Vor genau 90 Tagen kauerte Daniel Frahn niedergeschmettert auf dem Rasen des Zentralstadions. Coach Peter Pacult musste seinen Kapitän trösten. Die Rasenballer hatten gerade gegen die U23 vom VfL Wolfsburg nach einem dicken Patzer von Keeper Pascal Borel die allerletzte Chance auf den Aufstieg verpasst.
“Warum fallen wir? Um wieder aufzustehen.” Keine Weisheit von Teampsychologe Philipp Laux, sondern ein Zitat aus Christopher Nolans Batman-Trilogie. Trifft aber irgendwie auf RB zu. Auf Superkräfte werden die Rasenballer in der Liga verzichten müssen. Aber den Kampfgeist scheint die Truppe wieder entdeckt zu haben. “Von uns aus könnten wir sofort loslegen”, so Frahn am Freitag. Seine leuchtenden Augen verraten: Der 25-Jährige ist heiß. Am liebsten würde er sofort die Stollen schnüren, um die Union-Bubis aus dem Stadion zu schießen. Die Berliner gelten als Wundertüte. Wie alle U23-Teams. Weil nicht auszuschließen ist, dass der eine oder andere Profi abkommandiert wird. Macht RB Leipzig nicht anders. Jeremy Karikari, wegen eines Trauerfalls nicht bei 100 Prozent, lief am Freitag-Abend mit der Zweiten beim FC Grimma auf.
Hochmotiviert äußerte sich Neuzugang Dominik Kaiser. “Wir freuen uns auf das Spiel gegen Union und die gesamte Saison, sind heiß und sehr gut vorbereitet und wollen natürlich am Sonntag die ersten Punkte einfahren.” Der 23-Jährige, den Unkundige leicht mit einem Teenager verwechseln könnten, soll im defensiven Mittelfeld die Strippen ziehen. Wie kein Anderer steht er für die neue Philosophie: Früh den Ball erobern, rasant umschalten, schnell für Torgefahr sorgen.
Binnen 38 Tagen hat Sportdirektor Ralf Rangnick den Rasenballern eine Frischzellenkur verpasst. Die Bilanz: Acht Zugänge. Neun Entlassungen. Einen Spieler geholt, fünf freigestellt. In der längsten Vorbereitung seit Menschengedenken ungeschlagen. Neun Siege, ein Remis. Stefan Kutschke wird zumindest medial noch immer mit Wolfsburg in Verbindung gebracht. Trainer Zorniger betont hartnäckig, dass uns der Junge erhalten bleibt. Weitere Veränderungen stehen ins Haus. Nachwuchstrainer sollen weiterqualifiziert, ein kompetenter Akademie-Chef verpflichtet werden. Wer der Glückliche sein wird? Wahrscheinlich niemand aus dem Hause DFB. Obwohl sich dort haufenweise fähiges Personal tummelt. Rangnick: “Die Leute sind meist langfristig gebunden.”
Die Leipziger haben erst diese Woche Geschäftsführer Ulrich Wolter von Frankfurt nach Leipzig gelotst. “Als ich heute ins Stadion kam, war es ein wenig wie nach Hause zu kommen”, zeigte sich der Jurist an alter Wirkungsstätte sichtlich gerührt. Zuvor redete Trainer Zorniger Tacheles. “Wir sind der Top-Favorit und gehen damit auch ganz offensiv um.” Zur Aufstellung äußerte er sich nicht. Außer: “Es wird keine sensationellen Veränderungen geben.” Fest steht, dass nicht alle Spieler auf der Bank sitzen dürfen. Tom Nattermann (Schulteroperation am Montag gut verlaufen), Umut Kocin und Andreas Kerner fallen verletzungsbedingt aus. Karikari wird wahrscheinlich ebenso auf der Tribüne Platz nehmen wie der dritte Torwart Matthias Hamrol.
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