So schwierig wie nach der Landtagswahl im September war die Regierungsbildung in Sachsen seit 1990 nicht. Das Ergebnis ist eine Minderheitsregierung aus CDU und SPD, nachdem das BSW mit Krach die Sondierungsverhandlungen abgebrochen hatte. Was auch dazu führt, dass die Verabschiedung des Doppelhaushalts 2025/2026 sich weit bis ins Jahr 2025 verschiebt. Um das Land nicht in den Stillstand zu schicken, verabschiedete das Kabinett am Montag, dem 9. Dezember, eine vorläufige Haushaltsführung.
Die war schon länger im Gespräch und stand auch ebenso in der Kritik. Doch am Montag hat sich das Kabinett abschließend mit der Verwaltungsvorschrift zur vorläufigen Haushalts- und Wirtschaftsführung (VwV vorl. HWiF) 2025 befasst. Mit der Verwaltungsvorschrift schaffe das Sächsische Staatsministerium der Finanzen (SMF) für alle Ressorts Planungssicherheit für die Haushaltsbewirtschaftung in den kommenden Monaten, betont das Finanzministerium in seiner Pressemeldung.
Richtschnur sei Art. 98 der Sächsischen Verfassung, der die Grundlage für die Zeit einer solchen vorläufigen Haushaltsführung ist. Verkürzt führt die Verfassung an dieser Stelle aus, dass bereits laufende Maßnahmen und rechtliche Verpflichtungen fortgesetzt werden können, wohingegen neue Maßnahmen nur bei Notwendigkeit und Unaufschiebbarkeit begonnen werden dürfen.
Die nun vorliegende Verwaltungsvorschrift untersetzt diese verfassungsmäßig engen Ermächtigungen und regelt das Vorgehen bis zur Verabschiedung des Doppelhaushaltes für die Jahre 2025/2026, so das Finanzministerium. Sowohl Ministerpräsident Michael Kretschmer als auch der stellvertretende Ministerpräsident Martin Dulig stimmten den Vorgaben des SMF ausdrücklich zu.
Schwierige Finanzlage
„Die finanzielle Lage ist mit einer schwächelnden Konjunktur und den damit verbundenen rückläufigen Erwartungen an die Steuereinnahmen angespannt und das auf allen staatlichen Ebenen“, kommentierte Finanzminister Hartmut Vorjohann die Entscheidung.
„Dieser Umstand, aber auch die Tatsache, dass dem vor wenigen Wochen neu zusammengetretenen Landtag die Entscheidung über den Haushalt für das kommende Jahr nicht vorweggenommen werden darf, begründet die Notwendigkeit der aktuellen einheitlichen Vorgaben.“
Bezüglich der Mittelfreigabe führt der Staatsminister aus: „Innerhalb des Verfassungsrechts und der eingeräumten Bewirtschaftungsrahmen können die Ressorts nach eigener fachlicher und rechtlicher Einschätzung und Schwerpunktsetzung agieren und damit wiederum Planungssicherheit, beispielsweise für die Träger im sozialen und kulturellen Bereich, schaffen.“
Dirk Panter, Fraktionsvorsitzender und haushaltspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, betonte: „Es ist gut, dass das Kabinett nun den Beschluss zur vorläufigen Haushaltsführung gefasst hat. So haben Träger, Vereine, Verbände und Ehrenamtliche soweit möglich Sicherheit für ihre wichtige gesellschaftliche Arbeit, wenn der Haushalt aufgrund der Regierungsbildung erst in einigen Monaten beschlossen werden kann.
Wir wissen, wie schwierig die Situation für viele Träger ist. Und wir können hier nur um Verständnis werben. Für uns war es wichtig, dass es eine pragmatische Lösung gibt, die eine Fortsetzung der Arbeit auch ohne beschlossenen Haushalt ermöglicht.“
Grüne befürchten Kahlschlag-Politik
Eher kritisch reagierte die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen auf die vorläufige Haushaltsführung.
Franziska Schubert, Vorsitzende und finanzpolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Sächsischen Landtag, kritisierte am Montag das Agieren des sächsischen Finanzministers Hartmut Vorjohann scharf: „Als Bündnisgrüne lehnen wir die Vorlage des CDU-Finanzministers ab. Der Freistaat will in den kommenden Monaten auf Kosten der Kommunen und Menschen in diesem Land sparen.
In Gesprächen mit den Trägern spüre ich große Unsicherheit, weil sie nicht wissen, wie sie ihre Leute und ihre Aufgaben bezahlen sollen. Es drohen Entlassungen und der Verlust wertvoller Strukturen. Sei es bei der überbetrieblichen Ausbildung, im sozialen Bereich, in der Kultur, dem Gewaltschutz oder bei Kindern und Jugendlichen.“
Da der Ministerpräsident noch nicht vom neuen Landtag bestätigt wurde und auch noch keine neue Regierung gebildet wurde, sitzen vorläufig auch die Ministerin und der Minister der Grünen mit am Kabinettstisch.
Und sie sehen die vorläufige Haushaltsführung durchaus kritisch, wie Franziska Schubert erklärt: „Unsere grünen Regierungsmitglieder haben unsere Ablehnung dieser Sparvorlage in den vergangenen Wochen und auch in der heutigen Kabinettssitzung sehr deutlich gemacht. CDU und SPD sehen das anders und haben diese Vorlage, die einem Kahlschlag gleichkommt, durch das Kabinett gelassen. Das sollten die Menschen in diesem Land wissen.“
Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen hat für das kommende Plenum im Sächsischen Landtag am 18. und 19. Dezember einen eigenen Antrag zur vorläufigen Haushaltsführung eingereicht.
„Der Finanzminister darf mit dieser Kahlschlag-Politik nicht einfach so durchkommen. Diese Regelung ist rücksichtslos“, sagt Schubert. „Wir Bündnisgrüne sehen die vielen Menschen in diesem Land, die unter dieser Sparvorlage leiden werden. Darum haben wir im Landtag einen Antrag eingereicht, der den Kahlschlag verhindern und die Strukturen in Sachsen sichern soll.
Denn es geht anders, als es jetzt vom CDU-Finanzminister geplant ist. Das haben wir Bündnisgrüne 2021 gezeigt, als wir in einer ähnlichen Situation massive Kürzungen verhindert haben. Dieser Ansatz wäre auch dieses Mal möglich und dafür stehen wir ein. Im Sinne der Menschen in diesem Land.“
Ein Kompromiss
Aus Sicht des Finanzministers ist die jetzt vom Kabinett gebilligte vorläufige Haushaltsführung ein Kompromiss. Hartmut Vorjohann: „Das Ringen um die Verwaltungsvorschrift zeigt bereits jetzt, wie herausfordernd die Planungen des nächsten Doppelhaushaltes werden. Der aktuelle Verfügungsrahmen ist ein Kompromiss, der eine konsequente Haushaltskonsolidierung in den nächsten Jahren und die Vereinbarung konkreter Schritte auf diesem Weg vorwegnimmt.“
Nach Abschluss der Regierungsbildung werde das Verfahren zur Aufstellung des Doppelhaushaltes 2025/2026 umgehend eingeleitet. Ziel sei die Beschlussfassung des Haushaltsgesetzes durch den Landtag möglichst bis zum Sommer 2025. Auf dem Weg dorthin werde die Vorlage eines Regierungsentwurfs bereits bis Ende März angestrebt, auf Grundlage dessen auch die Regelungen zur vorläufigen Haushaltsführung 2025 aktualisiert werden sollen.
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