Was sich im Interview zwischen Heiko Spauke und der L-IZ bereits im Laufe des heutigen 9. August angekündigt hatte, ist nun Gewissheit. Die Zeit für die Ultra-Gruppierung "Scenario" beim 1. FC Lokomotive ist endgültig abgelaufen. Dies verdeutlicht ein unmissverständlicher offener Brief, welchen heute, 9. August 2013 der Verein an Medien, Fans und weitere Empfänger versandt hat. Gleichzeitig ruft der 1. FC Lokomotive die eigenen Fans, die Stadt Leipzig, die gesamte Regionalliga und die Polizei zur Unterstützung auf.

Der 1. FC Lokomotive Leipzig begreift sich in seinem Selbstverständnis als toleranter und weltoffener Fußballclub. Dies ist auch in der Vereinssatzung fixiert. Seit Jahren bekennen wir uns im Rahmen regelmäßiger Aktionen aktiv zu Fairplay, Toleranz und Vielfalt. So hat der 1.FC Lok jahrelang bei den antirassistischen FARE-Wochen teilgenommen und war Teilnehmer der Kampagne des Freistaates Sachsen “Dann zieh` unser Trikot aus”, die sich gegen Gewalt im Fußball richtete. Gewalt und rechtsextremes Gedankengut haben bei unserem Verein nichts zu suchen. Bei uns spielen, von der Regionalliga-Mannschaft bis hinunter in die jüngste Nachwuchsmannschaft, zahlreiche Ausländer beziehungsweise Spieler mit Migrationshintergrund.

Auch einige unserer Trainer und Übungsleiter sind Ausländer. Unser starkes Engagement im Jugendbereich wurde in der Vergangenheit unter anderem vom Deutschen Olympischen Sportbund mit dem “Grünen Band für vorbildliche Talentförderung” ausgezeichnet. Nach der Neugründung im Jahr 2003 fanden unser Verein und unsere Fanszene lange Zeit deutschlandweit positive Beachtung für die vielköpfige, kreative und lautstarke Unterstützung unserer Mannschaft – auch in vergleichsweise niedrigen Ligen. Der 1. FC Lok war so ein außerordentlicher Sympathieträger und Botschafter der Stadt Leipzig.

Leider hat es eine Minderheit von sogenannten Fans in den letzten Jahren geschafft, mit einer Reihe negativer Aktionen dafür zu sorgen, dass unser 1. FC Lok in der Öffentlichkeit und von Bürgern der Stadt Leipzig auch als Verein mit gewalttätigen und rechtsradikalen Fans wahrgenommen wird. Experten bekunden, dass Fußballstadien deutschlandweit zunehmend zum Schauplatz von politischen Bekundungen missbraucht und populäre Fußballvereine als Bühne genutzt werden.

Dies können und wollen wir nicht länger hinnehmen. Deswegen werden wir uns gegen Gewalt, gewaltverherrlichende Sprechchöre und Aktionen sowie offen vorgetragenes rechtsextremistisches Gedankengut offensiv zur Wehr setzen. In diesem Zusammenhang bitten wir alle Fans des 1. FC Lok sowie alle relevanten Institutionen wie die Stadt Leipzig, Polizei, Fußball-Verbände und Fanprojekt Leipzig, uns bei diesem Vorhaben und in der jetzigen schwierigen Situation tatkräftig zu unterstützen, da dieses Problem von einem ehrenamtlich geführten Fußballverein allein nicht zu lösen ist. Von der Lösung hängt allerdings nicht mehr und nicht weniger ab als die Existenz unseres geliebten Vereins.

In Auswertung der Vorkommnisse vor, während und nach dem NOFV-Regionalliga-Spiel SV Babelsberg 03 gegen den 1. FC Lokomotive Leipzig geben Präsidium und Aufsichtsrat des Vereins deswegen Folgendes bekannt:

Alle Beteiligten des versuchten Blocksturms auf den Fanblock des SV Babelsberg vor dem Spiel und während des Spiels, die durch vorliegendes Bild- und Videomaterial eindeutig zugeordnet werden können, erhalten vom 1. FC Lok Hausverbot. Sollten darunter Vereinsmitglieder sein, werden diese konsequent ausgeschlossen. Darüber hinaus wird der 1. FC Lok die entsprechenden Daten an den SV Babelsberg 03 weitergeben, damit dieser bundesweite Stadionverbote beantragen kann. Eine Reihe von Personen konnte als Täter bereits zweifelsfrei ermittelt werden. Bei der Ermittlung weiterer Täter baut der 1. FC Lok auf die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Polizei.

