Seit einem Jahr ist Olaf Winkler Aufsichtsratschef des 1. FC Lok. Ein turbulentes Jahr für den Verein mit Reibereien zwischen den Gremien, Trainerentlassungen und einem fast verpassten Aufstieg. Auf der Mitgliederversammlung am Freitag werden heiße Diskussionen erwartet. Der Gastronom zieht Bilanz und äußert sich zur Zusammenarbeit mit dem Präsidium, zur Kandidatur von Steffen Kubald und zu Defiziten des 1. FC Lok 2012.
Herr Winkler, ihr erstes Jahr als Aufsichtsratsvorsitzender des 1. FC Lok ist vorbei. Wie fallen Ihr persönliches Fazit und Ihr Fazit bezogen auf den Verein aus?
Die erste Männermannschaft hat das gesteckte Saisonziel mit Glück und Geschick erreicht. Das ist eine sehr gute Sache für den Verein. Schade, dass die 1. Frauenmannschaft den Klassenerhalt in der Bundesliga nicht geschafft hat. Dass es zwischendrin sowohl im sportlichen als auch im kommunikativen Bereich zwischen den Gremien holperte, ist für einen Fußballverein nicht ungewöhnlich.
Bei Ihrem Amtsantritt wollten sie auf Basis “von absolutem Teamwork untereinander den seit der letzten Mitgliederversammlung eingeschlagenen Weg eines vertrauensvollen, transparenten und kontinuierlichen Verhältnisses mit dem Präsidium unaufhörlich pflegen und ausbauen.” Ist Ihnen das aus Ihrer Sicht gelungen?
Die von den Mitgliedern im vergangenen Jahr angenommene Satzungsänderung, dass ein Aufsichtsrats-Mitglied bei Präsidiumssitzungen dabei sein kann, ist prinzipiell in dieser Beziehung eine wichtige Sache. Die Zusammenarbeit lief nicht immer reibungsfrei. Doch am Ende ist das Präsidium ein Gremium in das sich Leute ehrenamtlich einbringen. Deshalb muss man auch ihnen für ihren Einsatz Lob zollen, aber wir sind alle nicht fehlerfrei. Leider wurden nicht viele gut gemeinte Ratschläge des Aufsichtsrats vom Präsidium angenommen beziehungsweise umgesetzt.
Die letzte Mitgliederversammlung war auch die letzte von Ex-Präsident Steffen Kubald, der sich nun als Sportvorstand zur Wahl stellt. Eine Rolle, die er derzeit im operativen Geschäft schon ausführt …
Ehrlich gesagt, sehe ich im Moment keine klare Rolle, weil er derzeit in allen Bereichen aktiv zu sein scheint.
Wie stehen Sie seiner Kandidatur gegenüber?
Ihm gebührt zunächst ein großes Lob für seine enormen Bemühungen in und um den Verein in den letzten Jahren. Er hat viel Zeit investiert, aber ich würde mir wünschen, dass wir mehr Menschen mit fußballerischer Reputation und kaufmännischen Kenntnissen einbinden, die ja auch in unserem Umfeld vorhanden sind. Aber aufgrund unserer momentanen strukturellen Defizite konnte trotz intensiver Gespräche keine solche Person von einer Mitarbeit als Sportvorstand beim 1. FC Lok überzeugt werden. Wobei auch in den Gesprächen deutlich wurde, dass ehemalige Spieler und jetzige Geschäftsleute in Leipzig prinzipiell Interesse am 1. FC Lok und an einem Engagement beim 1. FC Lok haben, allerdings eben nicht unter den derzeitigen personellen und strukturellen Umständen. Als Sicherheitschef ist Steffen Kubald für mich derzeit die optimale Lösung, hier besitzt er die größte Kompetenz im Verein.
Mit Jens Kesseler wird der derzeitige Finanzvorstand sein Amt niederlegen. Kann ein Verein ohne einen Schatzmeister überhaupt funktionieren?
Das kann natürlich nicht funktionieren, ich habe aber im Moment auch noch keine Information, wer sich in Zukunft um die Finanzen des 1. FC Lok kümmert. Ich war auch ein wenig traurig darüber, dass sich das Präsidium nicht richtig bemüht hat, Jens Kesseler zu einer weiteren Mitarbeit zu bewegen.
Auf drei freie Posten in Aufsichtsrat und Präsidium bewerben sich nur genau zwei Personen. Warum gelingt es im Moment nicht, Menschen für ehrenamtliche Arbeit beim 1. FC Lok zu begeistern?
Es ist aus mehreren Gründen schwer, Leute zu finden. Das liegt aus meiner Sicht zum einen daran, dass es nicht immer klare Kompetenzen zu den einzelnen Positionen im Verein gibt. Zum anderen habe ich es auch vermisst, dass das Präsidium in die Öffentlichkeit gegangen ist, um geeignete Kandidaten zu gewinnen.
Stichwort Öffentlichkeit: Dass Geschäftsführer Clemens Jung Ende Mai aufgehört hat, hat der Verein ebenfalls nicht öffentlich gemacht. Warum hat es mit Jung nicht geklappt?
Nach meinem Kenntnisstand ging es jedenfalls am Anfang nicht ums Geld. Herr Jung hat drei Monate ehrenamtlich für den Verein mit einer überdurchschnittlichen Wochenarbeitszeit gearbeitet. In dieser Zeit hat er vom Präsidium wenige Rückmeldungen erhalten, ob er gewünscht ist, ob er bleiben darf und wenn ja, zu welchen Konditionen. Es ging ihm um ein klares Arbeitsprofil. Sein Verlust ist umso schmerzhafter, da uns in der aktuellen Situation die Leute nicht gerade die Geschäftsstelle einrennen. Wir müssen die Leute eher vom Verein begeistern.
Es kursieren Gerüchte, Michael Notzon könnte sein Amt noch vor Ende seiner dreijährigen Amtszeit niederlegen. Würden daraus finanzielle Konsequenzen für den Verein entstehen?
Zunächst sind wir Michael Notzon für die Unterstützung in den letzten zwei Jahren als er noch Geschäftsführer der Firma Goldgas war sehr dankbar. Durch sein Engagement haben wir für diese Liga überdurchschnittliche finanzielle Zuwendungen erhalten. Anfang dieses Jahres hat er seine Anteile an Goldgas verkauft. Nach meinem Kenntnisstand sind deshalb keine finanziellen Verluste zu erwarten, falls er vor Ende seiner Amtszeit sein Amt niederlegen würde. Ich habe keine Ahnung woher diese Gerüchte kommen, er hat sich seit dem Verkauf verstärkt in Probstheida eingebracht.
Wie schauen Sie in die Zukunft des 1. FC Lok?
Wenn es uns gelingt, noch mehr Menschen mit Herzblut, mit wirtschaftlichem Know-How und finanziellem Hintergrund in den Verein zu integrieren und wenn die Kompetenzen im Verein klar geregelt sind, ist mir um die Zukunft nicht Bange. Wir müssen einfach noch mehr Ehrenamtler begeistern, vom Ordner über den Helfer auf dem Gelände bis hin zum Kartenverkäufer. Mit einem klaren und sympathischen Leitbild sollte uns das gelingen.
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