Kampf, Leidenschaft und Glück waren die drei Elemente, die der 1. FC Lok beim zweiten Heimsieg in seinem Spiel vereinigte. Beim 1:0 (0:0) gegen Drittliga-Absteiger Carl Zeiss Jena vor 3.506 Zuschauern im Zentralstadion passte spielerisch wenig, aber kämpferisch alles. Nach zwei Platzverweisen in der zweiten Hälfte gingen die verbliebenen Feldspieler über ihre Grenzen.

Nur 3.506 Zuschauer hatten sich beim heutigen Heimspiel des 1. FC Lok im Zentralstadion verloren, davon 800 aus Jena. Aber die, die da waren, bekamen ein denkwürdiges Spiel zu sehen. Dass der Gastgeber im Anschluss an einen Bachmann-Einwurf durch ein Tor von Albrecht Brumme nach sechs Minuten in Führung ging, hatte man sich vor dem Spiel noch vorstellen können, doch was danach passierte, geschieht so wohl bloß alle zehn Jahre. “So ist eben der Fußball, da bereitest du die Spieler vor, tauschst Argumente aus, was du verändern kannst und dann passiert so etwas”, stöhnte Lok-Trainer Marco Rose förmlich bei der Pressekonferenz. Mit nur acht Feldspielern beendete seine Mannschaft das Spiel. Erst flog nach 48 Minuten der bis dahin überragend haltende Lukas Wurster mit Rot vom Platz, elf Minuten vor dem Ende sah auch noch Innenverteidiger Markus Krug die Ampelkarte. “Bei der ersten gelben Karte spiele ich nur den Ball”, echauffierte sich anschließend Krug, der den eingewechselten Banaskiewicz beim zweiten Foul allerdings klar festgehalten hatte.
Der 20-Jährige Jenaer war auch am Platzverweis für Wurster beteiligt. Nachdem Mannschaftskollege Zickert in der Jenaer Hälfte mit Atemproblemen am Boden liegenblieb, rechneten fast alle Spieler damit, dass Jena den Ball ins Aus spielen würde. Stattdessen wurde Banaskiewicz geschickt, Wurster räumte ihn vor dem Strafraum ab. Mit Alexander Czempik musste anschließend der dritte Torhüter ran, da Stammhüter Christopher Gäng weiter an einer Bauchmuskelverletzung laboriert. “Nach meinem Platzverweis habe ich zu Gott gebetet, dass wir das Ding noch ziehen”, erklärte der fromme Wurster nach dem Spiel. Sein Gebet wurde erhört, auch weil es “bei einigen unserer Spieler offensichtlich an Spielintelligenz mangelt”, so Jenas Trainer Petrick Sander. “Wenn ich eine Überzahl ausspielen will, dann kann ich keine hohen Bälle schlagen. Die kann ich auch mit fünf Mann verteidigen.” Vor allem hatte Jena das Spieltempo in der zweiten Hälfte immer wieder schleifen lassen, baute pomadig auf und ließ oftmals die Genauigkeit in den eigenen Aktionen vermissen. So geriet der eingewechselte Czempik nur unmittelbar nach seiner Einwechslung ernsthaft in Bedrängnis.

Sein Vorgänger Wurster hatte da deutlich mehr zu tun, hielt Lok mit vier, fünf starken Paraden in der ersten Hälfte im Spiel. Aus dem Spiel heraus ließ Lok dabei wenig zu, war gewohnt diszipliniert, doch “obwohl wir auf die Jenaer Standards hingewiesen haben, haben meine Spieler 25 Freistöße verursacht und die waren allesamt gut getreten”, ärgerte sich Rose. Doch irgendwie überstand Lok jeden Freistoß, hatte aber vorn in beiden Halbzeiten nichts anzubieten. “Das war zu wenig. Wir wollten mit zwei Kontakten nach vorn kommen, aber das klappte nicht.” Weder Engler noch Rolleder kamen so zur Geltung. Der eine (Rolleder) musste für Czempik weichen, der andere (Engler) sorgte wenigstens nach 72 Minuten noch einmal kurz für Torgefahr. Den Rest des Spiels konzentrierte sich Lok spielbedingt auf das Verteidigen. Jena hatte das gesamte Spiel beinahe 85 Prozent Ballbesitz, Torhüter Tino Berbig verbrachte die meiste Zeit der zweiten Hälfte vierzig, fünfzig Meter vor dem eigenen Tor.
Doch genutzt hat es nichts, weil Lok im Spiel selten die Ordnung verlor und “einige meiner Spieler auch über ihre Grenzen gegangen sind”, so Rose. Für die Krönung der Leistung hätte kurz vor dem Ende noch Fatih Alemdar gesorgt, doch nach Eingabe Grandner grätschte der Deutsch-Türke das Leder an den Außenpfosten. Sein Trainer war trotzdem stolz auf sein Team ob dieser grenzwertigen Leistung. Er warf aber auch eine wichtige Frage auf: “Warum gehen meine Jungs nicht auch bei 11 gegen 11 über ihre Grenzen?” Eine Woche hat er Zeit, um das herauszufinden. Dann muss Lok zum Berliner AK. “Da sind wir das erste Mal Außenseiter in dieser Saison.” Aber mit Kampf ist auch dort vieles möglich. “Damit geht in der Regionalliga immer etwas.” Ganz nebenbei haben Roses Jungs auch gute Werbung für den Verein betrieben. Fans hatten im Stadion Mitgliedsanträge verteilt. Gut möglich, dass Lok nach einem Zentralstadion-Spiel mal freudige Post erhält.
1.FC Lok Leipzig vs. FC Carl Zeiss Jena 1:0 (1:0)

1.FC Lok Leipzig: Wurster, Krug, Bachmann, Werner (60. Alemdar), Rolleder (47. Czempik), Kittler, Brumme, Seifert, Hildebrandt, Grandner, Engler (83. Bury). Trainer: Marco Rose.
FC Carl Zeiss Jena: Berbig, Zickert, Ibold (46. Eckardt), Peßolat, Wolf (46. Banaskiewicz), Schmidt, Riemer, Schlosser, Dvorschak, Schulte, Brinkmann (71. Huke). Trainer: Petrick Sander.

Torfolge: 1:0 Brumme (6.). Schiedsrichter: Christopher Musick (Friedland). Gelbe Karten: Hildebrandt, Seifert, Grandner, Krug (alle Lok), Peßolat, Wolf (alle Jena). Gelb-Rot: Krug (80.), Rot: Wurster (48./ Notbremse), Zuschauer: 3.506 im Zentralstadion, Leipzig.
1.) 1.FC Magdeburg (6 Spiele/ 14 Punkte/ +8 Tore)
2.) RB Leipzig (5/ 13/ +8)
3.) VfB Auerbach (5/ 9/ +5)
4.) FSV Zwickau (5/ 8/ +4)
5.) FC Carl Zeiss Jena (5/ 8/ +1)
(…)
11.) 1.FC Lok Leipzig (6/ 6/ -2)
(…)

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar