Sie kommen in "friedlicher" Absicht, aber ihr Weg in die Tiefen des Leipziger Nachwuchsfußballs ist lang: NETZwerk "blau-gelb" will fördern und aufbauen, aber das ist immer noch nicht bei allen angekommen. Der neue Vorsitzende Philipp Bludovsky spricht mit L-IZ.de über Pläne, Probleme und Potenziale.
Glückwunsch zum Aufstieg, Herr Bludovsky. Sie sind neuer Vorsitzender vom NETZwerk “blau-gelb”. Wie kam es dazu?
Vielen Dank! Gunter Weißgerber, unser ehemaliger Vorsitzender, hat beruflich sehr viel in der Türkei zu tun, konnte daher kaum das NETZwerk hier vor Ort vertreten. Nach einem intensiven Gespräch sind wir zur Erkenntnis gelangt, dass es so keinen Sinn mehr macht. Unser Ziel war eigentlich, eine renommierte und allgemein anerkannte Persönlichkeit aus dem Leipziger Fußball als Nachfolger zu gewinnen. Da das Suchen erfolglos blieb, haben wir uns gemeinsam auf eine “interne Lösung” verständigt. Mit Peter Schön und Matthias Richter stoßen zwei neue, sehr engagierte Mitglieder in den Vorstand, was meine Bereitschaft, den Vorsitz zu übernehmen, letztendlich begründet hat. Zudem wollen wir zukünftig den Vorstand auf sieben Personen erweitern, um unter anderem die Zusammenarbeit mit den Leipziger Vereinen zu intensivieren.
Mit noch nicht mal 30 Jahren stehen Sie damit einem leipzigweit agierenden Fußballförderverein vor. Ihre neuen Mitstreiter sind ebenfalls sehr jung. Was kann man von der “Jugend” erwarten?
Danke für die Blumen, ich habe aber bereits seit einigen Wochen die magischen Schwelle überschritten (lacht). Nein, mit Ralf Noack und Torsten Kleine sind ja noch ein paar “alte Hasen” an Bord, zudem ist auf die Meinung unseres Ehrenvorsitzenden Henning Frenzel, der ja bereits junge 71 Jahre ist, immer Verlass. Um das Ziel, einen vereinsübergreifenden Förderverein aufzubauen, zu realisieren, ist wichtig, dass auch “unverbrauchte Gesichter” dem Verein vorstehen. Wir wollen nicht polarisieren, keine Lagerpolitik betreiben. “Blau-gelb” steht für die Stadt und wir als Vorstand wollen mit unseren zukünftigen Projekten dieses Verständnis in der Leipziger Fußballszene verankern. Bei uns steht schlicht der Fußball im Mittelpunkt und dies wird auch die Richtschnur des neuen Vorstand sein.
Das NETZwerk gibt es mittlerweile seit über anderthalb Jahren. Wie fällt die Rückschau aus?
Positiv, da wir in der kurzen Zeit einen produktiven Entwicklungsprozess durchschritten haben. Die Einrichtung einer Geschäftsstelle im Sportforum Anfang 2013 und die Neuordnung des Vorstandes sind dabei nur kleine Marksteine. Erste Veranstaltungen wie Diskussionsrunden und Lesungen über aktuelle und historische Fußballthemen haben sukzessive unser Profil geschärft. Hinzu kommt eine in den letzten Monaten intensivierte Unterstützung der Leipziger Fußballnachwuchsarbeit, sei es über materielle Zuwendungen wie Bälle oder Trainingsanzüge an Vereine oder eigene Fußballturniere wie dem Camillo-Ugi-Pokal vor knapp drei Wochen. Zudem basteln wir an vielen kleinen und größeren Projekten. Zu nennen wäre dabei unser integrativer NETZwerk-CUP im Dezember und eine große und öffentlichkeitswirksame Aktion, mit der wir ab 2014 die nachwuchsstarken G- bis E-Mannschaften in Leipzig fördern wollen.
Inwieweit ist es bisher gelungen, mit dem NETZwerk “blau-gelb” im Leipziger Fußball Fuß zu fassen?