Sowohl beim Blocksturm als auch bei gewalttätigen Vorkommnissen außerhalb des Stadions vor dem Spiel waren nachweislich Mitglieder der Fanvereinigung “Scenario Lok” beteiligt. Durch Zeugenaussagen ist zudem belegt, dass sich Mitglieder von Scenario Lok an rechtsradikalen Gesängen beteiligt haben.

Bereits beim Testspiel gegen den Halleschen FC Anfang Juli hatten Mitglieder der Vereinigung mit einer gewaltverherrlichenden Choreografie gegen Vorgaben des Vereins verstoßen.

Zudem wurde “Scenario Lok” im diesjährigen Sächsischen Verfassungsschutzbericht als rechtsextreme Vereinigung eingestuft. Aus den vorgenannten Gründen wird “Scenario Lok” mit sofortiger Wirkung ein bis auf weiteres geltendes Erscheinungs- und Auftrittsverbot sowohl für die Heimspiele als auch für die Auswärtsspiele des 1. FC Lok ausgesprochen. Das betrifft Fahnen und Banner jeglicher Art sowie Erkennungssymbole der Gruppierung. Der 1.FC Lok bittet alle Vereine der Regionalliga, diese Entscheidung im Rahmen des jeweiligen Hausrechts mitzutragen.

Um für die Zukunft ein durchgängig friedliches Klima bei Heim- und Auswärtsspielen sicher zu stellen und gleichzeitig die Interessen der Fans noch stärker zu berücksichtigen, plant der 1. FC Lok, einen Fanbeirat zu schaffen, der sich intensiv um die Belange der Fans kümmern und das Präsidium in Fanfragen beraten soll. Eine erste Aufgabe des Fanbeirats wird es sein, gemeinsam mit dem Präsidium einen fanclubübergreifenden Ehrenkodex zu entwickeln, auf dessen Einhaltung sich alle Fanclubs verpflichten. Zudem soll es in Zukunft wieder einen Fanbeauftragten geben und Fanordner sollen wieder stärker ins Sicherheitskonzept eingebunden werden, um eine stärkere Selbstregulierung der Fanszene zu erreichen.

Um gemeinsam mit den Fans und Fanclubs eine Vorgehensweise zu entwickeln, in welcher Form und mit welchen Mitteln die Fanarbeit beim 1. FC Lok in Zukunft gestaltet wird, führt der Verein am 22.08.2013 ein Fanforum durch, zu dem alle Fans und Fanclubs eingeladen sind, die an einer stimmungsvollen und friedlichen Fanszene des 1. FC Lok interessiert sind. Zeitpunkt und Ort sowie genauere Informationen zu dieser Veranstaltung werden im Vorfeld auf der Vereins-Homepage bekannt gegeben.

Gewalttätige Auseinandersetzungen und rechtsextremes Gedankengut sind gesellschaftliche Probleme, dessen Auswüchse sich mitunter auch beim Fußball bemerkbar machen. Nicht umgekehrt. Wir werden in Zukunft nicht zögern, unser Ansehen und unsere Werte konsequent und mit allen zur Verfügung stehenden rechtsstaatlichen Mitteln zu schützen und zu wahren. In Kooperation mit der Polizei und Sicherheitskräften werden wir deswegen mit aller gebotenen Härte gegen Straftaten vorgehen und auf die strikte Einhaltung unserer Stadionordnung achten. Stadionbesucher, die sich nicht an die dort aufgeführten Regeln halten, werden künftig mit aller Konsequenz zur Verantwortung gezogen.

Wir bitten wir alle Fans des 1. FC Lok sowie alle relevanten Institutionen wie die Stadt Leipzig, Polizei, Fußball-Verbände und Fanprojekt Leipzig, uns bei unserem Vorhaben und in der jetzigen schwierigen Situation tatkräftig zu unterstützen, da das genannte Problem von einem ehrenamtlich geführten Fußballverein allein nicht zu lösen ist. Von dieser Lösung hängt nicht mehr und nicht weniger ab als die Existenz des mitgliederstärksten und in der Vergangenheit erfolgreichsten Leipziger Fußball-Vereins und die Weiterführung von 120 Jahren Fußball-Tradition.

Präsidium und Aufsichtsrat des 1. FC Lokomotive Leipzig e.V.

Zum Interview mit Lok-Präsident Heiko Spauke vom 9. August 2013 auf L-IZ.de
Lok-Präsident Heiko Spauke im L-IZ – Interview: “Es muss etwas passieren”

Zum 1. FC Lokomotive im Netz
www.lok-leipzig.com

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