Waffen gehören nicht in die Hände von Leuten, welche die Verfassung eines Landes nicht akzeptieren, die Gesetze missachten und mit aggressivem Verhalten immer wieder auffallen. Das ist eigentlich schon lange klar. Und seit Jahren nervt die Linksfraktion deshalb auch die sächsische Staatsregierung mit Anfragen, was diese darüber weiß, welche Rechtsextremisten und „Reichsbürger“ in Sachsen immer noch über eine waffenrechtliche Erlaubnis verfügen.
Aber Sachsens Innenministerium weiß nach wie vor nicht, wie viele Neonazis und Reichsbürger über waffenrechtliche Erlaubnisse verfügen und Schusswaffen besitzen dürfen.
„Eine solche Erfassung liegt gegenwärtig noch nicht vor“ und werde noch Wochen benötigen, heißt es bei der Beantwortung einer aktuellen Kleinen Anfrage von Juliane Nagel, Sprecherin der Linksfraktion für antifaschistische Politik (Drucksache 8/939). Grund sei eine „angepasste Bearbeitung“. Immerhin, muss man hinzufügen.
Die Frage der Erfassung
Denn nach etlichen Vorfällen bundesweit ist 2024 endlich so eine Erfassung in Gang gekommen, wie Innenminister Armin Schuster in seiner Antwort mitteilt: „Grundlage für die Beantwortung der erfragten Angaben wäre die abgeschlossene (händische) Erfassung der beim Landesamt für Verfassungsschutz Sachsen und bei den Waffenbehörden durchgeführten Maßnahmen beim betreffenden Personenkreis. Eine solche Erfassung liegt gegenwärtig noch nicht vor.
Die Daten für das Jahr 2024 werden derzeit in einem neu aufgelegten bundesweit einheitlichen Verfahren durch die Landesämter für Verfassungsschutz erhoben, bis Ende Februar 2025 aufbereitet und stehen für entsprechende Veröffentlichungen voraussichtlich ab März 2025 zur Verfügung. Hintergrund für die angepasste Bearbeitung sind Festlegungen des Forums ‚Entwaffnung von Rechtsextremisten, Personen des Phänomenbereichs Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates‘ sowie ‚Reichsbürgern‘ und ‚Selbstverwaltern‘“ unter Federführung des Bundesministeriums des Innern und für Heimat.“
Dass das alles so lange dauert, kann Juliane nicht verstehen: „Das ist inakzeptabel, denn das Innenministerium konnte bereits ein Jahr zuvor keine aktuellen Daten vorweisen, wie eine Linke-Anfrage zeigte. Grund damals: ‚behördliche Abstimmungen‘. Die letzten Daten stammen von Mitte 2022. Damals waren mindestens 105 Personen, die der ‚rechtsextremistischen Szene‘ (93) oder dem Spektrum der ,Reichsbürger und Selbstverwalter‘ (12) zugerechnet werden, im Besitz einer waffenrechtlichen Erlaubnis (Drucksache 7/11939).“
Eine große Sicherheitslücke
Zumindest bei ein paar Personen aus dem rechtsextremen Spektrum konnten Sachsens Waffenbehörden im vergangene Jahr die waffenrechtliche Erlaubnis einkassieren.
Im Ergebnis gezielter Zuverlässigkeitsprüfungen gelang es den kommunalen Waffenbehörden im Jahr 2024 bei 16 Personen, die als „Rechtsextremisten“ oder „Reichsbürger“ gelten, waffenrechtliche Erlaubnisse zu entziehen (Drucksache 8/933), ergab eine weitere Anfrage der Linksfraktion. Voraussetzung dafür sind Hinweise durch das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) – das aber keinen aktuellen Überblick hat.
„Es handelt sich um eine große Sicherheitslücke, zumal das Interesse der Szene an Schusswaffen ungebrochen ist“, sagt Juliane Nagel. „Auf die Gefahr aufgrund der ‚hohen Waffenaffinität‘ weist der Innenminister bei der Beantwortung einer anderen Kleinen Anfrage selbst hin (Drucksache 8/919). Zudem lägen ,Erkenntnisse zu zwei Rechtsextremisten vor, die unabhängig voneinander im Jahr 2024 mit scharfen Waffen trainierten‘ (Drucksache 8/935).“
Solche Personen seien gleichwohl eine Minderheit, stellt die Landtagsabgeordnete fest. „Nach Angaben aus dem Nationalen Waffenregister waren sachsenweit zuletzt insgesamt 92.777 waffenrechtliche Erlaubnisse ausgegeben, darunter 24.696 sogenannte Kleine Waffenscheine (Drucksache 8/940). Insgesamt gibt es im Freistaat 32.416 private Waffenbesitzende, auf sie sind 154.727 private Schusswaffen registriert (Drucksache 8/934). Die Werte sind damit im Vergleich zum Vorjahr – dem schon länger anhaltenden ‚Trend‘ folgend – erneut angestiegen (Drucksache 7/11934).
Daraus erwachsen neue Risiken. Zuletzt galten in Sachsen 254 Schusswaffen als ‚abhandengekommen‘ – die Mehrzahl davon durch Straftaten, wie sich aus Daten des Nationalen Waffenregisters ergibt (Drucksache 8/932).“
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