Wir werden oftmals noch kritisch beäugt, da unser Vereinsziel, eine ganze Sportart in einer Region unterstützen zu wollen und nicht nur einen Verein, ganz einfach Irritationen hervorruft. Leider herrscht vielfach in Leipzig immer noch Lagerdenken und Vereinsmeierei vor. Daneben befreien wir uns sukzessive aus der Schublade, in die man uns gerne wegen unserer Farben und Gründungsgeschichte steckt. Mit Verantwortlichen anderer Fußballvereine führen wir durchgehend positive und produktive Gespräche, hier merkt man, dass die Kinder im Vordergrund stehen. Bei potenziellen Sponsoren und Spendern sieht es leider noch etwas anders aus. Hier entwickeln wir gerade ein Konzept, um die Bedenken möglicher neuer Geldgeber auszuräumen und attraktive Angebote zu bieten. Auch wenn der Leipziger Fußball nach Höherem lechzt, die hervorragende Jugendarbeit der vielen kleinen Leipziger Vereine darf nicht vergessen werden. Hier sehen wir als Förderverein, neben der Unterstützung des Ehrenamtes und der Bewahrung der Leipziger Fußballtradition, unser wichtigstes Betätigungsfeld.
Wie kann man sich die Arbeit dieses Fußballfördervereins im Konkreten vorstellen?
Wie unser Vereinsname schon sagt: Wichtig ist das Netzwerken, das heißt, wir treffen uns mit Leuten aus anderen Vereinen, mit Vertretern von Unternehmen, aus Verbänden und Initiativen sowie mit Vertretern der Stadtverwaltung. Das ist eine sehr langwierige und nicht einfache Sache. Wir als junger Verein müssen uns erst einmal bekannt machen, und dies geht nur über konkrete Projekte. Insofern nimmt die Projektarbeit, also die Vorbereitung von zum Beispiel Jugendturnieren, eine große Rolle ein. Zudem kooperieren wir gerne mit anderen Partnern. Wir wollen das Rad nicht zweimal erfinden oder uns als “Überverein” darstellen. Wichtig ist für uns, vorhandene Strukturen und Initiativen zu stärken, aber auch selbst etwas zu organisieren.
Leipzig gilt als Hochburg für Kinderarmut. Inwiefern sehen Sie in Ihrer Arbeit auch einen gesellschaftlichen Beitrag?
Dies ist ein wichtiger Punkt und ein Hauptgrund, warum es das NETZwerk überhaupt gibt. Der Fußball hat, wie der Sport insgesamt, eine herausragende gesellschaftliche Funktion. Er integriert Kinder aus sozial benachteiligten Familien, er führt Kinder mit Migrationshintergrund in die Gesellschaft ein und unterstützt die Jüngsten bei der Entwicklung ihrer Persönlichkeit. Wir als Förderverein wollen die Leipziger Vereine bei dieser wichtigen und schweren Arbeit unterstützen. Selbst veranstalten wir mit dem NETZwerk-CUP im Dezember ein integratives Fußballturnier, bei dem eine im Vorfeld intensiv betreute Mannschaft aus Migrantenkindern teilnimmt. Im Idealfall gelingt im Anschluss des Turniers die Vermittlung der Kinder in die Vereine und unterstützt damit bei ihre Integration.
Wie kann man Ihr NETZwerk unterstützen?
Viel wichtiger als Geld sind Fußballfreunde, die aktiv bei uns mitwirken. Unsere Projekte können nur realisiert werden, wenn wir ehrenamtlich Engagierte haben, die ihre Ideen und ihre Freizeit für unseren Verein einbringen. Da wir ein Verein mit flachen Hierarchien sind, gibt es für jeden Mitwirkenden viele Entwicklungsmöglichkeiten. Wir wollen auch die herkömmlichen Pfade verlassen und neue Ideen ausprobieren, hierfür benötigen wir “positiv Verrückte”, Vereinsfarben sind uns da völlig egal. Man muss für die Sache einstehen, dies ist das entscheidende Kriterium. Fördermitglieder, Spender und Sponsoren rennen bei uns natürlich auch offene Türen ein. Wir sind aber an einer langfristigen und intensiven Zusammenarbeit interessiert. Ein Sponsor ist für uns ein Partner und kein bloßer Geldgeber.
Mehr Informationen zum Netzwerk:
www.netzwerk-blau-gelb.de
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