RB Leipzig hat Werder Bremen die nächste Testspiel-Blamage eingebrockt. Am Dienstag gewann der Drittligist gegen den Bundesligisten durch eine konzentrierte Mannschaftsleistung mit 2:1 (1:1). Füllkrug sorgte für die frühe Führung der Gäste (13.). Röttger (45.) und Kammlott (58.) drehten die Partie.
RB-Coach Alexander Zorniger und Werder-Trainer Robin Dutt stammen nicht nur aus demselben Bundesland. Die Herren sind befreundet, kamen vor Anpfiff auf ein Schwätzchen am Mittelkreis zusammen. Umarmung inklusive. Ihre Teams haben nicht viele Gemeinsamkeiten. Während die Leipziger mit viel Geld im Rücken den Sprung in die 2. Liga packen möchten, soll Dutt unter wirtschaftlich schwierigen Bedingungen die Klasse halten.
Die Leipziger gewannen ihr erstes Drittliga-Spiel vergangenen Freitag in Halle spektakulär 1:0. Die Hanseaten starten erst mit dem DFB-Pokal übernächstes Wochenende in die Pflichtspiel-Saison. Apropos: Am 2. August empfangen die Rasenballer in diesem Wettbewerb Bundesligist FC Augsburg. Der Test heute für Zorniger eine willkommene Generalprobe auf dieses Highlight.
Die Leipziger traten im gewohnten 4-3-1-2 auf. Wie nicht anders erwartet, kam überwiegend das Personal zum Zuge, das am Freitag zu kurz gekommen war. Also kein Poulsen, kein Rockenbach, kein Coltorti in der Startaufstellung. Zwischen den Pfosten begann Erik Domaschke. Fabian Franke rückte nach auskurierter Fußverletzung für Willers in die Innenverteidigung. Müller machte brav für seinen “Vertreter” Heidinger Platz. Flügelflitzer Luge bekam seine Chance im defensiven Mittelfeld. Vorne sollte das Duo Frahn/Kammlott den Sechzehner unsicher machen.
Robin Dutt verpasste seinem 4-2-3-1 nach der letzten Testspiel-Pleite eine radikale Frischzellenkur. Sieben Neue sollten vieles anders machen als ihre Kollegen. Zunächst geriet auch diese Elf ins Schwimmen. Kaiser und Frahn hatten beide die Führung auf dem Fuß (9.). Für Werder der berühmte Hallo-Wach-Effekt. Akpala zirkelt den Ball aus gefühlten 16 Metern an die Querlatte (13.). Arnautovic marschiert über rechts, um das Leder vorbei an Verteidigung und Domaschke zu Füllkrug quer in die Box zu legen. Der Stürmer schiebt lässig ein (13.). Die 500 angereisten Werder-Fans jubeln.
Die Hanseaten wirken jetzt agiler. Wieder leitet Arnautovic einen Angriff ein. Die Leipziger lassen sich verladen, zwei Bremer haben freie Bahn. Weil sie zu lange überlegen, kann sich letztlich Hoheneder vor Füllkrugs Torschuss werfen (20.). Auf der anderen Seite scheitert Kammlott aus kürzester Distanz an Keeper Mielitz. Um 18:25 Uhr tönt Musik aus den Boxen. Beide Teams treffen sich an der Seitenlinie zur vereinbarten Trinkpause.
Die Rasenballer scheinen aus der Auszeit mehr Kapital zu schlagen. Erst hämmert André Luge den Ball aus 17 Metern in die Beine zweier Bremer (29.). Dann kommt er aus 8 Metern in halblinker Position zur Chance. Sein schwach getretener Ball bereitet Mielitz keine Probleme. RB drückt jetzt nach vorn, fordern den Ausgleich.
