Am 1. September findet im Leipziger Fußball wieder einmal ein Derby statt. Die BSG Chemie empfängt Lok Leipzig. Wenngleich nur die U23 des Regionalligisten gefordert wird, gab es diese Paarung auf dem Papier seit der Wende nicht mehr. Das Spiel findet nicht etwa im modernen Zentralstadion statt, sondern im Leutzscher Alfred-Kunze-Sportpark. Die Angst vor Krawallen kickt mit.
Weder die Chemie-Ultras noch die Hooligans der “Loksche” gelten als friedfertig. Letztere sorgten mit rechten Parolen und einem versuchten Blocksturm in Babelsberg erst Anfang August für einen Skandal. Mit “Scenario Lok” kassierte als Konsequenz die tonangebende Fangruppe ein Auftritts- und Erscheinungsverbot.
Was das Gewalt-Klientel nicht davon abhielt, beim Lok-Heimspiel gegen Auerbach am Samstag wieder im Stadion zu erscheinen. “Scenario”-Vorsänger Marcus W. peitschte auf dem Zaun die Massen an. Alles schien wieder beim alten, zumal der Ordnungsdienst nicht einschritt. “Wir wissen noch nicht, wie das Derby ablaufen soll”, erklärt BSG-Vorstand Henry Aulich. Die Chemiker plädieren auf die Verlegung des Spiels. Lok Leipzig soll dem Ansinnen offen gegenüber stehen.
Doch das Innenministerium möchte das Spiel offenbar in jedem Fall am 1. September durchführen. Wie L-IZ.de erfuhr, sperrt sich ausgerechnet die Polizei gegen eine Verlegung auf den 24. November. Dann würde Loks Regionalliga-Team beim 1. FC Magdeburg antreten. Für die gewaltbereiten Fans quasi ein Pflichttermin.
Dass der 1. FC Lok am 1. September in der Regionalliga den Berliner AK empfängt, wird die einschlägig bekannten Gewalttäter kaum davon abhalten, das Derby zu besuchen. Die Fanszene des Traditionsclubs ist seit Jahren durch Neonazis unterwandert. Die Rechten sehnen sich weniger nach Fußball, sondern vielmehr nach der Konfrontation mit dem politischen Gegner. Längst kursiert das Gerücht, dass befreundete Anhänger von Lazio Rom anreisen werden, um mit ihren deutschen Kameraden gemeinsam den Jahrestag des deutschen Überfalls auf Polen zu zelebrieren. Möglicherweise im Alfred-Kunze-Sportpark.
Die Chemie-Ultragruppe “Diablos” positioniert sich deutlich gegen Rassismus. Obendrein ruft eine dubiose “Antifa 77” in Connewitz auf Flyern auf, das Spiel der Neonazis wegen zu besuchen. “Wir gehen davon aus, dass zu dem Spiel mehr Zuschauer kommen als sonst”, sagt Aulich. Seine Sorge vor politisch motivierten Krawallen ist berechtigt. Längst zieren im alternativen Szenekiez Connewitz Anti-Lok-Parolen die Hauswände.
Die Autoren des Pamphlets bedienen sich der in Antifa-Kreisen weit verbreiteten Schwarz-Weiß-Malerei, wenn es um die Probstheidaer geht. Wir sind die guten Linken, Lok besteht nur aus bösen Rechten. Mit solch eindimensionalen Stigmatisierungen spielen die Autoren vor allem den Neonazis in die Karten. Die Kameraden gehen mühelos in der Masse empörter nicht-rechter Lok-Fans auf, die sich auf den Schlips getreten fühlen.
Wer steckt hinter der perfiden Stimmungsmache? Nach Recherchen dieser Zeitung führt eine heiße Spur zu Felix K. (26). Dieser war 2009 nicht nur in der Leipziger Antifa aktiv. Zu jener Zeit erstellte K. für diverse Publikationen Layouts, die auffällig dem damaligen Äußeren des “Gamma”-Flyers ähneln.
Das Antifa-Magazin informiert nach eigener Darstellung seit 1998 über Entwicklungen der rechten Szene in Leipzig. Natürlich unter Missachtung der Persönlichkeitsrechte, ohne Nennung von Autoren und Angabe eines juristisch Verantwortlichen. Zuletzt unterliefen den Herausgebern zudem gehäuft inhaltliche Fehler. Der jetzt aufgetauchte Flyer erinnert optisch stark an die letzten “Gamma”-Ausgaben. Felix K., der nach Informationen von L-IZ.de bis heute in Antifa-Zusammenhängen unterwegs ist, war am Mittwoch für eine Stellungnahme nicht erreichbar.
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