Es war kein denkwürdiges Spiel, aber im EM-Auftaktspiel der deutschen Mannschaft gegen Portugal stimmte das Ergebnis (1:0). Für L-IZ-EM-Experte René Müller musste es nicht Feinschmeckerfußball sein, Hauptsache am Ende steht ein Sieg. Aus seiner Sicht war das ein Verdienst der deutschen Achse, die Jogi Löw durch die Aufstellung von Mats Hummels richtig stark gemacht hat.

Herr Müller, Deutschland schlägt Portugal im EM-Auftaktspiel 1:0. Wie bewerten Sie das erste Spiel?
Ich war zunächst sehr angenehm überrascht, dass sich Jogi Löw gegen Mertesacker entschieden hat. Mit Mats Hummels hatte die deutsche Mannschaft ein großes Plus an Ausstrahlung, Stabilität und fußballerischem Können in der Abwehr. Hummels ist ein Gesicht, ein Führungsspieler und deshalb war es genau die richtige Entscheidung. Jérôme Boateng hat mich überzeugt. Ich hätte nicht gedacht, dass er Cristiano Ronaldo zusammen mit den anderen so in den Griff bekommt. Für mich haben Müller und Boateng glänzend nach vorn und nach hinten gearbeitet. Dagegen hat mich aber die andere Seite enttäuscht. Lukas Podolski ist bei vielen Eingaben zu zeitig eingelaufen und Philipp Lahm hatte auch nicht seinen besten Tag. Manuel Neuer hat glänzend gehalten, hatte aber sicherlich auch das nötige Glück, dass der Schuss von Pepe von der Lattenunterkante genau auf die Linie springt. Aber hätte und wäre gibt es im Fußball nicht. Effektivität bedeutet Qualität und das macht viel aus: Letztendlich musst du einen haben, der mal trifft – den hatten wir mit Gomez – und einen, der mal einen hält – Manuel Neuer. Dazu kam das ziemlich stabile Mittelfeld mit Khedira und Schweinsteiger. Allerdings ist natürlich noch viel Steigerungspotenzial nach oben.

Medien wie sportschau.de geißelten das deutsche Spiel aufgrund des statischen Spielaufbaus als Rückfall in die Ära vor Jogi Löw. Teilen Sie diese Ansicht?
Diese Diskussion kennt man ja vom holländischen Spiel und vom Spiel des FC Bayern. Wenn Gegner schnell hinter den Ball kommen, ist es schwer schnell zu spielen, weil die Räume eng sind und jeder Ballverlust eine Kontermöglichkeit bietet. Portugal hat gut dagegen gehalten und in so einem Spiel geht eine Mannschaft dieses Risiko nicht ein. Es gab trotzdem genügend Eingaben und wir haben nur einen Konter zugelassen, den Boateng weggrätscht. Das ist mittlerweile eine überhöhte Diskussion, die Leute wollen Feinschmeckerfußball sehen, ich bin da ergebnisorientiert. Und unsere Situation ist nicht schlecht, die Holländer haben ihren Auftakt verloren.
Das wird unser nächster Gegner…
Ich nehme an, dass Trainer Bert van Marwijk einige Wechsel vornehmen wird. Van Persie und Robben sind sich zu ähnlich, auch in der Körpersprache. Ich habe schon bei Lok gesagt, dass man immer Extreme braucht. Robben hat zudem schon wieder Pech gehabt. Wenn sein Pfostenschuss reingeht, dann wird es seine EM, so hätte ihn der Trainer nach der Szene fast schon auswechseln können. Von daher denke ich, dass einer von beiden draußen sitzt. Deutschland muss die ersten zwanzig Minuten ohne Gegentor überstehen und dann hat sie die Chance, die Holländer auseinanderzupflücken. Deren Abwehrarbeit war nicht so überzeugend. Wenn die Achse Neuer, Hummels, Khedira und Schweinsteiger – der gegen Portugal in nur Normalform war, gut steht, dann haben wir gute Chancen.

Ihr Eindruck von den ersten vier Spielen?
Ich war angenehm überrascht, was die Griechen im Eröffnungsspiel aus ihren Möglichkeiten gemacht haben. Sie drehen das Spiel in Unterzahl, müssen aber natürlich den Elfmeter reinhauen. Von den Polen war ich bis auf die ersten 20 Minuten enttäuscht. Tja und bei den Russen weiß man ja, was sie können. Hinten solide gestanden und nach vorn ging immer etwas.

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