Gut Ding will Weile haben. Viereinhalb Stunden lang feilten am Freitag die Mitglieder des 1.FC Lok am Fahrplan in die Zukunft. 340 von ihnen waren zur ordentlichen Mitgliederversammlung in der Alten Wollkämmerei erschienen. Sie verweigerten ihrem alten Vereinsvorstand die Entlastung, wählten das bisherige Arbeitspräsidium in Amt und Würden und votierten mehrheitlich für die lange angekündigte Mitgliederumlage.
Saftige 618.000 Euro an Verbindlichkeiten hinterließ die alte Vereinsführung dem Probstheidaer Kultverein, vermeldete der neue Schatzmeister Jens Kesseler. Stand: Ende April – zum Jahreswechsel waren es noch 418.000 Euro gewesen. Die Quittung gab’s von den Vereinsmitgliedern: 295 stimmten gegen eine Entlastung von Ex-Präsident Michael Notzon, 303 gegen die von Bernd Wickfelder und 201 gegen Hartmut Dischereit. Lediglich Kesseler, der bis Juni 2012 schon einmal Lok-Schatzmeister war, wurde mit nur vier Gegenstimmen entlastet.
Ohne Gegenstimme und unter großem Applaus wurde hingegen per Blockwahl das neue Präsidium mit Heiko Spauke (34), Jens Kesseler (51), Martin Mieth (28) und René Gruschka (46) offiziell ins Amt gewählt. “Ich möchte gern beenden, was ich begonnen habe”, kündigte Präsident Spauke bei der Vorstellung der Kandidaten an. Und Gruschka versprach: “Ich bin mit ganzem Herzen Lok-Fan und will alles tun, um die Lok wieder auf das richtige Gleis zu führen!”.
Dass dies keine leichte Aufgabe werden würde, hatten die vier “Musketiere” bereits in den letzten Wochen zu spüren bekommen. “Das alte Präsidium hat uns zur Amtsübernahme zwei Ordner gegeben”, erzählte René Gruschka, “der eine war leer, da waren alle Dinge drin, die für die Saison bezahlt wurden. Der andere war übervoll, da war alles drin, was nicht bezahlt wurde”. Eine große Hilfe bei der Aufarbeitung der Schulden schien der alte Vorstand allerdings nicht gewesen zu sein. “Fünfzig Prozent unserer Energie ging bisher dafür drauf, Störmanöver des alten Präsidiums abzuwehren, das uns unter anderem bei Sponsoren verunglimpft hatte”, verriet Heiko Spauke.
Deutlich mehr Unterstützung kam da seitens der Lok-Fans. Immerhin 173.615 Euro trugen diese bis jetzt durch Spendenaktionen zusammen. Und sie werden erneut in die Tasche greifen müssen. Mit 253 Ja-Stimmen beschloss die Versammlung die bereits im Vorfeld ins Spiel gebrachte Umlage von 100 Euro (bzw. ermäßigt 50 Euro) pro passives Mitglied. Um die 100.000 dringend benötigte Euro sollen auf diesem Weg in die klammen Kassen klimpern. Weitere 120.000 Euro verspricht man sich aus den privaten Geldbeuteln des bisherigen Vorstandes, der für die wirtschaftliche Schieflage haftbar gemacht werden soll.
Wie viel Geld aktuell fehlt, konnte noch immer nicht exakt taxiert werden. Bei der Aufarbeitung der getätigten Buchungen haben sich die Neuen bisher erst bis zum Stand Ende April durchwühlen können. Dass so ein großer Verein wie der 1.FC Lok um die 200.000 bis 300.000 Euro an Verbindlichkeiten vor sich her treibt, sei relativ normal, schätzte Jens Kesseler ein. Problematisch sei aber die Tatsache, dass die Probstheidaer im Moment weder über Eigenkapital noch über flüssige Mittel verfügen. Zum Vergleich: Ende 2011 hatte man derer noch 16 Prozent. Was seither schief gelaufen ist im Hause L-O-K, soll nun eine “Kommission zur Aufarbeitung der Vergangenheit” analysieren helfen. 202 Mitglieder votierten für die Einsetzung einer solchen.
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