video und eine Strafanzeige
Heimspiel TV bei Youtube zum 1. September 2013
Ausschreitungen beim Regionalligaspiel von Lok Leipzig vs. Berliner AK 07 (am 01.09.2013)
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