Dass die individuelle Qualität der Gäste zumindest punktuell höher anzusiedeln ist, beweist Arnautovic. Der österreichische Nationalspieler nimmt in der 42. Minute eine platzierte Flanke an der Strafraumgrenze an und zieht sofort ab. Wie in einem Atemzug. Domaschke ist zur Stelle. Anders Mielitz, als Röttger aus 15 Metern den Ball in den Winkel zwirbelt (45.). Dass der Ausgleich zu diesem Zeitpunkt nicht unverdient kommt, beschert Dutt Sorgenfalten.
Zorniger wechselt zur Pause bis auf Kammlott und Heidinger komplett durch. Die Rasenballer machen jetzt das Spiel. Judt stürmt über links, sucht im Strafraum schließlich Kammlott, der an Mielitz vorbei ins Aus schießt (54.). Thomalla geht über rechts in den Strafraum, steckt einige Meter vor der Torauslinie zu Kammlott durch, der den Ball mit der Hacke diesmal ins Tor netzt (58.). Die Fans sind begeistert.
Bremen hinkt nun völlig planlos dem Rückstand hinterher. Als die Leipziger beginnen, den Erstligisten vorzuführen, reagiert Dutt. Zur zweiten Trinkpause verlassen alle Feldspieler den Rasen. Die neue Formation erledigt ihren Job so ideenlos wie die alte. Für die konzentriert spielenden Rasenballer ergeben sich freie Räume im Vorwärtsspiel. Poulsen dringt mit Ball am Fuß sogar bis in den Torraum vor, wo er wegen Mielitz’ bärenstarkem Reflex “nur” eine Ecke schinden kann (77.).
Die Bremer bemühen sich, das Leipziger Aufbauspiel früh zu stören, um ihrerseits in den Angriffsmodus umzuschalten. Junuzovic kommt so zu einer Gelegenheit aus 12 Metern, schießt aus halblinker Lage aber seinen Mitspieler an (80.). Gebre Selassie hebt den Ball aus ähnlicher Position von halbrechts über den Kasten (82.) Der frühe Schlussakkord gehört den Dosenkickern: Mielitz kratzt Müllers angeschnittenen Sonntagsschuss aus 20 Metern mit Mühe aus dem Eck (84.).
Werder Bremen blamiert sich verdient. Die Norddeutschen sind als Einzelkämpfer stark, lassen derzeit aber Abstimmung und Teamgeist vermissen. Sollten sich die Hanseaten nicht bald finden, steht ihnen ein schwieriger Saisonstart bevor. “Ich bin nicht zufrieden”, resümierte Dutt. “Wir waren nicht aggressiv genug.” Zorniger war derweil zufrieden. “Die taktische Disziplin hat mir ganz gut gefallen.” Am Samstag empfangen RB Preußen Münster (Anstoß: 14 Uhr). “Großartige Veränderungen wird es nicht geben”, so Zorniger. Heißt: Die heutigen Matchwinner Kammlott und Röttger dürfen wieder die Bank drücken. Na wenn das keine Belohnung ist.
RB Leipzig (1. Halbzeit): Domaschke – Heidinger, Hoheneder, Franke, Jung – Röttger, Kaiser, Schulz, Luge – Kammlott, Frahn.
RB Leipzig (2. Halbzeit): Bellot – Heidinger (60. Müller), Sebastian, Willers, Judt – Fandrich, Ernst, Rockenbach, Papadimitriou – Kammlott (60. Poulsen), Thomalla.
SV Werder Bremen (Startelf): Mielitz – Pavlovic, Arnautovic, Ignjovski, Kroos, Akpala, Hartherz, Aycicek, Yildirim, A. Stevanovic, Füllkrug.
SV Werder Bremen (ab der 68. Minute): Mielitz – Caldirola, Lukimya, Makiadi, Fritz, Ekici, Elia, Hunt, Prödl, Junuzovic, Gebre Selassie.
Torfolge: 0:1 Füllkrug (13.), 1:1 Röttger (45.), 2:1 Kammlott (59.), Schiedsrichter: Alexander Sather (Grimma), Gelbe Karte: Aycicek (Bremen), Zuschauer: 8.947 im Zentralstadion Leipzig.
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